Jungs auf -o

Madonna hat einen. Verona Pooth hat sogar zwei: Söhne, deren Vornamen auf -o enden. Als ich neulich mal über den für mich recht wohlklingenden Namen des spanischen Ministerpräsidenten – Mariano – nachgedacht habe, ist mir aufgefallen, dass ich über diese Namenssparte hier noch nie ein Wort verloren habe. Aber jetzt!


Wer deutsche (oftmals eher: deutsch klingende) Namen so gar nicht schick findet, hat die verschiedensten Ausweichmöglichkeiten. Er könnte etwas Skandinavisches bis Lindgrenmäßiges wählen (Bjarne, Kjell, Lasse) oder was Französisches (Noel, Marcel, Pascal). Dass gerade sehr junge Eltern sich gern von US-amerikanischen TV-Serien inspirieren lassen, war hier schon häufiger Thema. Doch auch mit dem Buchstaben O endende Jungennamen aus Italien oder Spanien haben viele Freunde, fügen sich unserer Zunge oft leichter als Ami-Namen und verleihen statt eines „internationalen“ ein Flair, das an Ferien im sonnigen Süden erinnert. Oder so.

Am weitesten vorgeprescht ist derzeit Matteo (Platz 32). Das ist auch kein Wunder, schließlich klingt der italienische Matthias einfach frischer als sein sehr in den 70er Jahren verhaftetes deutsches Gegenstück. Dazu erinnert er sowohl an den gleichfalls beliebten norddeutsch-lindgrenmäßigen Namen Mattis (Platz 59) als auch an den derzeit bei Hipster-Eltern boomenden Theo (Platz 37).

Buchstabe O © hobbitfoot - fotolia.com
Grafik © hobbitfoot – fotolia.com

Noch eindeutiger zum südländischen Namen bekennen sich Eltern, die Emilio (Platz 110), Fabio (Platz 135) oder Leandro (Platz 140) vergeben. Diego (Platz 145) ist schon seit zehn Jahren in den deutschen Vornamens-Charts präsent. Der spanische Jakob könnte durch den Erstgeborenen der Halb-Bolivianerin Verona Pooth in Mode gekommen sein: San Diego, Jahrgang 2003 (der kleine Bruder heißt Rocco, wie Madonnas Spross). Vor allem lag es aber wohl an dem brasilianisch-italienischen Fußballer Diego. Auch der Name Tiago (Platz 188) hat ein Fußballer-Vorbild, diesmal aus Portugal. Nevio (Platz 212) hingegen stürmte vor neun Jahren die (Namens-)Charts, als ein Kandidat bei „Deutschland sucht den Superstar“ so hieß. Aktuell prophezeie ich Alessio (Platz 165) einen Sprung, weil das im Juni geborene Baby von Sarah Engels und Pietro Lombardi (noch mal DSDS) so heißt und ein Finalist von „Das Supertalent“ ebenso. Musikalische und/oder sportliche Größen – auch das sind Facetten, die bei der Vergabe von O-Namen mitspielen könnten.

Passt der Name Leonardo zu Nachnamen wie Müller, Meier, Schulze? Geschenkt, schließlich ging es bei den zahlreichen Jungen namens Marco in der Elterngeneration ja auch (der Name ist übrigens noch immer auf Platz 126). Kann ein Alessandro eine lindgrenmäßige Michel-aus-Lönneberga-Gedächtnisfrisur haben? Hm. Je seltener ein Name bei uns ist und je stärker er mit dem Herkunftsland assoziiert wird, desto eher befremdet ein solcher Gegensatz. Bedenkenswert finde ich auch Fragen wie „Muss unser zweiter Sohn einen mit -o endenden Namen bekommen, weil sein Bruder einen hat?“. Oder auch: „Unser Großer heißt Nevio. Für unsere Nummer zwei finden wir Fabio schön – geht das?“ Ich würde ja zumindest Endungen, bei denen zwei oder mehr Buchstaben gleich sind, meiden. Genauso würde ich Brüder auch nicht Fabian und Julian nennen wollen. Aber das ist natürlich bloß meine Meinung.

Ich selbst halte es eher mit (nord-)deutschen Kurzform-Namen auf -o: Friso und Frido, Enno, Benno und Thilo. Ach ja, und Carlo, den mag ich auch.

