Über kurz oder lang – wer hat Angst vor niedlichen Namen?

Wo mehrere Menschen sich über ihre favorisierten Namen austauschen, kommt es schnell zur Bildung sich voneinander abgrenzender Lager – zum Beispiel, wie in der letzten Woche Thema, „Klassisch oder individuell“. Heute nun: „Kurz oder lang“. Da gibt es einerseits diejenigen, die bewusst Kurzform-Namen (Lenny, Leni) vergeben. Weil’s niedlich klingt zum niedlichen Baby (oder „cool“) und „der Name sonst ja sowieso nur abgekürzt wird“. „Mit uns nicht!“, rufen prompt die anderen. Und nennen ihre Kinder weit förmlicher Leonhard oder Magdalena, auch mit Hinblick auf eine spätere berufliche Laufbahn. Obwohl Vertreter der ersten Gruppierung darauf pochen, dass wir uns in den nächsten Jahrzehnten an vieles gewöhnen würden, an Chefärzte oder Staatsanwälte namens Lenny sowieso.


Manche Eltern etablieren selbst Kurzformen für das „auf lang“ getaufte Kind. Aus Philipp wird Flip, aus Katharina Tinka, aus Konstantin Konsti. Zum Teil soll so bewusst sonstigen Abkürzungen (Kathi, Konni) das Wasser abgegraben werden. Wieder andere treten zum Kampf gegen Windmühlenflügel an: „Er heißt nicht Max und erst recht nicht Maxi – Maximilian bitte!“. Bei manchen geht die Aversion gegen Kürzel so weit, dass sie von vornherein nach Namen suchen, die man „nicht abkürzen kann“. Um bei Kurz-Klassikern wie den 2011-Spitzenreitern Ben oder Mia zu landen. Doch Achtung! Vor „Verhunzung“ durch Freunde und Großeltern sind „Benni“und „Miachen“ keinesfalls gefeit.

Flaggen USA UK © r-o-x-o-r - Fotolia.com
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In einem aktuellen Posting im Encyclopedia-Britannica-Blog zu den Namensvorlieben der Briten und Amerikaner stieß ich unverhofft wieder auf den Kurz-lang-Gegensatz. So werden in England und Wales derzeit gern Koseformen als offizielle Namen auserkoren. Alfie und Charlie eroberten bei den 2011 geborenen Jungen Platz 4 und 5. Bei den Mädchen liegen Evie und Katie im Trend, dazu kommt Blumig-Süßes wie Poppy, Daisy und Holly. Dagegen bevorzugen die als so locker bekannten Amerikaner auf Geburtsurkunden eindeutig die „erwachsenen“ Formen. Auch hier will man wohl dem Nachwuchs den beruflichen und gesellschaftlichen Aufstieg durch einen zu informellen Namen nicht verbauen. Wohingegen, so mutmaßt der Encyclopedia-Britannica-Autor, britische Eltern aufgrund des dortigen strikteren Klassensystems weniger auf ein derartiges Emporklettern spekulieren.

„Hältst du es mit den Amerikanern oder mit den Briten?“, auch so könnte die nächste Diskussion über Vornamen beginnen. Fest steht: Wir sind die meiste Zeit unseres Lebens erwachsen. Ein Name, der so wirklich nie benutzt wird, ist aber auch witzlos. Doch wer suchet, wird fündig, vielleicht ja auch in der goldenen Mitte: Ich würde in dem Fall zu einem zwei- bis dreisilbigen Namen raten, der eine Kurzform, aber keine Verniedlichung sein darf, zum Beispiel Greta – und nicht etwa Gretchen. Und was ungeliebte Spitznamen angeht: Im Zweifelsfall wird Ihr Kind das schon selbst regeln.

17 Gedanken zu „Über kurz oder lang – wer hat Angst vor niedlichen Namen?“

  1. Ich finde sehr viel Kurzformen gut vergebbar und auch für einen Erwachsenen in Ordnung:

    z.B.:

    Hannes von Johannes
    Mia, Marie, Mira von Maria
    Lena, Lina, Marga von Magdalena
    Luis von Alois
    Lutz von Ludwig
    Bastian von Sebastian
    Kati, Ina, Kathrin von Katharina
    Ben von Benedikt oder Benjamin
    Till von Tillmann
    Leo, Leon von Leonhardt
    Max von Maximilian

    …da gibt es soooooo viele 🙂

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  2. Ich bin definitiv für die „lange Version“. Spitznamen als Vornamen sind vielleicht für pausbackige kleine Kinder niedlich, doch jedes Kind wird mal erwachsen.

