Ma-Ma-Margarethe: Namen bei Loriot

Namen bei Loriot

Aus gegebenem Anlass – seinem hundertsten Geburtstag – habe ich mir kürzlich noch mal die beiden Kinofilme von Bernhard-Viktor „Vicco“ Christoph-Carl von Bülow angeschaut. (Ja, es gab schon früher Eltern, die sogar als stumme Zweitnamen Bindestrichkombis vergeben haben!) Und da war sie, die feine kleine Szene in „Ödipussi“, als der Held des Films, das ältliche Muttersöhnchen Paul Winkelmann, seine Angebetete versehentlich mit Mama ansprach. Und daraus flugs ein gestottertes „Ma-Ma-Margarethe“ machte: Deshalb hieß die von Evelyn Hamann gespielte Figur also Margarethe! Ma-Ma-Margarethe liebt Pa-Pa-Paul?!


Ins Hundehäufchen getreten

Vicco von Bülow, Künstlername Loriot, war Perfektionist. Für eine Szene in „Pappa ante portas“ soll er Evelyn Hamann veranlasst haben, 34-mal in ein Hundehäufchen zu treten. Natürlich macht sich so jemand auch Gedanken über die Namen seiner Figuren. Und wie!

Loriot ergötzte sich an Nachnamen

Was auffällt: Loriot ergötzte sich an Nachnamen. Sogar so sehr, dass viele seiner Haupt- und Nebenfiguren in Sketchen, Cartoons und Filmen gar nicht erst Vornamen bekamen – ein vor den Nachnamen gesetztes Herr oder Frau genügte. Einfach bloß Herr Weber heißt der Untermieter, der schließlich im Kinderzimmer von Paul „Pussi“ Winkelmann logiert, Frau Kleinert die Haushaltshilfe in „Pappa ante portas“. Herr Hallmackenreuther ist der Verkäufer im „Bettenkauf“. Bei einem der „Herren im Bad“ kommt noch ein Titel dazu: Herr Müller-Lüdenscheidt und Herr Dr. Klöbner (nur echt mit Quietscheentchen) sind legendär.

Bitte sagen Sie jetzt nichts

Vornamen gibt es natürlich auch. Diese sind mir eingefallen: Aus den Sketchen zuallererst Hildegard („Die Nudel“, 1977, „Bitte sagen Sie jetzt nichts, Hildegard“). Im „Kosakenzipfel“ (1978) gibt es gleich vier Vornamen, weil hier zwei – zunächst einträchtig miteinander speisende – Paare Brüderschaft trinken: Erich und Roswitha Pröhl sowie Walter und Lieselotte Hoppenstedt (die zu diesem Anlass ihr Kind Dicki zu Hause gelassen haben). Und Erwin Lindemann („Der Lottogewinner“, 1976), der bei einer TV-Aufzeichnung schließlich sogar seinen Nachnamen vergisst.

Zwischen Heringsdorf und Borkum

In „Ödipussi“ (1988) gibt es neben Paul und Margarethe noch das niedliche alte Tantchen beim Scrabble, Tante Mechthild. In „Pappa ante portas“ dreht sich die Handlung um Familie Lohse: die Eltern heißen Heinrich und Renate, der 16-jährige Sohn Dieter. Renates Schwester heißt Hedwig („Hedwig, du bist das Schärfste, was mir jemals zwischen Heringsdorf und Borkum begegnet ist!“, dieser Satz stammt nicht etwa von ihrem Mann, Hellmuth …). Zwei etwas wunderliche Nachbarinnen kommen auch noch vor, Gertrud und Brigitte Mielke, ein Schokoriegelfabrikant namens Ernst Drögel, der Dichter Lothar Frohwein sowie als Running Gag Dieters wechselnde Freundinnen: Elisabeth, Püppi, Ulli und Emiko.

Wunderbar spießig

Loriots Figuren verhalten sich wunderbar spießig und tragen dazu passend tendenziell altbackene Namen. Na ja, jedenfalls gilt das für den ca. 1972 geborenen Sohn von Familie Lohse (Dieter). Ein Erwin Lindemann, im Jahr 1976 nach eigenen Angaben 66 Jahre alt, also Jahrgang 1910, hat einen für sein Alter ganz normalen Top-30-Namen. In moderne Hitlisten hat es von den Loriot-Namen bislang nur Paul geschafft, das Revival dieses Namens war beim Erscheinen von „Ödipussi“ sogar schon in vollem Gange.

Ich finde ja: Auch der Name Vicco hätte heute durchaus Potenzial. Seine eigenen Töchter nannte Loriot übrigens Bettina und Susanne.

12 Gedanken zu „Ma-Ma-Margarethe: Namen bei Loriot“

  1. Nicht zu vergessen Meredith Hesketh-Fortescue, die Cousinen Priscilla und Gwyneth Molesworth, Onkel Jasper Fetherston und die Tanten Amelie Hollingworth und Lucinda Satterthwaite, die zum Schwager Thomas Thatcham gefahren sind!

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  2. Und dann noch der Song aus Ödipussi:
    „Meine Schwester heißt Poly-Esther“… 😀

    Die Eltern von Margarethe heißen Gerda und Kurt Tietze (Gerda gespielt von Edda Seippel)

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    • Ja, diese Poly-Esther 🙂 Ich habe vor vielen Jahren mal einen Text über Kinderkleidung in den 60er und 70er Jahren geschrieben und dem – natürlich in Anlehnung an den Meister – den Titel „Meine Schwester trägt Polyester“ gegeben.

    • Und weil ich den Namen Esther in diesem Film kennengelernt habe, habe ich ihn fortan so wie in Polyester ausgesprochen. Bis ich korrigiert wurde, dass man korrekt Eeeesther sprechen würde. Dabei wurde ich aber auch korrigiert, Poly-Esther sei doch richtig. Ich hasse diesen Namen.

    • Ich sage auch immer „Estha“ und finde diese anspreche auch viel schöner als „Eeeesther“, das erinnert mich an die Säure (ohne h).

    • Ich kenne Esther auch als Essther.
      Hier in Schwaben gab es eine Schülerin, die sich als Eeesch-tr vorstellte. Zunächst kapierte ich nicht, welchen Namen sie da aussprach.

      Die Aussprache Eeester gilt oft als korrekt, weil man den Namen als Es-ther trennt, womit er also potenziell anders gesprochen wird als Wörter wie Nest, Rest, usw. Allerdings sprechen wir im Deutschen ja auch das Pronomen „es“ wie „ess“ aus (meistens, jedenfalls–es gibt Dialkete, wo das anders ist, siehe Schwaben). Insofern finde ich schlicht und einfach beide Aussprachen legitim, und niemand sollte sich über die eine oder andere aufregen.

    • Ich habe an mich meist den Anspruch, die Namen von Leuten so auszusprechen, wie sie sich mir vorstellen, zum Beispiel würde ich eine Frau nicht Steffi rufen, wenn sie sich als Stefanie vorstellt.
      Das bin ich letztens auch an meine Grenzen gestoßen, als eine Schwäbin sagte, sie heiße Kerschdien. Auf meine Nachfrage hat sie dann zu Kerstin verbessert.

    • @Ruth

      Ich würde eine Frau, die sich mir als Eeeesther vorstellt, auch so rufen, auch wenn es mir nicht gefällt. Eine Schulfreundin hieß Esther, sprach sich „Estha“ wurde aber häufig mit Eeesther angesprochen, sie hat das nie verbessert.

      Ich habe ja selbst immer gegen meine Namenswindmühle zu kämpfen, manche Kollegen sind unverbesserbar *seufz*

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