Michelle und der Sprach-Clash

Als ich sie kennenlernte – Ende der 80er, wir waren knapp volljährig –, fiel mir gleich ihr Name auf: Michelle. Das klang nach Austauschschülerin und Eiffelturm, den Beatles und einfach viel spannender als Tanja, Claudia, Sabine und wie man damals sonst so hieß. Dass sie einen normalen deutschen Nachnamen hatte, tat dem keinen Abbruch.


Seither sind viele Jahre vergangen. Aus Michelle wurde eine Ärztin und aus mir ein Namensfreak. In dieser Eigenschaft rate ich gern, einen zum Nachnamen stimmigen Vornamen zu wählen. Überhaupt sind Namen aus anderen Sprachen, deren Aussprache stärker von ihrer Schreibweise abweicht, hm … nicht gerade meine Lieblinge. Lerne ich jetzt eine neue Michelle kennen, sei sie nun 8 oder 18, ist mein erster Gedanke nicht mehr: Oh, cool. Eher so: Na ja …

Michelle-die-Schlagersängerin (die eigentlich Tanja heißt), Michelle Hunziker, Michelle Pfeiffer und Frau Obama fallen mir noch ein, doch irgendwie reißen die es hierzulande alle nicht richtig raus. Trotzdem ist Michelle mit Platz 194 noch recht populär. Newcomerin Malia, seit 2009 in den Charts und damit offensichtlich durch die First Daughter inspiriert, schneidet mittlerweile aber besser ab: Platz 114. Passt halt auch eher zu deutschen Nachnamen, so eine gekürzte Amalia bzw. Maria-Variante.

Michelle

Welche Erfahrungen hat „meine“ Michelle mit ihrem Namen gemacht? „’Kommst du aus Frankreich‘; werde ich natürlich oft gefragt. Manchmal verblüffe ich die Leute dann damit, dass ich russische Vorfahren habe. So ist man schon mal im Gespräch.“ Wie viele Träger seltener Namen beobachtet auch Michelle, dass ihr Name anderen gut im Gedächtnis bleibt. Dazu hat sie den Eindruck, dass man ihren Namen gern ausspricht: „Ich werde oft mit Vornamen angesprochen.“

Michelles Eltern hatten ihren Namen beim Einkaufen aufgeschnappt, „als an der Fleischtheke ein Paar seine Tochter rief.“ In der Familie sorgte er nicht für Aufsehen: „Ich habe Cousinen, die Nicole und Babette heißen, da passte das gut rein.“ Michelle hätte als Kind trotzdem lieber Manuela geheißen. Der Klang ihres Namens, „dieses -schell“, kam ihr komisch vor. „Manche Leute sprachen mich auch falsch aus, Mikelle zum Beispiel, oder verpassten mir komische Spitznamen.“ Dass es nie Tassen mit ihrem Namen zu kaufen gab, fand sie auch doof.

Die Tassen gibt es längst, und Michelle mag heute auch ihren Namen: „Zuerst habe ich mich wohl damit arrangiert, weil mir immer wieder Leute gesagt haben, dass sie ihn schön finden.“ Dass sie ihren Namen seit den 90er Jahren „in der Ecke von Kevin und Chantal“ wiederfindet und dass Vor- und Nachname bei ihr sprachlich etwas aufeinanderprallen – na ja … „Toll ist das nicht, aber auch kein Problem für mich.“ In ihrer Praxis zieht sie selbst ganz gern mal ihre Schlüsse, wenn große Patientinnen Jessica oder Yvonne heißen oder kleine zum Beispiel Celina-Michelle. „Manchmal stimmt’s.“

41 Gedanken zu „Michelle und der Sprach-Clash“

  1. Ja, Michelle war in unserer Generation (siehe den ersten Satz des Artikels) viel seltener als die damals recht häufige Michaela. Und Michelle hatte auch noch überhaupt nicht das chantalistische Odeur, das es dann so etwa ab den 90ern bekommen hat.