    „Sissy“ und „Leni“ bzw. „Basti“ und „Tom“ werden wahrscheinlich froh darüber sein, auf ihre Bewerbungsschreiben „Elisabeth“ und „Magdalena“ bzw. „Sebastian“ und „Thomas“ schreiben zu können… wenn sie ihre Spitznamen auch im Alltag verwenden möchten, steht ihnen das ja genauso frei.

    Übrigens, ich heiße „Hanna“ – bin in den 80ern/90ern aufgewachsen, als der Name noch nicht so modisch war wie heute – und jedes zweite Mal wenn ich meinen Namen nenne werde ich „zurechtgewiesen“ und automatisch auf Johanna „verbessert“.

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  3. Wer verzweifelt nach Namen sucht, die sich nicht abkürzen lassen, landet bei eingebürgerten Abkürzungen anderer Namen.
    Ben: Benedikt/Benjamin
    Mia: Maria

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  4. Manche Abkürzungen sind so eingebürgert, dass man fast vergisst, dass sie welche sind, wie z.B. Hans (Johannes) oder Bernd (Bernhard). Meinen Eltern war nur wichtig, dass man kein i anhängen kann, da meine Omi alle Namen verniedlichte: Gerd (Kurzform von Gerhard) in Gerdi, Bernd in Berni etc. Dumm nur, dass Omi gleich ein ganzes -kind anhängte, wo -i nicht ging: Utekind, Carstenkind, Claudiakind … ^^ Vor Verniedlichungen, Abkürzungen und Spitznamen ist man nie sicher, häufig kann man aber gegensteuern.
    (Ich hieß früher ganz anders und habe meinen amtlichen Vornamen geändert.)

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  5. Ich bin eindeutig für die lange Form. Wenn einem der Name nicht so gut gefällt, kann man sich meistens immer noch zwischen mehreren Kurz- oder Koseformen entscheiden und bei Bewerbungen einen „vernünftigen“ Namen nennen. Natürlich sind auch Namen wie Ben und Mia inzwischen anerkannt und verbreitet, aber manchmal klingt es trotzdem irgendwie unvollständig und vor dämlichen Spitznamen schützt es auch nicht.
    Ich kenne auch Beispiele, die eindeutig für die Gegenseite sprechen, z.B. einen „Maximilian“, der auf jeden Fall nur „Max“ genannt werden möchte, niemals „Maximilian“.
    Aber noch ein Argument gegen Mia und Ben. Wo sich die vier Katharinas und drei Patricias in meiner Stufe noch einigermaßen durch verschiedene Spitznamen unterscheiden lassen, haben es die fünf Marcs schon deutlich schwerer und bei Ben und Mia als häufigsten Vornamen wird das bestimmt nicht besser.

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  6. ich finde, wir gewöhnen uns alle sicher einmal daran, dass derzeit abgekürzte Namen irgendwann zu Vollformen mutieren.

    Lisa ist doch auch nur eine Abkürzung von Elisabeth und heute findet niemand was dabei, eine Richterin oder Ärztin mit diesem Namen zu sehen.

    Ebenso wird es uns in ein paar Jahren gehen mit 80-Jährigen Bens, die ins Spital wegen eines Herzinfarkts eingeliefert werden. Was uns heute als „alte Namen“ bekannt vorkommt wird der übernächsten Generation die uns heute modernen Namen sein. Ist das jetzt halbwegs verständlich?

    Und auch vor einigen Jahrzehnten gab es Abkürzungen schon als Vollnamen. Ich bemerke oft Leute mit den Namen Hans oder Sepp in meinem beruflichen Alltag.

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    • Es gibt solche und solche Kurzformen. Max, Ben, Lisa oder Ella sind das eine, Verniedlichungen wie Leni oder Gretchen bzw. Lenny oder Toni als Vollform legen m.E. noch eine Schippe drauf und wirken (zumindest jetzt noch) schnell sehr intim und privat, auch wenn ihr Träger das vielleicht gar nicht möchte.

