Ein Gesetz, das geschlechtseindeutige Vornamen vorschreibt, gibt es in Deutschland nicht. Es gab aber eine Dienstanweisung für die Standesämter, nach der geschlechtsneutrale Vornamen nur gemeinsam mit einem weiteren geschlechtseindeutigen Vornamen erlaubt waren. Diese Praxis wurde 2008 durch das sogenannte Kiran-Urteil für ungültig erklärt. Das Gericht erlaubte einer Familie, ihrer Tochter den aus Indien stammenden Unisex-Namen Kiran als alleinigen Vornamen zu geben. Seit diesem Urteil darf jeder Unisex-Vorname ohne zweiten Vornamen vergeben werden. Gegengeschlechtliche Namenvergaben sind weiterhin verboten, Mädchen dürfen also nicht Kevin heißen und Jungen nicht Jacqueline.
Geschlechtsneutrale Vornamen lassen „keine Beeinträchtigung des Kindeswohls sowie der Entfaltung der kindlichen Identität und Individualität“ erkennen, so die Urteilsbegründung. Trotzdem sind sie unpraktisch und stiften Verwirrung. Für intersexuelle Menschen sind Unisex-Namen ein Segen (demnächst wird divers als drittes Geschlecht offiziell eingeführt), für eindeutig weibliche oder männliche Menschen dagegen eine Last.
Unisexnamen werden in Deutschland nur relativ selten vergeben. Hier meine persönliche Liste der schlimmsten Unisex-Vornamen:
- Andrea
In Italien ist Andrea ein männlicher Vorname, im Rest der Welt ein weiblicher. Egal ob Mädchen oder Jungen – das Namensvorbild ist immer der biblische Andreas. Wahrscheinlich waren die Italiener die ersten, die ihre Kinder Andrea nannten, trotzdem wird außerhalb Italiens hinter diesem Vornamen eher ein Mädchen vermutet. Das ging sogar so weit, dass dieser Name in Deutschland von einigen Behörden als Jungenname abgelehnt wurde. - Simone
Mit dem Vornamen Simone verhält es sich genauso wie mit Andrea: in Deutschland heißen Mädchen so und in Italien Jungen. Genau genommen heißen Frauen Simone (und Andrea), denn diese Vornamen waren in den 1960er und 1970er Jahren angesagt. - Nicola
Auch Nicola ist ein italienischer Jungenname, den in Deutschland auch Mädchen bekommen. Dieser Name kommt nicht so häufig vor. Trotzdem ist er einer der schlimmsten geschlechtsneutralen Vornamen, die wir kennen, denn es heißen ungefähr gleich viele Frauen wie Männer so. Es gibt aber eine Hilfe bei der Geschlechtertrennung: Nicola (mit c) sind überwiegend Frauen und Nikola (mit k) überwiegend Männer. - Luca
Noch ein italienischer Jungenname mit der Endung -a. Luca kam aber erst viel später in Deutschland in Mode als Andrea und Nicola und hat sich (vielleicht deshalb) auch hierzulande als männlicher Vorname durchgesetzt. Es gibt auch zahlreiche Mädchen namens Luca, aber die sind deutlich in der Minderheit. Tatsächlich gibt es diesen Namen in Ungarn auch als weiblichen Vornamen. Die korrekte Aussprache wäre dann aber „lutsa“ und das habe ich in Deutschland so noch nicht gehört. - Nikita
Zwei Ereignisse haben dazu beigetragen, dass der russische Männername Nikita bei uns auch als Mädchenname etabliert wurde. Zum einen Elton Johns Hit Nikita aus dem Jahr 1985 beziehungsweise das Musikvideo des Titels, in dem Nikita als weibliche Soldatin dargestellt wurde. Zum anderen ist die Hauptfigur des französischen Action-Films Nikita aus dem Jahre 1990 eine Frau namens Nikita. - Robin
[Klischeemodus an] Robin Hood, der Rächer der Enterbten – Namensvorbild für viele heldenhafte Jungen namens Robin. Das englische Wort für Rotkehlchen – Namensvorbild für viele niedliche Mädchen namens Robin [Klischeemodus aus]. - Eike