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38 Gedanken zu „Jungs auf -o“

  1. Schöner Artikel!
    Dann könnten wir ja evtl. auch den Geschmack der Autorin getroffen haben! Nilo (skan. Nikolaus) & Tamo (fries.) heißen unsere zwei…
    Allerdings ist mir aufgefallen, dass es schwierig werden würde, einen Mädchennamen auf -o und 4 Buchstaben zu finden!
    Aber wir sind zum Glück komplett und somit stellt sich die Frage nicht mehr.

    Antworten
    • Maarten, halten zu Gnaden, aber alle von Dir aufgezählten Namen (abgesehen vielleicht von Cato) sind weiblich!

      Clio – die Muse der Geschichtsschreibung. 🙂

      Und Juno halt ne olle 70er-Kippen-Marke. 😉

      Und Lilo Pulver.

    • Jan, ich hatte ja in meinem Kommi auch weibl. Namen mit -o und 4 Buchstaben erwähnt.
      ☺️
      Hab mal drüber nachgedacht, was wäre wenn, und dann keinen passenden entdeckt!

    • Maren und Maarten,

      tut mir leid, absolut mein Fehler… Hatte sozusagen den Dialog und die Schleife darin verpennt… Mea culpa.

    • Zur versuchten Wiedergutmachung meines Lapsus gestern:

      Momo! 🙂

      Das ist auch ein Mädchen!

      Aber die beiden Catos waren so knurrig-maskuline, konservative Politiker, daß man sich Cato kaum je als Mädchennamen denken kann…

    • Jan, für mich ist Cato auch weiblich. Die Widerstandskämpferin Cato Bontjes van Beek fällt mir da nämlich zuerst ein.

    • Cato (auf der zweiten Silbe betont), oft zu Catootje verniedlicht, ist eine geläufige niederländische Kurzform von Katharina. Sie ist wahrscheinlich vom französischen Cateau abgeleitet, obwohl dieser Name sehr selten ist.

      Als Männername ist Cato (auf der ersten Silbe betont) ursprünglich ein lateinisches Cognomen, vor allem durch Cato den Älteren und Cato den Jüngeren bekannt.

  2. Matteo höre ich auch unwahrscheinlich oft und kann den Hype nicht ganz nachvollzieren 😉

    Die Zunahme von Jungennamen mit -o habe ich auch beobachtet, in meinem Umfeld (oder meiner Region, MeckPomm/Berlin) aber eher: Hanno, Elmo, Hugo (wie unser Sohn), Gero, Enno ….

    Ich bin wieder schwanger und finde Hanno und Elmo toll, aber ein zweites -o kommt für uns nicht in Frage (und auch kein H). Wäre ich mir sicher, dass bei zwei Kindern Schluss ist, fände ich es schön, aber da wir weitere Kinder nicht ausshließen, wären wir bei einem dritten Sohn in „Zugzwang“. Und dreimal -o finde ich „affig“ oder sehr gewollt, würde aber diese Gemeinsamkeit dem Drittgeborenen nicht vorenthalten wollen …

    Wenke

    Antworten
    • Hallo Jan,

      ich wollte Heimo, Habbo usw. auch nicht in einen Topf werfen mit Hugo oder Otto. Gero oder Hanno kommen nur im Norden der Republik deutlich häufiger vor als im Süden, das liegt dann an den Namenmoden (und den verschobenen Trends). Auch Otto und Hugo gelten im Süden noch als sehr altbacken, während sie „im Norden“ ziemlich en vogue sind. Sie sind nicht speziell friesisch und auch nicht rein norddeutsch, ganz klar.
      Und Elmo habe ich hier in Berlin gehört 🙂 Ein toller Geheimtipp!

      Tschö

    • Och, ich bin ganz nüchterne Landeskirchlerin 🙂 und fühle mich allermeist nicht wohl in freikirchlichen Gottesdiensten (das war nicht immer so, aber ich durfte etwas tiefer blicken).

      Hugo und Otto, das ist super. Aber zweimal o …… . Wir haben bisher Albert, Raban, Wieland, viell. Alfred …. das ist schwer.
      Es muss ein Mädchen werden, der Name steht nämlich komplett fest!
      Bei Hugo war es genau andersherum, wir hatten nur den Jungennamen und er wurde ja auch einer 🙂

    • Also, Gero, das ist der Markgraf Gero. Otto, das ist Otto der Große. Und Hugo eben Hugo Capet. 😉

      Das sind einfach andere Feldpostnummern als Heimo, Hanno, Immo, Wilko, Elmo etc.

