Fun Fact: Exakt 1919, im Jahr nach der Abdankung des letzten deutschen Kaisers Wilhelm II, ist der Vorname Wilhelm aus den Top 10 der beliebtesten Jungennamen Deutschlands gefallen. Eigentlich wollte ich hier die Hitliste der häufigsten Vornamen der Kaiserzeit präsentieren. Leider musste ich dabei ein bisschen mogeln, denn das deutsche Kaiserreich bestand von 1871 bis 1918, meine Vornamensammlung reicht aber nur bis ins Jahr 1890 zurück.
Die beliebtesten Vornamen der Kaiserzeit
(Geburtsjahrgänge 1890 bis 1918)
Mädchen | Jungen |
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Basis dieser Auswertung: Eine repräsentative Stichprobe von Menschen, die von 1890 bis 1918 geboren sind und im 20. Jahrhundert in Deutschland lebten, aber nicht zwangsläufig in Deutschland geboren sind. Ich habe ausschließlich die ersten Vornamen berücksichtigt und gleichklingende Namen zusammengefasst.
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Wie kommt es dazu, dass hier einige Koseformen verzeichnet sind? Walli, Gretchen, Toni etc.
Ist da nicht davon auszugehen, dass es sich amtlich um Walpurga, Margarethe und Anton handelt? Ich ging bisher davon aus, dass früher keine Kose- und Spitznamen eingetragen wurden, aber die Vollformen unter Umständen so gut wie nie benutzt wurden. Kann es also auch sein, dass in den zugrundeliegenden Dokumenten ebenfalls nur Koseformen eingetragen wurden, um das getaufte Gretchen von den 5 anderen Margarethes im Dorf zu unterscheiden?
Sehr schöne Namen sind da dabei, und erstaunlich viele, die heute wieder in sind. Noch häufiger vergeben werden könnten meiner Meinung nach: Alma, Dora, Irma, Edith, Ruth
Erich, Gustav, August, Ewald, Alwin, Alois
Bei Walli hätten ich eher auf Waltraut getippt, aber grundsätzlich hast du Recht. Ich habe die Daten zum größten Teil nicht aus amtlichen Dokumenten, sondern aus öffentlichen Quellen, in denen oft auch Kurz- und Koseformen eingetragen wurden.
Unheimlich interessant, Knud, danke für die Mühe!
Vieles ist für mich überraschend. Zum Beispiel war mir die wirklich große Beliebtheit von Martha nicht bewusst. Kommt in meinem Stammbaum auch kein einziges Mal vor. Auch Namen wie Ella, Meta und Alice hätte ich nicht so weit oben vermutet. Dann ist Ella ja tatsächlich ein deutscher Traditionsname–ich kannte ihn früher immer nur als englischen Namen. Auch Carolin ohne E hätte ich nicht in diesen Jahrzehnten vermutet sondern als Mode der 1960er eingestuft.
Interessant auch, wie beliebt Henry, Julius und Alwin waren, Namen, die ich überhaupt nicht mit dieser Zeit assoziiere. Und Amandus und Stanislaus?–Sehr überraschend. Werde mir das Ganze hier noch viel genauer anschauen, wenn ich mehr Zeit habe.
Nochmals, danke–diese Liste fasziniert mich echt!
Johnny liegt vor Alexander, Wolfgang, Horst … auf jeden Fall lustig.
Um einen Namen auszuwählen würde ich so vorgehen: diese Liste anschauen, alles wegstreichen was heutewiedersupermodernertrend ist (Theodor), dann alles wegstreichen was nach älterer Onkel klingt.(Hubert)
Ich habe eine Frage: Sprecht ihr Lidia und Lydia gleich aus?
Ich spreche „Lydia“ nämlich „ Lüdija“ aus und Lidia „Lidija“.
Die Liste finde ich übrigens sehr spannend. Ich wundere mich immer über Elli und Lily, weil ich diese Namen viel später (zweite Hälfte des Zwanzigsten Jahrhunderts) einordnenden möchte.
Bei Elli denke ich an die Kurzform zu Elena, obwohl sie natürlich auch von Eleonore und Elisabeth kommen kann, aber Elena hat sich irgendwie bei mir festgesetzt.
Bei Lily habe ich sofort die Assoziation zu Harry Potters Mutter und zu den „Hexe Lilli“-Büchern
Lydia spreche ich ebenfalls mit ü. Das ist für mich auch die schönere Variante und mir einer der liebsten Vornamen.