Ich habe früher viel über den Fußballtorwart Eike Immel (Nationalspieler von 1980 bis 1988) gelacht, weil der einen Mädchennamen hat. Bis heute sind alle Menschen namens Eike, die ich persönlich kennengelernt habe, weiblichen Geschlechts. Inzwischen habe ich aber auch viele Menschen kennengelernt, die Eike nur als männlichen Vornamen kennen. Vielleicht eine Frage der Region? - Kim
Das musste ja schiefgehen. Einerseits ist Kim eine skandinavische Kurzform von Joachim und klingt ja auch so ähnlich wie die Männernamen Tim, Jim und Wim: eindeutig männlich. Andererseits ist Kim eine englische Kurzform von Kimberly: eindeutig weiblich. In Deutschland sind die meisten Kims weiblich, vermutlich dominiert der Einfluss aus der amerikanischen Popkultur mit den vielen Frauen namens Kim. - Charlie
Ich bin seit 1981 Fan der Rolling Stones mit ihrem Schlagzeuger Charlie Watts und darum seitdem der Meinung, dass Charlie (als Koseform von Charles) nur ein männlicher Vorname sein kann. Neuerdings heißen auch viele Mädchen Charlie. Ob die Disney-Serie Meine Schwester Charlie daran Schuld hat? - Noa
Es ist eine riesengroße Besonderheit, wenn ein Mädchen seinen Vornamen Noah schreibt. Dieser Name ist zur Zeit einer der häufigsten Jungennamen und kommt nur ausnahmsweise bei Mädchen vor. Die Schreibweise Noa ist viel seltener und wird bei beiden Geschlechtern fast gleich häufig vergeben.
- Hitliste: Vornamen, die für Mädchen und Jungen zulässig sind
- Meinung: Ich tu mich schwer mit Unisex
- Namensrecht: Namensvergabe bei unbestimmtem Geschlecht
Dieser Artikel ist zwar „schon“ 3 Jahre alt, aber hier meine spontanen Gedanken dazu: Ich war schon recht schockiert, wie rückwärts gerichtet der Autor mit seiner Meinung ist. Wir leben in einer Zeit, in der Gender-Normen immer mehr aufbrechen – endlich und zum Glück! Deshalb ist es doch wunderbar, dass es so viele Namen gibt, die für beide Geschlechter funktionieren. Ich finde sogar, dass das den Namen viel facettenreicher macht. Z.B. nehme ich den Namen Luca bei einem Mann einfach ganz anders wahr als bei einer Frau. In beiden Fällen toll.
Unterm Strich: Einfach etwas mehr Offenheit bitte!
Was ein Glück, dass ich mich dank meines Vornamens mal durch die Social media durchgeklickt habe…
ernsthaft? sind das eure probleme?
also: ich bin ü 60 und somit kein gendersprech-aktivist;) (eher im gegenteil, weil mich die verballhornung einer kultursprache in die verzweiflung treibt) aber: gibt es wirklich noch handlungs- und gesprächsbedarf wegen unklarer vornamen?
ich bin dann mal raus und denk mir meinen teil;)
Nachdem ich diesen und einige andere Beiträge interessiert gelesen und die Kommentare verfolgt habe, nun meinen Senf dazu (alles schon gesagt, nur noch nicht von jedem):
Die „Problematik“ der Unisex-Namen ergibt sich meiner Meinung nach hauptsächlich aus bestimmten Ursachen:
Im deutschen Sprach- und Kulturraum (zumindest in Deutschland) entspricht es dem alllgeinen Sprachgebrauch und -gefühl, dass Endungen auf -a oder -e gemeinhin mit „weiblich“ assoziiert werden. Weibliche Namen (ob aus der männlichen Form abgeleitet oder nicht) enden oft auf diese Vokale, männliche Namen dagegen häufig auf Konsonanten oder die Vokale -o oder bestenfalls -au.
Das ist das eine.