    • Bernd Rabehl hat sich vor einigen Jahren in einem Fernsehinterview mal sehr hübsch über die Frau von Rudi Dutschke (die er schon anno ’67 nicht ausstehen konnte) lustig gemacht: „Ein Gretchen! Im doppelten Sinne! Uah!“ (aus dem Gedächtnis…)

      Den Namen gab es also schon damals als Vollform, hat sich aber Gott sei Dank nicht durchsetzen können. :mrgreen:

      Also: es ist und bleibt schwierig und trickreich: Hans, Willy, Fritz – das sind alles Kurzformen und sind heute doch (Ur)Opa-Namen… Der Unterschied zu Ben ist vielleicht der, daß Benjamin auch als Langform im Deutschen keine richtige Tradition hat.

  7. Ich glaube, sobald ein Name drei oder mehr Silben hat wird zwanghaft abgekürzt. Ich weiß nicht ob es Gewohnheit ist, Faulheit oder was auch immer. Andreas ist nun wirklich nicht schwer auszusprechen. Wenn ich Andi höre zucke ich innerlich zusammen. Das klingt schrecklich. Aber ich kann ja schlecht den Menschen vorschreiben wie sie mich zu nennen haben. Interessanterweise haben Nicht-Deutsche weniger Probleme mit dem Namen Andreas. Andi höre ich von Nichtdeutschen kaum.

    Kürzt dann ab, wenn das Gegenüber das auch möchte oder bevorzugt, ansonsten sprecht die Namen doch einfach aus. Seid nicht so sprachfaul!

    Andreas ist ein sehr schöner Name, wenn er nicht zum Andi abgekürzt wird.

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  8. Ich finde es sehr schön wenn man offiziell die Langform hat und dann aber immer bei einer Kurzform genannt wird. Habe schon sehr oft das Argument gehört: „Aber wenn man eh nur die Kurzform benutzt kann man sie doch auch gleich eintragen lassen“. Leuchtet mir nicht ganz ein das Argument. Wenn ich einen vernünftigen Namen eintragen lassen kann, warum sollte ich es nicht tun? Ich finde es hat auch etwas vertrautes/liebevolles, wenn Freunde und Familie eben die Kurzform benutzen.
    Vielleicht liegt meine Sympathie für die Langform mit Spitzname auch nur daran, dass ich Personen mit Spitznamen immer schon beneidet habe, da es für meinen Namen keine wirkliche Kurzform gibt.
    Was Kurzformen angeht, finde ich dann auch die traditionellen Kurzformen gut. Z.B. Liesi für Elisabeth und nicht etwa Eli

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  9. Wieso darf es nicht beides geben? Menschen, die lange Namen favorisieren und welche die kurze mögen? So gibt es eine tolle Namensvielfalt und jeder darf das rufen, was er/sie möchte. Immer dieses gemecker „das arme Kind als Erwachsener“ oder andersrum. Es gibt Professoren mit dem Namen Toni, mit dem Namen Maximilian, mit Friedrich, mit Tom, bald auch mit Finn oder Luca u.s.w.. Wenn ein Mensch sich vorstellt denkt man doch nicht als erstes: „Mensch also mit diesem Name hat der es zum Arztberuf geschafft?“ Ein Kurt? Ein Benedikt? Wenn die Person klug, sympathisch, weltoffen, womöglich sogar auch noch gut aussehend ist, dürfte sie es wohl mit (nahezu) JEDEM Vorname hinbekommen. (Hans Wurst hat es wahrscheinlich schon schwer). Also wer alte lange Namen mag: Nur zu. Und wer es kurz & knapp mag: Machen!
    Kein Kind oder Erwachsener „leidet“ damit oder schafft deswegen irgendeinen Beruf nicht. Gebt den Kindern und späteren Erwachsenen lieber Offenheit und Toleranz und Verständnis gegenüber anderen Meinungen mit auf den Weg. Das ist etwas, was für die Gesellschaft wirklich zählt.