      Alles Gute, Christin! 😀

    • Wenke, olle Freikirchlerin, 🙂

      wenn’s wieder ein Junge wird, würde ich wirklich mal über Otto nachdenken. Das paßt so gut zu Hugo! Und zu Euren Christen-Gebräuchen ja wohl auch…

      Zu Mädchennamen fällt mir gerade nischt ein, abgesehen von dem immer passenden Maria. Oder eben norddeutsche Marie? 🙂

      Jan

    • Na, Du weißt vermutlich besser als ich, daß es auch in den Landeskirchen evangelikale Nischen gibt, die wenig mit der öffentlich wahrgenommenen, irgendwie-linken Bischöfin-Käsemann-Kirche zu tun haben. Und wohl auch, daß es derlei sogar in der DDR gegeben hat.

      Zu Alfred aber eine Anekdote: Der olle Krupp (also der eigentliche Begründer der Dynastie) hat sich von Alfried in Alfred umbenannt – weil das in seinen Ohren englischer, also moderner geklungen hat. 😉

      Hanno kann ich als Hannoveraner aber wirklich als Vornamen nicht ernstnehmen, insofern das halt der Funkrufname der Hannoveraner Polizei ist/war.

      Wir stolzen Menschenkinder
      Sind eitel arme Sünder
      Und wissen gar nicht viel.

      Das sozusagen als Nachtrag zum Tod von Helmut Schmidt, der dieses einzig halbwegs erträgliche Gedicht des Evangelikalen Matthias Claudius als sein Lieblingslied bezeichnet und sich auch zu seiner Beerdigung gewünscht hat.

      🙂

    • Mein Opa, 1904 geboren, hieß Otto, sein nächster Bruder Hugo 🙂 Weitere Geschwister waren Helmut, Wilhelmine, Traute (Waltraud?) und Irmgard.

      Albert und Wieland gefallen mir auch sehr! Oder wie wäre Hans? Alles Gute Dir!

    • Herzlichen Glückwunsch und alles Gute!

      Die Argumentation mit nicht noch einer o-Endung kann ich nicht ganz nachvollziehen, zum einen scheinen Euch solche Namen zu gefallen, zum anderen könnte im Fall der Fälle Gemeinsamkeit doch auch sein, dass alle Jungs ein Silbenende auf o haben – Hugo, Otto und Johann passen m.E. auch hervorragend. Ich bin schon gespannt auf Eure Kombi!

    • Danke für eure Wünsche!

      Annemarie: Wilhelmine ist ja toll! Ich kenne mehrere Kleine.
      neuhier: Es wird kein weiterer O-Name, uns gefallen ja auch andere 😉 Evtl. bei einem 4. Kind *hüstel*, welches ein Junge ist, als Rahmen sozusagen (oder ein weiteres H: Hanno, Hilde …)
      Jan: ich bin auch ganz sicher in keiner Nische 😉 Aber ja, das gibt es natürlich, kenne auch persönlich solche Gemeinden in MeckPomm.

      Wenke

    • @Jan:

      Wieso passt Otto zu „euren Christengebräuchen“? Mein Umfeld ist sehr evangelikal, und da gibt es keinen einzigen Otto. Übrigens auch gar nicht mal ein so großes Übergewicht an biblischen Namen. Die Kinder in unserer Baptistenkirche heißen auch alle Lynn, Ben, Lennox, Jonna, Emma, Luca, usw. Nicht, dass ich persönlich es nicht toll fände, wenn es ganz viele Jakobs, Abrahams, Josias, Josuas, Sarahs, Rahels und Marias gäbe…

    • Die Kinder in unserer Baptistenkirche heißen auch alle Lynn, Ben, Lennox, Jonna, Emma, Luca, usw.

      Mark,

      na, da paßt ja zu meiner zornverblendeten, aber auch nicht ganz unbegründeten Sicht der Evangelikalen als Untererschichties. :mrgreen: (Ich bitte wirklich und nochmals um Pardon: Ich habe da persönliche Traumata, die für mich sehr wichtig sind, die aber hier definitiv nicht hingehören.)