    Die liebe Nichte einer mir gut befreundeten Mit-Unterschichtlerin aus dem Rhein-Main-Gebiet heißt Michelle. Die junge Dame ist 19 und hat gerade ein Kind bekommen. Das Würmchen heißt Emilia und wird Emmi genannt. 🙂

    Namenstassen! Gibt es die eigentlich noch? Ich meine jetzt nicht als „Print on demand“, sondern in diesen Stellagen in oder vor den Schnickschnack-Läden in den Fußgängerzonen… Also: Lohnt sich dieses Geschäft angesichts der Diversifizierung der deutschen Vornamens-Landschaft noch?

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    • Doch, doch, die gibt es noch 🙂 Zum Beispiel in Badeorten in Souvenir- und Kramläden. Auch bei Müller (dem Drogeriemarkt) bekommt man personalisierte Produkte, vom Stoffbeutel über die Weihnachtskugel bis zum Zahnbürstenhalter. Für die Zeitgenossen unter uns, die keine gängigen Namen tragen, sind meist Ausweichmöglichkeiten im Angebot, beschriftet mit „Beste Schwester/Mama/Tante/Oma“ o.ä.

    • Ah, danke für die Info! 🙂 Diese Kramläden gibt es natürlich auch in Hannover, aber ich meide die Innenstadt so gut es geht, zur Vermeidung von Haß-Attacken. 😉 Tja, früher als Landeier-Kinder in den 70ern war gerade das für uns der Duft der großen, weiten Welt…

      Und dieses „Für die beste Tante/Oma/Schwester […] der Welt“ ist sowas von notorisch geworden! 😀 (Und bezeichnend in seiner Süßlichkeit.) War mir neu, daß da auch schon der Kommerz drauf angesprungen ist… Nach meinem bisherigen Eindruck wurden normalerweise Kinder von ihren Müttern genötigt, das zu schreiben, um sich wichtige Tanten, Omas, Onkels etc. warm zu halten. 😀

      (Neu war mir übrigens auch, daß es auch in Norddeutschland Müller-Drogerien gibt; ich dachte immer, die hätten ihr Revier im Süden und im Westen. Aber siehe da, auch in Garbsen bei H gibt es eine.)

    • Ja, die Branche der personalisierten Produkte scheint sich noch zu lohnen, ich hatte da schon interessante Kontakte. Offenbar hält man sich bei der Sortimentsplanung lieber an meine Hitlisten als an die der GfdS. Nette Bestätigung, dass ich mit meiner Methode auf dem richtigen Weg bin 🙂

      Die Müller-Eroberung des Nordens scheint schwierig zu sein, die Expansion geht nur langsam voran. Aber in Deutschlands Vornamen-Hauptstadt Ahrensburg gibt es schon eine Filiale!

  2. Es gibt ja nun zwei Schreibweisen für diesen Namen:
    Michelle und Michèle.
    Ich kenne eine französische Michèle. Michelle ist durch das Fehlen des accents in Schreibweise und Aussprache einfacher. Die Michelle-Version könnte durch die Beatles Mitte der 60er Jahre verbreitet worden sein. Kann es sein, dass Michelle daher eher die „englischere“oder auch internationalere Version ist und Michèle die üblichere französische?
    Beim Vergleich der Wikipedia-Einträge zu den beiden Versionen zeigt bei den berühmten Namensträgerinnen bei Michelle fast ausschließlich Nicht-Französinnen, genau umgekehrt ist es bei Michèle.

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    • Verdachtsdiagnose nach der Lektüre der beiden Wiki-Listen: Kann es sein, daß der Name per se in Frankreich recht selten ist? Auch wenn immerhin Aillot-Marie mit Vornamen Michèle heißt – der Rest sind irgendwelche Sportlerinnen und Film-Sternchen…

      Ich vermute fast, Du hast recht damit, daß der Name in Deutschland durch die Beatles überhaupt erst bekannt gemacht wurde.