Dazu kamen dann in den letzten Jahrzehnten einige Trends bzw. Moden:
Althergebrachte Namen wurden entsprechend der immer schnellebrigen Zeit nicht nur in der täglichen Umgangssprache verkürzt, sondern auch „offiziell“ beim Namensrecht und den dafür zuständigen amtlichen Stellen. Im Ergebnis kamen dann identische weibliche und männliche „Kurznamen“ heraus (Christian/Christoph/Christina/Christine usw. = Chris als Beispiel).
Dazu kam die „Internationalisierung“, heute wohl Globalisierung genannt. Das klassische Beispiel Andrea dürfte wohl auch viel mit den italienischen Gastarbeitern zu tun haben und den o.g. deutschen Namenskonventionen.
Dann gibt es vornehmlich beim weiblichen (aber auch bei männlichen) Teil eine zunehmend beobachtbare Vorliebe, Namen im Diminutiv zu verwenden (selbst wenn diese an sich schon ein selbst einen solchen darstellen), bei Promis und solchen, die gerne welche wären, Zusammenziehungen zu bilden (siehe „Malu“, „Ska“, „Kajo“ usw.). Solche „originellen“ Pseudonamen werden dann durch den massiven Mediengebrauch quasi zu offiziellen Namen.
Neben dem inzwischen gewaltigen Bevölkerungsanteil mit Migrationsgeschichte gibt es auch noch den Trend, amerikanische Gepflogenheiten und Moden mit Gewalt nachzuäffen. Das gilt übrigens für alle Lebensbereiche, von Popkultur über Gastronomie, Wissenschaftsbetrieb bis hin zur Politik (siehe z.B. die marktschreierische Amerikanisierung der Wahlkämpfe, grauenhaft!) und vor allem das seuchenartig grassierende Denglisch im Alltag.
Was die Namen in diesem Zusammenhang betrifft: Welche Deutschen würden ihre armen Nachkommen Hoffnung, Schicksal, Bernstein … nennen? Allerdings, wenn ich mir die jüngste Berliner Liste (Kalender, February, Kamikazi, Merino…) so anschaue und die staatlich wohlwollend unterstützten Aktivitäten der jungen Generation allgemein… Aber das ist schon wieder ein anderes Thema.
Es sind vielleicht gar nicht so wenig Deutsche, die Namen wie Hoffnung, Schicksal oder Bernstein vergeben wollen, aber da war und ist seit alters her das Standesamt davor: Wörter aus dem alltäglichen Wortschatz werden bis auf wenige bekannte Ausnahmen (Ernst, Kraft, Trutz) nicht genehmigt. Das entfällt bei Fremdsprachen (egal ob Englisch oder Arabisch), die gehen durch.
Wobei, wenn ich scharf nachdenke, ließe sich Bernstein als Jungenname rechtfertigen, mit den Namenselementen Bern- (wie in Bernhard) und -stein, die für altdeutsche Namen im frühen Mittelalter gut belegt sind.
wie konnte dann Kalender genehmigt werden? da habe ich mich neulich schon gewundert.
Offenbar ist die Ablehnung oder Zulassung von Namen sehr viel unberechenbarer als ein Glückstreffer im Lotto. Die wenigen allgemeinen Rahmenbedingungen stellen auf das Kindswohl ab. Und darüber entscheiden allein persönliche Einstellung, Sympathien, Bildungsstand und Tagesform der Standesbeamten (im Zweifelsfall Richter) an die man gerät. Wie ich bisher anhand von Wikipedia und ein paar anderen Seiten feststellen konnte (alles unter Vorbehalt und ohne tiefere Nachprüfung):
Eins der für exzellente Fachkompetenz weltberühmten Gerichte in Hamburg hat zumindest vor 60 Jahren mal eine vernünftige, nachvollziehbare Entscheidung getroffen und den Namen Atomfried nicht zugelassen. Eine andere Stelle (ohne Angabe, wo und welche) ließ allerdings im 21.Jh. den Namen Solarfried zu. Gibt es also demnächst eine Renaissance von Win(d)fried? Ist dann auch Leuchtdiode erlaubt?
Zugelassen wurden u.a. auch Emily-Extra und Pumuckl.
