Von richtigen und rechten Namen

Im Jahr 1941 erstritt ein Hamburger Vater sich das Recht, seinen Wunschnamen zu vergeben: Sven. Sven?! Jawohl: Im Nationalsozialismus galt die Maxime: „Gute deutsche Vornamen für Kinder deutscher Volksgenossen“ – Namen wie Sven, Björn oder Ragnhild gehörten ausdrücklich nicht dazu.


„Vornamen, die ausgesprochenes Eigentum der nordgermanischen Völker – der Dänen, Schweden, Norweger usw. – sind, können nicht zu den deutschen Vornamen gezählt werden; sie sind nicht erwünschter als andere ausländische Vornamen“, so schrieb es damals ein Standesamtsdirektor. Dagegen warf der streitbare Vater, langjähriges NSDAP-Mitglied und Träger des goldenen Parteiabzeichens, in die Waagschale, dass er seinen Sohn nach einem Freund aus Schweden benennen wolle, der seine politische und antisemitische Haltung teile. Das zog.

Zwar trugen Kinder von Nazi-Größen teilweise nordische Namen: Edda Göring, Helga Goebbels, Gudrun Himmler. Allerdings hatten diese Namen in Deutschland Tradition. Ansonsten wählte man bevorzugt Althochdeutsch-Germanisches: Wolf Rüdiger Hess und bei den Goebbels HildegardHelmutHoldine, Hedwig und Heidrun. Wenn heute ein Kind einen der genannten Namen erhält, wird damit keine bestimmte politische Gesinnung assoziiert.

Ganz anders sieht es – und hier wird es nicht nur für historisch interessierte Eltern interessant – bei Vornamen aus der altgermanischen Götterwelt aus. Wenn Neonazis eine Familie gründen, wählen sie nämlich gern Namen, die einer Oper von Hitlers Lieblingskomponisten Wagner entsprungen sein könnten. Wotan, Freya oder Siegfried zum Beispiel. Zudem sollen sie einen Hang zu sperrigen althochdeutschen Namen wie Mechthild oder Bernward haben. Doch Vorsicht: Das heißt nicht, dass man von diesen Namen Rückschlüsse auf die Gesinnung der Eltern ziehen kann!

Trotzdem noch ein paar Orientierungshilfen im Dschungel der nordischen, althochdeutschen und „Gesinnungsnamen“:

  • Das höchste Risiko, in die rechte Schublade gesteckt zu werden, haben Götternamen, besonders die ebenso bekannten wie martialischen Odin bzw. Wotan und Thor. Dazu trägt auch die „rechte“ Modemarke „Thor Steinar“ bei.
  • Ableitungen von Thor – ein angehängtes e reicht schon – entschärfen den Namen; der Name Thore ist derzeit recht gängig (Platz 148). Speziell in Norddeutschland fallen Torge, Thoralf oder Torbjörn nicht sonderlich auf. Stärkste Assoziation beim Namen Thorin (bundesweit auf Platz 331) dürfte ein Zwerg aus dem Tolkien-Universum sein (obwohl es den Namen schon vorher gab).
  • Freya (Platz 143) ist schon lange als Vorname gebräuchlich, wurde also nicht erst von der rechten Szene entdeckt.
  • Nach Skadi (Platz 430), Göttin der Jagd und des Winters, war mal ein Neonazi-Forum benannt. Dennoch dürften Eltern einer Skadi, wenn sie nicht gerade glatzköpfig in Springerstiefeln daherkommen, nicht für rechts gehalten werden.
  • Baldur ist der Name eines Frühlingsgottes und eines Blumenversands – und gefiel einem bayrischen NPD-Vorstand so gut, dass er ihn sich zum „Künstler-Vornamen“ erkor.
  • Wählen Sie Zweit- und Geschwisternamen mit Bedacht. Wenn Sie Ihre Kinder Rasmus und Tjorven nennen, denken andere, dass Sie großer Astrid-Lindgren-Fan sind (und schmunzeln höchstens, weil Tjorven eigentlich ein Spitzname ist und „Würstchen“ bedeutet) – na und?! Wenn Sie sie allerdings Freya und Thor(e) nennen, „weil das so schön passt“, kann es schon mal passieren, dass Ihre Familie in der rechten Ecke verortet wird. Kombinationen wie Freya und Mattis oder Thore und Lisbeth wären da viel neutraler.

Dieser Beitrag stammt aus unserem Buch „Von Finn und Finja, Freya und Fritz. Die beliebtesten Vornamen der Norddeutschen“.

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