    • Keine Ahnung, Michèle ist mir noch nie begegnet, wirkt aber irgendwie unintuitiv. Ich kenne einen Franzosen namens Michel, gesprochen wie die weibliche Form (bei uns).

    • Den französischen Michel schreibt man aber ohne e, in der Form Michele wäre es italienisch, natürlich auch mit anderer Aussprache.

    • Ich kenne tatsächlich eine Michéllè… die (deutsche) Mutter fand es würde so hübscher aussehen, mit symmetrischen Accents…

    • Echt, Herr erbarme Dich! 😀 Und beschütze unser armes Volk vor Standesbeamten, die so einen Scheiß durchgehen lassen.

    • AMEN! 😀

      Symmetrieist ja durchaus was schönes.
      Aber die Mutti wusste wohl nicht, dass man damit die Aussprache verändert?
      Vor einem Doppelkonsonanten steht kein accent, der accent grave auf dem e am Schluß „geht nicht“ und man müsste, wenn es denn ginge, das ganze etwa [mischellä] aussprechen, o mein Gott.

    • Genau! #amen Denn wenn man das (obwohl es im Französischen, wie von Dir dargelegt, orthographisch gar nicht geht) ansatzweise französisch aussprechen wollte, wäre es eben so etwas wie „MischeehLÄH“. Klingt wie eine haitianische Voodoo-Gottheit – auch daher die Anrufung des Allmächtigen von meiner unzuständigen (nämlich agnostischen) Seite. 😉

      Im Ernst: Ich finde es wirklich nicht gut, daß so etwas durchgeht, insofern die Namensträgerin damit in Frankreich (unserem immer noch wichtigsten Partner und Nachbarn) lächerlich gemacht wird. Eine einfache Frau braucht so etwas nicht zu wissen. Aber ein Vertreter der Obrigkeit, der sich hauptamtlich mit Namen beschäftigt, MUSS es wissen! Durch diese Permissivität werden Klassenunterschiede zementiert. Als Linker bin ich strikt gegen derlei; und die Bourgeoisie feixt darüber. Das Volk muß manchmal zu seinem Glück gezwungen werden. *tob wut brüll*. 🙁

    • Ich kann noch mit einer 15-jährigen MISHELLE aufwarten, deren Mutter ich beim Ausfüllen eines Formulars nur „Ernsthaft?“ gefragt habe…

  3. Im Jahr 2000 war der Name auf Platz 5, interessanterweise trotz der Betonung auf der zweiten Silbe, die ihn als Zweitnamen prädestinieren würden, allerdings nicht bei der Gdfs. Außerdem befand er sich vorher und nachher übergangslos auf Platz 23 bzw. 27 wieder.
    In diesem Zeitraum (2000/01) findet man aber auch noch einige andere heute eher stigmatisierende Namen (inkl. Kevin, der sogar nuch gestiegen ist) in der Statistik.

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    • Wow, dass Michelle mal so häufig war, war mir gar nicht bewusst! Hab gerade geschaut, Schlagersängerin Michelle nahm 2001 am Eurovision Song Contest teil. Die Hunziker moderierte 1998 die Goldene Kamera, aber ob das so folgenreich war?! Danach moderierte sie 2002-2004 „Deutschland sucht den Superstar“, „Wetten dass“ kam erst 2009. Doch vielleicht reichte schon die Präsenz in der Klatschpresse?

      Im Übrigen heißt die 20-jährige Tochter einer Kollegin meines Mannes mit Zweitnamen Michele (mit Bindestrich, ob mit Akzent, weiß er nicht).

    • Aber den Ausreißer 2000 erklärt das auch nicht…
      Vielleicht fanden viele, dass er eben noch nicht ganz so häufig ist und es ist einfach Zufall.