      Hugo und Otto passen für mich einfach als Namen von wichtigen abendländischen Herrschern zusammen – von uns Deutschen und von unserem franzöischen Brudervolk. Einmal nach Hugo Capet, dem Begründer der Capetinger-Dynastie. (Bekanntlich wurden Ludwig XVI. als „Bürger Luis Capet“ geköpft.) Und einmal als Name Ottos der Große, wichtigster Kaiser des Reiches unter der Sachsen/Ottonen/Liudofinger-Dynastie, Mehrer des Reiches, Kaiser der Römer und der Franken, Sieger über die damals wirklich unheimlichen Ungarn. Mein niedersächsischer Landsmann. 🙂 Ich hatte es, glaube ich, schonmal erwähnt: das erste, was ich 1990, als die Grenze offen war, gemacht habe, war, in einem ollen Ford Escort nach Magdeburg zu tuckern, um das Grab Ottos des Großen zu besuchen. 🙂 Daher. 🙂

    • Einmal nach Hugo Capet, dem Begründer der Capetinger-Dynastie. (Bekanntlich wurden Ludwig XVI. als „Bürger Luis Capet“ geköpft.)

      Auf deutsch natürlich Kapetinger und allemal Louis und nicht Luis. 🙄

      Sorry, Boyz’n Girlz.

      („Boyz’n Girlz“ ist mittlerweile wirklich eine Signatur in der hiesigen Stadtteil-Bibliothek, wie ich am Freitag mit einigem Entsetzen festgestellt habe. Halt so für das, was man früher Mädchen-Schund-Romane genannt hätte und was heute irgenwie nach „Gender für Youngsters“ riecht.)

    • Hallo Wenke,

      alles Gute!

      Ich bin gespannt, wie die kleine heißen wird, der Bruder hat ja eine sehr wilde Namensmischung …

    • @Jan:

      Wieder muss ich doch mich etwas gegen eine Deiner Aussagen über Christen sträuben.

      Erstens sind die von mir erwähnten Namen in der Gesamtbevölkerung unheimlich gängig (z.B. wer kann wirklich behaupten Luca und Emma würden nur von der Unterschicht vergeben?); zweitens befindet sich unsere Kirche in einem Dorf bei Gießen, das eher beliebter Vorort als Unterschichtsviertel ist, und die Leute in unserer Kirche sind Ärzte, Apotheker, Lehrer, Förster, Geschäftsleute, Bauern, Mechaniker, Autohändler–alles nur erdenkliche, können also wirklich nicht als Unterschicht tituliert werden; drittens verstehe ich nicht, wieso Du so auf Sozialschichten fixiert bist und als angeblicher Linker die Unterschicht von oben herab zu betrachten scheinst; viertens verstehe ich auch nicht, wieso Du der Meinung zu sein scheinst, dass nur unterschichtige Leute gläubig sein könnten, und was beinhaltet diese Meinung (z.B. hältst Du ärmere Leute für dümmer und deshalb gläubig, weil Glauben und Dummheit ja Hand in Hand gehen?); fünftens verstehe ich immer noch nicht, warum Otto ein evangelikaler Name sein soll (das er mit unserem christlich-abendländischen Erbe zu tun hat, ist klar, aber Evangelikale vergeben ihn meiner Erfahrung nach trotzdem so gut wie nie, und auch die anderen germanischen Namen werden selten vergeben).

      Die Aussagen über Christen machen alle für mich hinten und vorne keinen Sinn.

    • Mark (und die anderen),

      erstens meine ich doch durch die Wortwahl und durch den Mr.-Green-Smilie angedeutet zu haben, daß der Satz mit dem „unterschichtig“ nicht sooo ganz ernst gemeint war…

      Zweitens habe ich auch gesagt, daß ich wirklich ein persönliches Trauma mit einer bestimmten Evangelikalen-Gruppe mit mir herumschleppe. Es geht um den Selbstmord einer Ex-Freundin aus Studententagen, den ich jener Gruppe ganz wesentlich mit anlaste. Ich kann über diese Leute einfach nicht ganz neutral reden – und jedermann hier ist um freundliche Duldsamkeit mit meiner Unduldsamkeit gebeten.