Fanta ging in Köln durch mit der gerichtlichen Begründung, dass es ein üblicher Name in Westafrika sei.
Sunshine wurde vom LG Düsseldorf als weiblicher Name durchgewunken, in Saarbrücken aber als männlicher nicht.
Kiran (als unisex eingestuft) heißt wohl Sonnenstrahl (Hindi/Sanskrit) und ist verbunden mit einer Zäsur. Das Bundesverfassungsgericht änderte 2008 damit die bisherige Praxis, dass aus Namen eindeutig das Geschlecht erkennbar sein sollte. Kiran ging durch.
Sonne als deutscher Name wurde (allerdings schon 1994) von einem Gericht in Bayern nur in Verbindung mit einem weiteren eindeutig weiblichen Namen erlaubt.
Alpha (m) und Zeta (w) wurden von anderen Stellen ebenfalls mit eindeutigem Zweitnamen erlaubt.
Der doch recht gebräuchliche Kai unterlag bis 2005 auch dieser Einschränkung und darf erst seitdem alleine stehen.
Generell als Vornamen abgelehnt wurden u.a. Woodstock, Schröder, Verleihnix und Navajo. Aber auch Holgerson, Peterson, Lord und Pan (letztere sstehen in engl./slaw. einfach für Herr) und zum Glück auch Heydrich.
Micha und Mika sind als alleinige männliche Vornamen auch nicht erlaubt.
Milka hingegen ging durch. Ebenso Girlie und Homobono (Begründung: weil Eltern von den Philippinen).
Judas ist nicht erlaubt, Kain auch nicht, Jesus ist inzwischen zugelassen. Christus aber nicht, weil es das religiöse Empfinden von Mitmenschen verletzen könnte. Dschihad (zumindest in der Variante Djehad) wiederum ging durch.
Obwohl schon lange vor 1933 ziemlich häufig, wird die Erlaubnis für Adolf/Adolph (laut Wikip.) wohl im Einzelfall von den „Beweggründen“ der Eltern abhängig gemacht, was ich im Kontext aktueller politischer Entwicklungen für äußerst problematisch halte (vermutete/unterstellte Gesinnung nach Willkür?).
Auch Leute wie Anderssen und Kolping hatten diesen Namen.
Wird demnächst auch bei Erich und Heinz/Heinrich einzeln auf Gesinung gestestet? Oder bei Björn und Alice?
Und falls sich in ein paar Jahren die aktuellen pol. Mehrheitsverhältnisse geändert haben, kommen dann Angela, Markus, Olaf, Annalena und Robert in die verschärfte Namenswahlprüfung?
Laut anderen Seiten gingen übrigens auch Rapunzel, Tarzan, Bluna, Pepsi-Carola und Lemon durch.
Lenin, Sputnik, Trotzki, Stalin, Pol Pot und Idi Amin wohl eher nicht. Auch mit Corona und Influenza dürften künftige Eltern aktuell wohl auf Widerstände stoßen.
Seit ca. 50 Jahren hält sich auch hartnäckig die Legende, dass manche Eltern im damaligen Sowjetimperium und/oder der DDR als glühende Genossen für ihren Nachwuchs auf Namen wie Sozialisma oder Kommunisma bestanden, was dortige Standesbeamte und Parteifunktionäre in eine arge moralische Zwickmühle gebracht haben dürfte. Wenn es denn stimmt. Begegnet bin ich noch niemandem, der solche Namen vor 1990 hatte (und danach natürlich eine Änderung genehmigt bekam). Aber wer geht mit sowas schon hausieren? Gestoßen bin ich nur auf ein paar Seiten, wo Leute derartiges (über Bekannte) behaupteten.
Ach ja: Mechipchamueh wurde auch abgelehnt, was immer das sein mag.
Fazit: Schwieriges Terrain. Einerseits fast unbeschränkte Willkür durch Ämter/Gerichte möglich. Andererseits haben sie damit schon viel unnützes Leid für die Kinder dummer, eitler und verantwortungsloser Eltern verhindert. Es gibt noch viel mehr und schlimmere Beispiele als hier angeführt.