    • Ich hab noch mehr Michelles ausgegraben: Schauspielerin Michelle Rodriguez, die 2000 durch den mit einigen Auszeichnungen versehenen Film „Girlfight“ bekannt wurde. Und Michelle Trachtenberg, die ab 2000 bei „Buffy – Im Banne der Dämonen“ mitspielte, sowie Sarah Michelle Gellar, seit ’97 bei „Buffy“ und 1999 in „Eiskalte Engel“. Ziemlich viele Michelles 🙂

      Vielleicht gab es ja auch irgendeine amerikanische Serienfigur namens Michelle?

  4. Noch was, ich nerv jetzt.
    Mir ist aufgefallen, dass sich alle mir bekannten Michelles Michi abkürzen lassen, das ch wie bei ich, oder auch Michaela gesprochen.

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  5. Ich hätte es besser gefunden, wenn mein Name mit accent geschrieben worden wäre, dann wäre es etwas exotischer.

    Ach ja, und da ich blonde lockige Haare habe, haben alle immer zuerst an Michelle Pfeiffer gedacht.

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  6. Ich freue mich sehr über diesen Artikel. Da möchte ich mich nach laaanger Zeit endlich mal wieder zu Wort melden. Denn es geht endlich mal in nicht (nur) negativer Hinsicht um meinen Namen. Hiermit habe ich mich dann geoutet. 😉

    Ich habe ähnliche Erfahrungen mit meinem Namen gemacht wie oben genannte Michelle, obwohl ich wohl etwas jünger bin (*1980). Vor allem früher aber auch heute noch werde ich oft gefragt, ob ich französische Vorfahren habe. Habe ich nicht, aber mein Vorname kam mir sehr zu Gute, da ich viele Jahre im frankophonen Ausland, v.a. in Frankreich, gelebt habe. In Frankreich tragen allerdings weitaus ältere Damen diesen Namen und dann auch eher in der Schreibweise Michèle. Daher musste ich, wenn ich in Frankreich meinen Namen angeben musste, immer „mit zwei Ls“ dazu sagen. Viel häufiger begegnet man in Frankreich dem gleich klingenden männlichen Vornamen Michel.

    In meiner Kindheit und Jugend war ich stets die einzige Namensträgerin in meinem Umfeld. Wenn Unsicherheit bzgl. Aussprache und/oder Schreibweise meines Namens aufkam, habe ich Erklärungen meist „genau wie Michelle Pfeiffer“ hinzugefügt. Als Teenie fügte ich dann irgendwann Michelle Hunziker als zweites Beispiel hinzu.

    Wenn ich als Kind meine Eltern auf meinen seltenen Namen ansprach, sagte mein Vater immer, der sei halt etwas ganz Besonderes, der schönste Name der Welt. So könne halt nicht jeder heißen – so nach dem Motto: die Ehre wird nicht jedem zuteil. Mein Vater hat mich quasi gelehrt meinen Namen zu lieben. Auf die Frage, warum ich im Gegensatz zu meinen Geschwistern nur einen Vornamen habe, sagte er, dass der Name so schön sei, dass er keinen zweiten bräuchte. Die Antworten hörte ich als Kind natürlich immer gern.
    Doof fand ich es natürlich auch, dass es keine Tassen, Namensbändchen o.ä. mit meinem Namen gab.

    Viele assoziieren mit Michelle immer noch den gleichnamigen Song der Beatles. Einige beginnen sogar ihn zu singen, wenn ich mich vorstelle – und nicht nur dann. Mir ist es sogar einmal passiert, dass ihn mir ein ehemaliger Linguistikprofessor vorgesungen hat, als ich meinen Namen sagte. Seit einiger Zeit habe ich es beruflich ab und zu mit Musik zu tun; ich habe den Eindruck, dass sich mein Name gerade in diesem Bereich großer Beliebtheit erfreut….