      Drittens denke ich als Sozialist selbstverständlich in sozialen Schichten, in Klassen. In was denn sonst? In Nationen, Rassen oder Religionen? Natürlich nicht.

      Viertens bedauere ich es gewiß – wie viele Linke –, daß es heute kein klassenbewußtes, politisch organisierbares und selbstorganisationsfähiges Proletariat mehr gibt. Sondern die berühmten „bildungsfernen Schichten“, die seit dreißig Jahren vom rechten Privatfernsehen verblödet werden und knapp darüber die abstiegsbedrohte und daher oft ressentimentsgeladene untere Mittelschicht, deren Haß auf diejenigen, die noch ein bißchen weiter unten stehen, seit vielen Jahrzehnten von der Springer- und der sonstigen Rechtspresse gefüttert wird.

      Fünftens ist es der Religionssoziologie seit Jahrzehnten bekannt, daß die Leitfiguren und auch die Mehrheit der Anhänger von schriftgläubigen, abrahamitischen Fundamentalismen (ob nun christlichen, jüdischen oder islamischen) aus der naturwissenschaftlichen Intelligenz und der leidlich gutverdienenden Mittelschicht stammen. Das paßt ja auch ganz gut zu den von Dir namhaft gemachten Berufsgruppen in Deiner Gemeinde. Materiell in der Regel arrivierte, aber mental mindestens ein bißchen schlichte Leute. „Schöngeister“, „Belletristen“, Intellektuelle, Snobs, Leute aus der Schönen Welt und richtige Theologen wirst Du unter Fundamentalisten hingegen kaum je finden. (Und Outsider, Rebellen, Proleten im besten Sinne auch nicht.) Denen ist die Schriftgläubigkeit zu platt, die Leute sind zu piefig, die Rechthaberei und der Auserwählheitsdünkel zu offensichtlich hinterweltlerisch – eben das, was (nach Asserate) das Bonmot „Ein Baptist kann kein Gentleman sein“ auf den Punkt bringt. Ja, hier spielt der alte sowohl salonbolschewistische als auch hochreaktionäre Traum vom Bündnis von ganz oben und ganz unten gegen die verfluchte Mitte eine gewisse Rolle. Als Sozialist ist mir ein Tory immer noch erheblich lieber als ein Whig. 🙂

      Fünfeinhalbstens übrigens würde ich aber auch kaum je das – in andere Sprachen notorisch unübersetzbare – Wort „Spießer“ verwenden. Schon, weil es zu viele Spießer selbst verwenden. 😉 Und weil es heute auch noch permanent zur Diskreditierung der DDR und des Realsozialismus eingesetzt wird.

      Sechstens halte ich es, was den Zusammenhang von Religion und Dummheit angeht, natürlich mit Marx’ berühmten Opium-Diktum. Jedenfalls dann, wenn die Leute anfangen, „ihren Glauben wirklich ernst zu nehmen“. Das macht man irgendwie nicht. Ich bin qua Temperament und Veranlagung einfach areligiös und Agnostiker – Religion ist was für Frauen, so wie Horoskope und Klatsch-Zeitschriften. Aber die Allgegenwart von Religion in der BRD kann einem doch zum Religionshasser werden lassen. Daß mir dann freilich immer wieder Religiöse doch lieber sind als irgendwie-linksliberale Dussel-Spackos mit Spiegel-Abo teurer Kaffee-Maschine, steht wiederum auf einem anderen Blatt. Das Leben ist eben, Gott sei Dank, kompliziert.

      Siebtens schließlich habe ich die Namen Hugo und Otto doch gerade wegen ihrer ehrwürdigen Tradition nicht als evangelikale, ostfriesische oder arbiträr-moderne Namen bezeichnet, hatte sie in eine andere Kategorie stellen wollen! Und meine Güte, auch einer der Besitzer der beiden Hände im Logo der SED hieß Otto! 🙂

      Boah, um Pardon für den langen Sermon! :-/

    • @Jan:

      Nun, danke für Deine Erwiderung. Ich glaube, ich verstehe Dich besser als zuvor.

