Der Prinz, Karl und Willi – Namen für Aschenbrödel

Namen für Aschenbrödel

Welcher Weihnachtsfilm kommt hierzulande bei Frauen am besten an? Laut einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov ist es der Streifen, auf den ich selbst auch getippt hätte: „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“. Für 27 Prozent der Frauen ist die ČSSR-/DDR-Koproduktion klarer Favorit, obwohl das Weihnachtsfest dort gar nicht Thema ist. Aber ein liebenswertes Märchen in einer verschneiten Winterlandschaft – das reicht dicke für verträumte Kindheitserinnerungen.


50 Jahre Kult

Übrigens ist die Kinopremiere des Films in der Bundesrepublik fast auf den Tag genau 50 Jahre her: Sie fand am 19. Dezember 1974 statt. 2025 gibt es gleich das nächste Jubiläum – am 26. Dezember 1975 wurde „Drei Haselnüsse …“ erstmals im bundesdeutschen Fernsehen gezeigt. Ich bin ziemlich sicher, dass auch ich – viereinhalb Jahre alt – damals schon dabei war. Das allererste von vielen Rendezvous mit dem reitenden, jagenden, kletternden Aschenbrödel.

Etwa zwanzig Jahre später, ich war Studentin und hatte offensichtlich zu viel freie Zeit, bastelte ich dann in liebevoller Kleinarbeit ein Aschenbrödel-Fanalbum für eine gleichfalls für den Film entflammte Freundin.

In den Bart gebrummt

Es wurde ein richtiges kleines Buch mit Zitaten, Fotos, der säuberlich abgeschriebenen Filmvorlage der tschechischen Märchensammlerin Božena Němcová (1820–1862) und einer Liste von „Guten Fragen“. Darunter: „Heißen die beiden Freunde des Prinzen tatsächlich Karl und Willi?“ Denn so hörte sich das für mich an, was der König in seinen Bart brummelte, als er den Hauslehrer nach dem Verbleib seines übermütigen Sohnes fragte: „Wo ist der Prinz, Präzeptor, und Karl und Willi?“

Die Vorstellung fand ich ziemlich abstrus. Schon lustig, dass das, was ich in den 90ern als „Opanamen“ einordnete, heute für kleine Jungs ganz normal ist: Karl war 2023 auf Platz 33 der beliebtesten Jungennamen (in Ostdeutschland sogar auf Platz 9), Willi immerhin auf 183.

Sieben Namen für Aschenbrödel

Ich hatte mich allerdings gründlich verhört: Die richtigen Namen der jungen Edelmänner sind Kamil (im Film blond) und Vitek (dunkelhaarig). Der Prinz, König und Königin, die böse Stiefmutter und auch Aschenbrödel selbst haben überhaupt keine Namen. Wie zum Ersatz tragen aber Aschenbrödels Tiere menschliche Vornamen. Hier eine Liste der Filmnamen:

Dora: Kurzform von Dorothea mit der Bedeutung „Gottesgeschenk“. Wenn man Aschenbrödels Stiefmutter fragen könnte: ein äußerst passender Name für deren verhätscheltes Kind, das „Dorchen“, das sich so gern den Prinzen angeln würde. Weshalb dieser Name nicht in den Top 500 steht, ist mir ehrlich ein Rätsel.

Kamil: Im Polnischen und Tschechischen verbreitete Variante des altrömischen Geschlechternamens Camillus, was „der Ehrbare“ oder „aus guter Familie“ bedeutet – also die perfekte Wahl für jemanden, der gemeinsam mit einem Prinzen unterrichtet wird. Kamil ist auch ein arabischer Vorname und bedeutet dann „der Vollkommene“.

Vitek: In Tschechien eher ein Nachname. Es könnte sich um eine Variante von Witiko handeln, einer Zusammensetzung aus witu für „Wald“ oder „Gehölz“ und degan für „tapferer Held“. Da der Prinz, Kamil und Vitek so gern mit ihren Armbrüsten „im Wald herumtollen“, auch ein passender Name.

Vinzek: Slawische Kurz- und Koseform von Vincenc, einer Form von Vinzenz. Das lateinische Verb vincere bedeutet „siegen“ – und der Knecht Vinzek, Aschenbrödels väterlicher Freund, ist ja tatsächlich durch den Fund der verzauberten Haselnüsse stark daran beteiligt, dass das Märchen gut ausgeht.

Kasper: Ein kleiner Namensanklang an Weihnachten: Aschenbrödels kleiner Hund heißt Kasperle, was an den Spaßmacher für Kinder erinnert, aber eben auch an die Heiligen drei Könige Caspar, Melchior und Balthasar. Caspar ist ein alttestamentarischer männlicher Vorname persischen Ursprungs und geht auf das altpersische Wort für „Schatzmeister“ zurück.

Rosalie: Diesen Blumennamen hat Aschenbrödel an ihre Eule vergeben, die ihre einzigen wertvollen Besitztümer – unter anderem eine Rosenbrosche von ihrer verstorbenen Mutter – hütet. Die vielen weißen Täubchen, die der Heldin ebenfalls helfend beistehen, haben dagegen keine Namen.

Nikolaus: So heißt Aschenbrödels ebenso treues wie feuriges Ross. Der Name stammt aus dem Griechischen, seine Bestandteile bedeuten „Sieg“ und „Volk“. Hm, übertreibe ich jetzt, wenn mir dazu eine der letzten Szenen des Films einfällt, in der sich die einfachen Leute wie toll freuen, dass eine von ihnen – „unser Aschenbrödel“ – die Braut des Prinzen wird?

Liebling der Männer

Auf dem königlichen Ball werden noch weitere Namen erwähnt. Besonders prägnant: Kleinröschen, eine üppige Brünette in knallrotem Kleid. Außerdem gibt es Elsa, Imme und Minka. Letzterer – das war mir neu – eine polnische und schwedische Kurzform von Wilhelmina.

Eine Frage muss zum Schluss noch beantwortet werden: Welches ist eigentlich der liebste Weihnachtsfilm der Männer? Nein, nicht „Stirb langsam“: „Kevin – Allein zu Haus“ heißt der Gewinner. Da weiß ich doch schon, welche Namen ich mir nächste Weihnachten vornehmen kann …

4 Gedanken zu „Der Prinz, Karl und Willi – Namen für Aschenbrödel“

  1. Vitek/Witiko ist ein Name, dessen Deutung mich schon lange verfolgt. Die Zusammesetzung aus witu „Holz, Wald“ und degan „junger Mann“ ist neu für mich. Die kreativste, aber gleichzeitig schlüssigste Deutung ist für mich witu und gauja „bellen“. Der Waldbeller ist eine Kenning (germanisches Worträtsel) für den Wolf.

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    • Elbowin, du bist wirklich erstaunlich, in wie vielen Themen du dich auskennst.
      Wenn ein Name sich von Holz und Wald ableitet ist das schon mal sehr gut, wenn er dann noch gut klingt ist es perfekt.
      Dora gehört für mich auch zu den besten Namen.
      Die Stiefmutter heißt in meiner Vorstellung Carola und Aschenbrödel Libuše, jeweils nach den Schauspielerinnen.

  2. Noch ein paar Namen aus dem Film:

    Hans – irgendein Mann auf dem Gutshof
    Rosi – Köchin auf dem Gut
    Luisa – adliges Fräulein auf dem Ball
    Lulu – dito, Schwester von Luisa
    Hulda – noch ein Fräulein auf dem Ball

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