    Als meine Eltern erfuhren, dass meine Mutter schwanger war, sagte mein Vater sofort: „Es wird ein Mädchen, und es wird eine Michelle.“ Der Name war meinen Eltern tatsächlich durch den Beatles-Song bekannt. Sie sind sehr jung Eltern geworden und hatten gerade eine Beatles-Phase. Ich hatte als Baby bereits eine volle Haarpracht, kam „perfekt frisiert auf die Welt“, wie meine Mutter zu sagen pflegt, und hatte „eine Frisur wie ein Beatle“. Gäste gewöhnten sich sogar an zu fragen: Und, schläft der kleine Beatle (schon)?

    Dank meinem Vater hatte mein Vorname immer einen ganz besonderen Zauber und Charme für mich. Ich fiel im Erwachsenenalter aus allen Wolken, als plötzlich in den Medien ständig so negativ (in Verbindung mit den Begriffen Kevinismus/Chantalismus) über ihn berichtet wurde. Als junge Erwachsene habe ich mich ertappt, wie ich darüber nachdachte, ob jetzt wohl der frühere Charme dem Scham weichen müsste. Ach, aber auch nicht wirklich…. 😉 Ich trage meinen Namen nach wie vor mit Stolz. Er ist weltbekannt; ich fühle mich überall sehr wohl damit. Ich würde schon auch sagen, dass Michelle „eher die „englischere“ oder auch internationalere Version ist und Michèle die üblichere französische.“

    Erst vor knapp drei Jahren habe ich hierzulande zum ersten Mal eine andere Michelle kennengelernt. Das war schooon komisch – ungewohnt.

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    • Schöne Namensgeschichte!

      Hätte ich Deinen Namen erraten müssen, wäre mir sicher nicht Michelle als Möglichkeit eingefallen. Der ist ja wirklich noch nicht so lange in Deutschland verbreitet.

      In den USA gibt es natürlich wahnsinnig viele Michelles. Die sind eher in den 50er-70er Jahren geboren worden, vielleicht noch in den 80ern. Unter meinen Studentinnen, die in den 90ern geboren waren, gab es keine mehr. Die First Lady hieß ja bis vor kurzem Michelle…. Sehr generationstypisch. In den 2000ern wurde Makayla als einenglischende Schreibweise von Michaela beliebt. So sucht die Welt immer nach etwas Neuem. Aber der Name Michelle wird sicher noch lange im Bewusstsein bleiben und sicher periodisch wieder modisch werden.

  7. Meine Halbschwester heißt Michelle, vermutlich nach meinem Vater (Michael) benannt. Soweit ich weiß, keine französischen Vorfahren.
    Ich fand den Namen immer normal, weil ich damit aufgewachsen bin… hab auch nie mitbekommen, dass er mal in die Kevinismus Schublade abgerutscht war. Hat mich wohl damals nicht interessiert.

    Den Beatles Song kenn ich auch nicht, bzw ist er mir nicht genug in Erinnerung geblieben. Find deine Namensgeschichte aber toll, Schtroumpfette 🙂

    Für meinen Namen gabs auch nie Tassen, und als ich endlich eine fand war der Name mit i statt mit j geschrieben. 😉 mein Vater hatte leider keine Erklärung für meinen Namen, außer, dass er eben was besonderes ist 🙂 Mittlerweile kenne ich sogar schon eine andere Miriam.

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  8. „Überhaupt sind Namen aus anderen Sprachen, deren Aussprache stärker von ihrer Schreibweise abweicht, hm … nicht gerade meine Lieblinge.“

    Empfindet ihr denn z.B. auch Nicole, Yvonne, Isabelle, Jessica, Jenny, Marcel oder Mike als „anderssprachige“ Namen?

    Oder nicht, weil die in Deutschland schon so bekannt sind oder weil die Abweichung zwischen Schreibweise und Aussprache nicht so stark ist?