      Immer noch habe ich den starken Eindruck, dass Dir Kategorien und Schubladen allgemein zu wichtig sind und Du Leute zu schnell in verschiedene Schemen einordnest; diese Schemen passen oft nicht sehr gut. Z.B. komme ich aus der christlichen akademischen Welt in USA, die voller Schöngeister und Künstler ist, voller alternativer Leute, die total kontrakulturelle Lebensweisen verfolgen, usw. Auch sind viele meiner christlichen Freunde z.B. Philosophieprofessoren, etc. Auch unsere deutsche Gemeinde finde ich in Deiner Beschreibung nicht wieder (und es ist schon seltsam, sie von Dir beschrieben zu sehen, obwohl Du sie nicht kennst und sie Dir, um ehrlich zu sein, auch schlecht vorstellen kannst).

      Was die Männlichkeit oder Weiblichkeit von christlichem Glauben angeht, so würde ich auf die vielen Märtyrer verweisen, die dieser Tage dem IS die Stirn bieten und lieber in den Tod gehen als ihren christlichen Glauben zu verleugnen. Ich habe übrigens sehr viel mit aramäischen und assyrischen Christen zu tun–die sind alles andere als Weicheier. Auch die Kirchenväter, wie der Wüstenvater St. Antonius, oder St. Martin von Tours, sind alles andere als sentimentale Gefühlsdusel.

      Deine schlechten Erfahrungen tun mir leid. Auch ich habe schlechte Erfahrungen mit christlichen Gruppen gehabt. Es kann da Entwicklungen geben, die letztendlich unorthodox-ketzerischer Natur sind und Menschen zerstören. Das habe ich auch erlebt.

      Würde weiter schreiben, aber mein Sohn ist gerade gekommen, und jetzt kann ich nicht mehr denken….

      Mark

    • Mark,

      na, was diese „christlich-akademische Welt in den USA“, jene „Alternativen“ und diese „christlichen Philosophieprofessoren“ sein sollen, möchte ich mal lieber nicht zu genau wissen…

      Kennst Du den kleinen Roman „Der stille Amerikaner“ von Graham Greene? Das neo-christliche Äffchen George W. Bush und seine Cheney-Rumsfeld-Entourage haben exakt mit diesen Leuten operiert – mit irgendwelchen weltfremdem Trotteln aus VS-„Elite“-Universitäten. Wenn sich diese Typen (und ihre europäischen Knechte) in Syrien, im Irak und in Libyen nicht nach Herzen hätten austoben können, hätten Deine christlich-arabischen Freunden heute übrigens keinen Vorwand, sich hier in Deutschland breitzumachen. Aber nein, die Evangelikalen mußten unbedingt die Regimes der Assads (und der alte Assad war wirklich ein großer Mann), Saddam Husseins und Gaddafis kaputtmachen, weil sie das an der Iowa State University oder in Yale oder bei John Hopkins mal so gelernt hatten. För fridömm änd Timookrzi!

      Unsere guten russischen Verbündeten und Freunde (die unser Deutschland immerhin mal so nebenbei vom Faschismus befreit haben) müßten heute nicht ihre Köpfe in Syrien hinhalten, um dort zu retten, was eben noch zu retten ist, wenn die VSA-Evangelikalen nicht existieren würden.

      Und wir hier dürfen heute mit den Flüchtlingen (von denen ein Teil offenbar Deine Freunde sind) klarkommen.

      Alle Pest und alles Elend dieser Welt kommt von den Ami-Christen, und alle Welt muß sich gegen sie wehren. Gott sei Dank ist Rußland unter Präsident Putin wieder auferstanden. Wenn Deutsche und Russen zusammengehalten haben, war es immer gut für beide. Wir Deutschen werden den Russen ihre naive Frömmigkeit nachsehen – die Russen uns Deutschen unsere Langweiligkeit. Unter dem Stichwort „Rapallo“ können wir die ganze neoliberale Ami-Christen-Evangelikalen-Kapitalisten-Welt aufrollen.

      Unter Männlichkeit und Weiblichkeit (ich hatte das Thema in meiner Antwort, wenn überhaupt, nur kurz angerissen…) verstehe ich etwas anderes als idyllische VS-amerikanische oder arabische Macker-Klischees von Massakern und Maschinenpistolen. (Obwohl wir Deutschen immerhin noch die besten MPs der Welt bauen. 😉 )

      Hm, ich lese gerade die Erinnerungen des grandiosen Markus Wolf, dreieinhalb Jahrzehnte lang Chef der unschlagbaren HVA und damit Nr. 2 des MfS der DDR. Der ist, als Kind eines jüdischen Flüchtlings vor den Nazifaschisten, in der Stadt Moskau aufgewachsen… Da kann man einmal etwas über Multikulturalität und Internationalismus lernen. Das war damals und dort schon alles ein bißchen weltoffener und internationaler als in einer Freikirchler-Gemeinde in Gießen, die ich zugegebenermaßen nicht von innen kenne und auch nicht kennenlernen möchte.