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    • Ich muss gestehen, dass ich bei einer Frisörin namens Victoria tatsächlich mal darüber nachdenken musste, dass sie in ihrer Schule vermutlich keine „Siegerin“ gewesen ist. Sie war sehr attraktiv und hat meine Haare wirklich super hingekriegt, in der Hinsicht passte der Name wieder.
      Ich denke, so was passiert einfach unbewusst und wer von sich behauptet, dass er das jedesmal sofort reflektiere und gleich bewusst gegensteuere, dem glaube ich nicht 😉

    • Bei mir kommt es auf den Namen an. Ich mag sowohl Vollformen wie Elisabeth und Henry als auch Kurznamen wie Ella, Emma, Ben und Tom und Max. Meine Söhne würde ich tatsächlich auch einfach den Kurznamen geben, da mir Maximilian viel zu lang ist, Thomas zu altmodisch und Benjamin zu kindlich. Ich kann aber verstehen, wenn Eltern ihren Kindern die Langform geben möchte. Dann dürfen sie sich aber nicht wundern, wenn diese munter abgekürzt werden. Gerade Kinder sind da mit großem Eifer dabei und rufen Benni, Tommi, Angi, Lenchen und Mialein.

      Ich selbst mag die Kurzform meines Namens lieber und werde von Familie, Freunden und engeren Bekannten auch nur so genannt. Abgesehen von meiner Mutter, die nennt etwa genauso häufig die Vollform, diesen verwende ich nur auf Ämtern und in öffentlichen Bereichen (klingt einfach seriöser).

      Ich denke daher, es gibt solche und solche Kurznamen, wie Annemarie (meine Autokorrektur besteht hartnäckig auf Anne-Marie) es oben erwähnt hat.
      Es gibt Kurzformen, die ich seriös genug für die Erwachsenenwelt finde Mia, Ina, Tim, Mila, Lily und Ben. Auch Leni gehört für mich dazu, da mir Helene nicht so gefällt und ich eine Magdalena mit vollem Namen rufen würde, da mir der Klang gefällt. Abgesehen davon von Henri und Rosalie gehen-wieso nicht auch Leni?
      Bei Toni schwanke ich ein wenig.
      Namen wie Sissi, Susi, Kati, Tommi wirken aber viel zu kindlich. Eine Bekannte heißt Susi und hadert mit dieser Kurzform.

    • Und zu dem Berufsthema.
      Da man einen Baby bei der Geburt ja nicht ansehen kann, was es einmal werden möchte, sehe ich da auch keine Hindernisse. Doktor Mia Schneider wird mal eine genau so gute Ärztin wie Doktor Maria Schneider.
      Wäre aber lustig, wenn der Vorname zum Beruf passen würde.
      Rose wird Gärtnerin
      Felix wird Lottogewinner
      Maria wird Pfarrerin
      Bianca wird Ärztin etc.

  10. @Miez
    Das wäre wirklich lustig:
    „Rose wird Gärtnerin
    Felix wird Lottogewinner
    Maria wird Pfarrerin
    Bianca wird Ärztin etc.“

    @eosin hat natürlich auch Recht. Man ist sicher nie ganz frei von Vorurteilen… Auch ich nicht. Das bezieht sich wahrscheinlich oft darauf, wen man/ich kennen gelernt hat/habe.

    Ich wollte wirklich niemandem seinen persönlichen Geschmack schlecht reden. Die Geschmäcker sind verschieden und das finde ich gut! Ich wollte v.a. sagen, dass jedes Kind (auch ein Kevin, der muss jedoch mehr darum kämpfen) später als Erwachsener Erfolg haben kann. „Man macht sich (s)einen Namen.“ Nicht andersrum. Diese Generation bekommt nunmal (teilweise) andere Namen als die davor und die davor u.s.w… Wäre doch langweilig, wenn seit 1890 noch immer ausschließlich diese Namen vergeben worden wären (ich finde viele davon trotzdem gut). Ein bisschen Mut zu Neuem oder Anderem dürfen in meinen Augen aber ruhig auch ein paar Eltern haben, ohne gleich in bildungsferne Schichten eingeordnet zu werden. Manches etabliert sich dann eben bei Gefallen in der Gesellschaft, wie Tim, Tom, Toni, Ben und manches verschwindet wieder oder braucht erstmal wieder viele Jahre um wieder entdeckt zu werden.

    Und ja, manche Kurzformen sind natürlich ungewöhnlich und für viele vielleicht auch zu „süßlich“, wie die genannten… Sissi, Susi, Kati, Tommi. Eine Freundin von mir hat übrigens den ersten davon (normales Elternhaus, die fanden ihn einfach nur schön) – hadert aber zum Glück nicht damit, ist selbstbewusst und hört am häufigsten die „originelle“ Frage, ob ihr Partner Franz heißt… 😉

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