    Wobei für Kinder, die gerade das Lesen und Schreiben gelernt haben, auch geringe Abweichungen verwirrend sind. Ich erinnere mich, dass ich überhaupt nicht begriffen habe, warum die Erwachsenen den Namen meines Schulfreundes Mike (der eigentlich Michael hieß, aber Mike gerufen wurde – zur Unterscheidung: wie in vielen Schulklassen damals war der Name in unserer Klasse doppelt vertreten) MIKE und nicht MEIK schrieben.
    Und meine Puppe, die ich nach Mikes Schwester Nicole benannt hatte, benannte ich um, weil es mich so nervte, dass die Erwachsenen dauernd behaupteten, ich würde ihren Namen falsch schreiben. Da ich den Namen nur vom Hören kannte, schrieb ich lauttreu NIKOL und so war es für mich richtig, während die Erwachsenen mich dauernd belehrten, ich müsste NICOLE schreiben. Das hatte ich schließlich satt und so benannte ich meine Puppe schließlich in Elke um, da gab es keine Diskussionen um die Schreibung. 🙂

    „Newcomerin Malia, seit 2009 in den Charts und damit offensichtlich durch die First Daughter inspiriert, schneidet mittlerweile aber besser ab: Platz 114. Passt halt auch eher zu deutschen Nachnamen, so eine gekürzte Amalia bzw. Maria-Variante.“

    Den Namen Malia wiederum kenne ich nur vom Lesen, ausgesprochen gehört habe ich ihn wiederum noch nie gehört.
    Daher meine Frage: Wie spricht man den Namen richtig aus?
    Ich würde spontan auf der 1. Silbe betonen, habe aber gelesen, es sei eine (ich glaube hawaiianische?) Form von Maria, dann würde eher ich auf der 2. Silbe betonen. Hört sich aber irgendwie an wie Maria von einem Kleinkind ausgesprochen, das das R noch nicht sprechen kann.
    Auf der 1. Silbe betont hört es sich wiederum an, als hätte man von Amalia das A weggelassen …
    Kann mich mit dem Namen nicht wirklich anfreunden …

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    • Die von dir oben erwähnten Namen würde ich, eben deshalb, auch nicht vergeben. Nicole und Isabelle mag ich aber ganz gerne, letztere wäre bei mir einfach spanisch/ portugiesisch Isabel, Nicole würd ich aber lassen.
      Bei Jessica, Jenny, Marcel und Mike geht bei mir aber schon irgendwie die Schublade auf, insbesondere bei Jessica und Mike.
      Du hast aber Recht, objektiv gleich kevinistische Namen werden sehr unterschiedlich bewertet. Claire und Isabelle sind sogar schon eher Oberschicht, Nicole und Yvonne sind old-fashioned. Das macht rational keinen Sinn, hat aber wahrscheinlich auch einen irgendwie sinnvollen Hintergrund. Und ein Argument für Chantal (z.B.) fände ich das auch nicht. Die Assoziationen sind da, da hilft es nicht wenn ske ungerecht sind.

    • Ja, ich empfinde die genannten Namen als anderssprachig. Da sie so bekannt sind, hat man sich freilich an den Klang von Marcel Meier oder Jessica Schulz schon gewöhnt, und auch die Aussprache ist nicht mehr so schwierig (obwohl es immer noch „Marßel“ vs. „Marzel“ und „Jessica“ vs. „Dschessica“ gibt. Aber komplett eindeutig ist ja sowieso selten, hatten wir hier ja kürzlich schon mal).

      Meine Freundin Nicole sprechen wir im Scherz manchmal „Nie-kohle“, das Bewusstsein für die Schere zwischen Schriftbild und Aussprache ist da. Nicole, Yvonne, Jessica und Jenny werden derzeit aber ja kaum vergeben.