Zu Ella: Eine frühere Nachbarin (* schätzungsweise um 1910 hieß so). Ob das ihr eingetragener Name oder nur die Rufform war, weiß ich nicht.
Zu Lydia: Ich spreche Lydia „Lüdia“ aus. Manche sprechen aber Lydia und Lidia gleichermaßen mit i-Laut aus.
Meine Großeltern Jakob, Anton, Elisabeth und Rosa (alle im angegebenen Zeitraum geboren) finden sich in der Liste. Ich vermisse allerdings Theresia. Oder hab ich den übersehen? So hieß meine Oma und auch sonst kannte ich mehrere Theresias aus der Generation, mehr als einige der anderen Namen auf der Liste.
@Chiocciola
Thea ist in dieser Zeit ein häufiger Rufname für eine Theresia. Ich vermute mal, dass dich die Theresias unter Thea verbergen.
Ist Theresia nicht aber eher katholisch? Dann wäre es in einem gesamtdeutschen Vergleich natürlich prozentual weniger vertreten, als in einigen Familien.
Knud,
Hättest Du eine Einschätzung zu Amanda und Amandus? Diese zwei Namen, mehr als noch die anderen, kann ich nicht einordnen. Den Namen Amandus habe ich noch nie mitgekriegt, obwohl ich sehr viel in der deutschen Geschichte herumstöbere. Auch Amanda kommt mir sehr US-amerikanisch und überhaupt nicht traditionell deutsch vor. Kannst Du das irgendwie einordnen? Sind das Namen, die in irgendeiner Region sehr häufig waren?
Ansonsten finde ich William sehr erstaunlich. Auch, dass sich doch sehr viele deutsche Eltern scheinbar für Johnny begeistern konnten. Ist schon wahr, dass England und die USA zu Kaiserszeiten dominante und prestigeträchtige Nationen waren, auch immer noch aufstrebende Nationen. Trotzdem fällt es mir schwer, mir wirklich viele Johnnys und Williams aus dieser Zeit vorzustellen, neben den ganzen Karls, Wilhelms, Friedrichs und Hansen. Bei uns im ländlichen Mittelhessen gab es garantiert keine Johnnys. Auch hier im schwäbischen Heckengäu kann ich es mir nicht vorstellen. Vielleicht eher in Hamburg und allgemein im Norden.
Andere Namen, wiederum, passen ganz klar zu meinem bisher gesammelten Eindruck dieser Zeit. Trotzdem ist es interessant, eine genaue Rangordnung erstellt zu sehen. Eigentlich mochten ja schon damalige Eltern eher knappe, kürzere Namen: Emma, Frieda, Ida, Erna, Gerda, Hertha, Klara, Anna–bei den weiblichen Namen dominieren doch die Zweisilber. Längere Namen wie Hildegard sind klar in der Unterzahl.
Auch bei den männlichen Namen mag man es knapp: Karl, Franz, Ernst, Kurt, Paul, Fritz, Max, Hans. Im Unterschied zu heute wird bei den Männern aber keine Wert auf Weichklang gelegt. Gerade die allerbeliebtesten männlichen Namen der ganz oberen Ränge enthalten viele Einsilber.
Ich sage auch „Lüdia“.
Meine Großeltern Annemarie, Gertrud und zweimal Otto sind wie erwartet in der Liste vertreten. Annemarie hätte ich weiter vorn vermutet, ist ja nicht mal Top 50, na ja.
Etwas gewundert habe ich mich über Emily – gab es diese Schreibweise in dem Zeitraum wirklich schon? Falls doch, würde ich hier ja wirklich dazu neigen, Emily und Emilie getrennt auszuwerten, weil Emilie um die Zeit doch bestimmt noch nicht „Emmili“ gesprochen wurde …?
Ja, die heißen wohl eher Emilie. Leider kann ich die Namen für diese Jahrgänge nicht mehr trennen.
Wieder eine sehr spannende Liste, auch dafür vielen Dank, Knud!
Meine Großeltern Johannes & Maria und Konrad & Maria sind ebenfalls vertreten. Wobei Konrad & Maria kurz nach 1918 geboren wurden.
Was mir auffällt, sind die vielen Kurz- und Koseformen, die sich aber dadurch erklären, dass natürlich keine amtlichen Namenslisten aus dieser Zeit vorliegen.