      Und diese verfluchten Ami-Christen haben nicht nur Abermillionen von Menschen umgebracht, mehr als alle anderen Fanatiker der letzten tausend Jahre zusammen, sondern sie haben auch meine A. in den Tod getrieben.

    • Jan,

      Meine Kollegen waren von Anfang an gegen den Sturz Assads. Wieso meinst Du so viel über meine Kollegen zu wissen? Und wer sprach von Eliteunis? Ich bin aus Fort Wayne, Indiana…

    • Letztendlich geht es mir darum, dass Du meine Welt zu kennen glaubst und ständig Karikaturen davon lieferst, die mit der Realität nichts zu tun haben. Du hast auch kein Recht Dich über die christliche akademische Welt in den USA lustig zu machen. In den USA wurden an allen Ecken und Enden christliche Universitäten gegründet, schon seit dem 18. Jahrhundert. Viele von ihnen, wie Notre Dame, haben Weltklasse. Die kleineren haben auch oft hervorragende Forscher und Lehrer. Sie publizieren in denselben Journalen und Verlagen wie alle anderen. Du kennst diese Welt nicht. Ich glaube, sie ist Dir vollkommen fremd, und Du könntest sie Dir nicht vorstellen, auch wenn Du wolltest. Genauso wenig kannst Du Dir die Erfahrungen der assyrischen Christen vorstellen, die sich hier „breitmachen“ um Deinen wertungsgeladenen Begriff zu verwenden.

      Mein Beiträge hier zielen alle darauf ab, Dir deutlich zu machen, dass Du nicht so viel weißt und verstehst, wie Du in Deinen Kommentaren suggerierst.

      Auch der Angriff auf meine Freunde trifft mich persönlich. Ja, es sind Philosophieprofessoren. Sie kennen ihren Marx wahrscheinlich besser als Du, dazu alles seine Kommentatoren und Nachfolger. Sie kennen ihren Nietzsche und ihre postmodernen Grammatologen genau so gut wie ihren Aquinas, Ockham, Aristoteles, Augustinus und Anselmus. Einige meiner Kollegen publizieren mit Cambridge University Press. Du hast kein Recht, sie unwissend in Frage zu stellen.

      Du gehst zu weit–da dies der einzige Blog ist, auf dem ich mich rumtreibe, und ich hier regelmäßig schreibe und reinschaue, bin ich ständig mit Dir konfrontiert. Deshalb musste ich jetzt doch etwas sagen. Auch um uns Christen nicht verleumden zu lassen.

    • [Die Beiträge von 18:36 (Mark) und 18:41 (Jan) waren natürlich Überkreuzungen.]

      Mein Beiträge hier zielen alle darauf ab, Dir deutlich zu machen, dass Du nicht so viel weißt und verstehst, wie Du in Deinen Kommentaren suggerierst.

      Nun gut, dann danke ich Dir für den wiederholten Hinweis auf diese offensichtliche Tatsache. Ich nehme sie gerade von jemandem, der immer wieder die mittelalterlichen Heiligen-Schauergeschichte der Legenda Aurea für historische Fakten nimmt („der Heilige Martin war…“) und der in seinen Äußerungen zu Bibelpassagen gelegentlich hinter die Ergebnisse von zweihundert Jahren historisch-wissenschaftlicher Textkritik (im wesentlichen übrigens geleistet von deutschen lutherischen Theologen) zurückfällt, dankend und ergriffen zur Kenntnis.