      Isabelle mag ich als Isabel trotzdem ganz gern, hat so oder so aber etwas Hochgestochenes, und für Jenny („Dschenni“) habe ich eine kleine Schwäche 😉

      Ah und Malia würde ich wohl betonten wie die Obama-Tochter (ich meine, es wäre MaLIA?!), weil man den Namen ja daher kennt. Klingt dann auch nicht so nach Mal- für „schlecht“. Obwohl, bei Amalia stört das ja auch nicht …?

  9. Empfindet ihr denn z.B. auch Nicole, Yvonne, Isabelle, Jessica, Jenny, Marcel oder Mike als „anderssprachige“ Namen?

    Ich meine, daß Namen nach einer Weile (einer Generation?) sozusagen integriert sind, in den deutschen Sprachkorpus eingemeindet werden und gleichsam die deutsche Staatsangehörigkeit angenommen haben. Sie werden sozusagen deutsch – wie eben auch Ausländer Deutsche werden können. Nicht primär wegen irgendwelcher höheren bürokratischen Weihen (deutsche Pässe), sondern weil sie selbst es so empfinden und wollen und die Deutschen dann auch.

    Tanja und Nadja. Wer empfindet diese Namen noch als russisch, obwohl sie es ursprünglich waren?

    Louise und Charlotte – heute wieder geradezu witzblattmäßige Gentry-Namen – sind eben auch französischen Ursprungs.

    Daher meine Frage: Wie spricht man den Namen richtig aus?

    Ich hätte Malia auch sofort auf der ersten Silbe betont – und finde den Namen daher nicht gut, weil er an „le mal“, also an „das Böse“, „das Übel“, „die Krankheit“ anklingt.

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    • Malia ist bei mir eine Maria mit l.
      Ansonsten vollste Zustimmung zu deinen Ausführungen, nur würde ich noch anmerken, dass jeder Name bei jeder Person einen anderen Zeitraum braucht, um assimiliert zu werden.

    • Ja, ich finde auch, daß Mike und Jessica immer noch ein anderes Geschmäckle haben als die Normalo-Namen Nicole und Yvonne oder eben gar als doe fast schon noble Isabelle. Dennoch: es sind ursprünglich nicht-deutsche Namen, die etwa in den letzten drei oder vier Jahrzehnten „deutsch geworden“ sind.

  10. Zwecks Nachname und Vorname aufeinanderprallen – da muss ich immer an eine Freundin denken. Sie ist Französin und heißt Cécile mit einem französischen Nachnamen.
    Und nun hat sie vor 2 Jahren einen Österreicher geheiratet und seinen Nachnamen angenommen. Der sehr viele S darin hat.

    Man sagt zwar immer, man soll nicht gleiche Laute mit anderen Buchstaben kombinieren (Cedric Samuel – beides S-Laute, Klaudia Cornfeld – beides K-Laute), aber spätestens bei einer Hochzeit ist es bei den Frauen oft aus mit dem wohlklingenden Vor- und Nachnamen. Da nimmt man doch noch häufiger den Namen des Mannes an.

    Schlimmstes Beispiel: Eine Patientin, irgendwann Anfang der 30er geboren, die durch ihre Heirat zur Rosa Musch wurde. wurde….

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  11. „Louise und Charlotte – heute wieder geradezu witzblattmäßige Gentry-Namen – sind eben auch französischen Ursprungs.“

    Wobei die ja eingedeutscht wurden: Da wird im Deutschen ja in der Regel das End-E, dass im französischen stumm ist, ausgesprochen;

    Luise wird im Deutschen meines Wissens häufiger so geschrieben, also auch in der Schreibung eingedeutscht

    Charlotte ist so wie es bei uns gesprochen wird, eigentlich weder richtig deutsch noch richtig französisch: Der Ch-laut wird wie im Französischen als „sch“ gesprochen, aber das End-E wie im Deutschen ausgesprochen

    Andere Beispiele für eingedeutschte französische Namen:
    Annette/Anette
    (die werden meist mit End-E gesprochen oder es wird das End-E dann auch in der Schreibung weggelassen und Annett/Anett draus.