Ich denke da an eine Großtante von mir, die ihr Leben lang Käthe genannt wurde. Aber als sie starb, stand Katharina auf ihrem Grabstein.
Mir fallen auch die vielen Kurzformen von Elisabeth auf. Elli und Betty sind Rufnamen, aber keine eingetragenen Namen. Else, Elsbeth und Lisbeth können die offiziellen Namen sein oder weitere Rufnamen einer Elisabeth.
Elsa oder Ella hat es in meinem Dorf in Ostwestfalen nicht gegeben. Überhaupt war zu dieser Zeit die Schwalaut-Endung „e“ beliebter als die a-Endung. Deshalb gab es auch keine Greta, sondern Grete.
Carolin auf dieser Liste verwundert mich auch. Ich hätte eine Karoline oder Karolina erwartet oder zumindest Caroline mit gesprochener e-Endung. Allein schon die Schreibweise mit C wirkt sehr modern.
Johnny finde ich auch erstaunlich. Oder ist Johnny ein Rufname für einen Johannes? Aber dafür ist Johnny zu weit oben auf dieser Liste. Vielleicht war Johnny ja offiziell ein John. John hat es in der hanseatischen Region häufiger gegeben.
Knud,
Bei den Quellenangaben schreibst du, die Namen bis zum Jahrgang 1920 stammen überwiegend aus Norddeutschland. So wirkt das Gesamtbild auf mich aus süddeutscher Perspektive auch 🙂
Ich hätte Johann an der Spitze oder zumindest ganz weit vorne vermutet.
Theresia ist mir auch sehr geläufig, ebenso fehlen Josefine, Josefa, Kunigunde/-a, Kreszentia, Walburga, Cäcilia/-e, Veronika… Bei den Männernamen vermisse ich Christoph, Sebastian, Thomas, Lorenz.
Was man auch bemerken sollte: die Namen sind von Personen, die Ende des 20. Jahrhunderts in Deutschland lebten. Zu- und Auswanderer fehlen. Insbesondere umfasste das Kaiserreich ja auch nicht-deutschsprachige (oder zumindest nicht überwiegend deutschsprachige) Gebiete. Ich vermute, ein paar polnische Namen hätten es in die Liste geschafft, zumindest auf hintere Plätze der Top 100.
Andererseits verzerren Zuwanderer im 20. Jahrhundert die Liste wohl nicht allzu stark. Okay, Eugen und Waldemar sind typisch russlanddeutsch, kamen aber auch bei der restlichen Bevölkerung vor. Die „Gastarbeiter“ haben hier wohl keinen Einfluss…
Ansonsten sind einige schöne Namen dabei. Ein (noch stärkeres) Comeback würde ich folgenden wünschen:
Margarethe, Margaretha, Grete (im Windschatten von Greta doch gar nicht mehr so gewagt), Agnes, Irene, Therese, Ruth, Heinrich, Heinz (die finde ich beide um Längen besser als Henri/Henry), Franz, Josef, Peter, Nikolaus, Klaus (mal wieder die traditionellen Varianten, nachdem Niklas, Nikolas, Nico, Nick so langsam „durch“ sind)
In den damaligen Provinzen Posen mehrheitlich, aber auch Schlesien, Ost- und Westpreußen, Pommern.
Wo wurde im Kaiserreich polnisch gesprochen?
Meine Grosseltern kamen aus Ost- und Westpreußen. Alle haben neben Deutsch auch Polnisch gesprochen. Ein Opa war sogar auf einer polnischsprachigen Schule, wenn ich mich recht erinnere. Sie trugen aber alle deutschsprachige Namen.
Stimmt, Josefine/Josephine fehlt in der Liste – in meiner Verwandtschaft in der Generation gleich mehrfach vertreten.
Ich denke es könnte damals durchaus auch Personen gegeben haben, die eine gängige Kurzform eines Namens trugen. Nicht in allen Regionen Deutschlands werden Namen immer abgekürzt, wie das meiner Erfahrung nach z.B. in Bayern oft der Fall ist. Mir fällt z.B. der Künstler Toni Zenz aus Köln ein (*1915). Auch im Stammbaum meiner Familie gab es einen originalen Rudi, allerdings nochmal etwas später als 1918 geboren. (1930er Jahre)