      Mir hat übrigens vor Jahren mal ein deutscher Evangelikaler mit gläubigen, freudestrahlenden Hundeaugen erzählt, daß führende Theologen in den USA nun endgültig die Schichtung der Mose-Bücher in jahwistische, elohistische und priesterschriftliche Passagen widerlegt hätten. 😉

      Natürlich habe ich keinerlei Einblick in die Welt der US-amerikanischen „christlichen Philosophieprofessoren“, die alle in erstklassigen Zeitschriften publizieren. Von einer Universität in einem amerikanischen Ort namens Notre Dame habe ich wirklich noch nie gehört. „Christliche Universitäten“, das gibt es eben einfach bei uns nicht (mehr), so wie es hier eben auch keine islamischen Universitäten wie in Ägypten oder im Iran gibt, in deren Lebens- und Geisterwelten ich leider auch kaum Einblicke habe.

      Sowenig übrigens in der Tat wie in die erschröcklichen Schicksale Eurer assyrisch-christlichen Freunde, die hierzulande ohne Zweifel eine kulturelle Bereicherung sind.

      Wir armen Idioten hier in Europa hören oft, daß es in den USA christliche Professoren an Elite-Universitäten gäbe, die forderten, daß man an den Schulen lehren solle, daß es keine Evolution gegeben habe und daß die Erde erst 4000 Jahre alt sei. Ja, sage mal, stimmt das denn?! Wir sind hier leider nicht ganz auf dem neuesten Stand der US-amerikanischen Forschung und ihrer christlichen Philosophieprofessoren, die alle auch noch alle Marx und Nietzsche und alle ihre Nachfolger und Kommentatoren gelesen haben.

      Und ich finde es auch vorbildlich, daß US-Amerikaner wie Huntington, Fukuyama, Goldhagen, Friedman oder damals William James in ihren erstklassigen Zeitschriften immer so wunderbar kompetent über Europa geschrieben und gelehrt haben.

      LG

      Jan

  3. In der Kita unserer Tochter gibt es einen FENNO, das hatte ich bis dahin noch nicht gehört. Anfänglich dachte ich: Eine Mischung aus Finn und Benno?? Inzwischen hat man sich daran gewöhnt 😉 Der Träger füllt den Namen eben.

    Leider habe ich bisher aber keine Infos zu dem Namen finden können, nur etwas zu Fenna (weiblich). Weiß jemand mehr??

    Antworten
  4. Die südländisch-exotische Mode hat mich schon bei Marco irritiert (nun, ja, kann auch etwas damit zu tun haben, dass ich Mark ohne O heiße). Emil statt Emilio, Alexander statt Alessio, Matthias statt Matteo–das klingt gleich heimatlicher, bodenständiger, traulicher.

    Timo ist noch ganz schön. Die alten friesischen Abkürzungen wie Enno und Co auch, aber nur für Norddeutschland. Hugo, Otto, Thilo, und Benno finde ich toll.

    Wünsche mir so sehr, ich könnte so einen alten deutschen Namen an ein Kind vergeben–aber meine Frau und ich haben uns darauf geeinigt, nur rumänische Namen als Erstnamen zu vergeben, um die rumänische Identität unserer Kinder zu pflegen. Also, Hugo, Otto, Benno, Karl, Friedrich, usw.–Adieu. Findet andere Liebhaber, die euch vergeben…

    Antworten
  5. Matteo ist meines Wissen nach NICHT die italienische Form von Matthias, sondern von Matthäus. Die italienische Form von Matthias ist Mattia.
    Kenne selber einen 11-jährigen Matteo, zu dem der Name gut passt, kann ihn mir daher gut auch an einem blonden Kind ohne italienischen Migrationshintergrund vorstellen. Im Vergleich zu anderen italienischen Namen ja auch vergleichsweise gut auszusprechen für deutsche Muttersprachler. Nur das mit dem doppeltem t bereitet manchen etwas Schwierigkeiten, da man das ja auch doppelt spricht.
    Ansonsten sind mir bei Kindern in den letzten Jahren noch Nico, Timo, Leo, Nino, Theo, Tino und Benno begegnet. Die ersten beiden mehrmals.

    Antworten
    • Ja, den selben Ursprung schon, sind aber ja trotzdem zwei verschiedene Namen. Da Matthäus und Matthias in Vornamenlexika etc. und auch hier getrennt aufgeführt werden, würde ich auch Matteo und Mattia getrennt behandeln. Genauso wie zB Leon und Leonard, Sophie und Sophia, Johanna und Johannes etc. auch den gleichen Ursprung haben, aber natürlich trotzdem als zwei verschiedene Namen behandelt werden

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