    Marion

    Margot

    Caroline – meist mit End-E gesprochen, manchmal auch ohne, manchmal in der Schreibung eingedeutscht als Karoline, Carolin oder Karolin

    Während Nicole, Yvonne, Michelle, Jacqueline, Jeannette etc. in der Regel wie im Französischen gesprochen und geschrieben werden.

    „Tanja und Nadja. Wer empfindet diese Namen noch als russisch, obwohl sie es ursprünglich waren?“

    Ich erinnere mich, wie meine Mutter sich über diese Namen aufregte, als die in den 70er Jahren öfter vergeben wurden (v.a. Tanja). Ihre Begründung: Das seien russische Namen und würden in Deutschland nicht passen.
    Seltsamerweise hatte sie das Problem mit Katja oder Sonja nicht, die zwar genauso russischer Herkunft sind, ihr aber wohl besser gefielen.

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    • Chiocciola, nur ganz kurz, mir würde dazu ewig viel einfallen, aber es ist spät:

      Im Französischen eben je nach phonetischer, kontextueller oder literarischer Situation die Wahl, wie man das End-e aussprechen will, soll oder muß: gar nicht (also stumm), als Schwa oder als dumpfes e. Bin kein Romanist und kann das nicht besser darlegen, aber es ist eben so.

      Ich erinnere mich, wie meine Mutter sich über diese Namen aufregte, als die in den 70er Jahren öfter vergeben wurden (v.a. Tanja). Ihre Begründung: Das seien russische Namen und würden in Deutschland nicht passen.

      Aber das war ja genau mein Punkt: Unserer Omas und Mütter haben das vielleicht noch als fremdartig empfunden, gerade im kalten Krieg. Heute aber sind Tanja, Anja und Nadja selbst fast schon wieder typisch deutsche Oma-Namen. 😉 Sie sind eben eingemeindet worden…

      Horrido!

    • Louise und Charlotte – heute wieder geradezu witzblattmäßige Gentry-Namen – sind eben auch französischen Ursprungs.

      nur noch als Ergänzung:
      In Erich Kästners Kinderbuchklassiker „Das doppelte Lottchen“ (erschienen 1949) heißen die beiden Zwillingsmädchen Luise und Lotte und wurden nach ihrer Mutter Luiselotte benannt, also ebenfalls ein Derivat von Louise und Charlotte.

    • Und noch was Interessantes:
      In Südkorea gibt es einen großen Mischkonzern namens Lotte. Wer sich wundert, wieso der so heißt, erfährt, dass der Konzerngründer ein Goethe-Fan war, der seine Firma nach Lotte aus den „Leiden des jungen Werthers“ nannte. Unglaublich, aber wahr!

  12. Zum Namen Michelle: Vor allem gab es in den 90ern die sehr beliebte Familienserie „Full House“ und das kleine, niedliche Mädchen, das die Herzen aller gewann, hieß „Michelle“ (gespielt von den Olsen-Zwillingen Mary-Kate und Ashley Olsen).
    Ich denke, dass die Beliebtheit des Namens Michelle in den 90ern zu großen Teilen mit der Serie „Full House“ zusammenhängt und ich kenne einige namens Michelle, wo das durchaus mit den Jahrgang passt.
    Den Rest dürfte durchaus auch die Schlagersängerin „Michelle“ erreicht haben, die ebenfalls in den 90ern ziemlich beliebt war undzwar schon lange bevor sie Jahre später beim ESC antrat. Ich kenne eine, die in den 90ern geboren worden ist und nach eben dieser Schlagersängerin „Michelle“ benannt worden ist. Ihre Schwester heißt übrigens Mandy, wovon ich mehrere in meinem Alter kenne (Jahrgang Ende der 80er).

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