Kleine Kinder zaubern ungerührt die erstaunlichsten Namenskreationen aus dem Hut. Als meine Tochter knapp drei war, erzählte sie einige Zeit Geschichten von einem Jungen namens „Batsiloke“. Jetzt ist sie gerade fünf geworden und verblüffte mich neulich mit der Überlegung, ein neues Stofftier „Loki“ nennen zu wollen (nicht verwandt oder verschwägert mit dem von ihr längst vergessenen Batsiloke).
Von nordischer Mythologie hat ihr nie jemand etwas erzählt. Also war mein erster Gedanke, sie könne irgendwie etwas von Loki Schmidt, im Hamburger Raum noch recht präsent, aufgeschnappt haben. Zweiter Gedanke: Für mutige Mädchen-Eltern könnte Loki eigentlich ein interessanter Name sein. Niedlich wie die modische Leni und dazu mit Lokalkolorit. Dritter Gedanke: Solche Namensideen für Lokalpatrioten müsste man sammeln. Vorläufig holte mein Kind mich aber wieder runter von meiner Gedankenwolke: Es kannte den Namen Loki von einem „Filly“-Pferdchen. Wie schnöde.
Trotzdem, die Hamburg-Namen wollten gesammelt werden. Zwar kann man hierzulande sein Kind nicht à la Brooklyn Beckham nach Orten benennen. Mit etwas Phantasie hat man aber doch einige Möglichkeiten, Verbundenheit mit seiner Stadt oder Region auszudrücken. Hier meine bunt gemischte und sicher noch lange nicht vollständige Liste:
- Loki – siehe oben
- Michel – nach dem Hamburger Wahrzeichen
- Jette – die „Zitronenjette“ war ein Hamburger Original
- Pauli – ist ein echter Mädchenname und perfekt für alle St. Paulianer, denen Paula oder Paul zu wenig ist
- Alste – nach dem Gewässer, ich las neulich erst von einer kleinen Alste in der Zeitung
- Elba – das Pendant gibt es auch, könnte allerdings für eine Anspielung auf die gleichnamige Insel gehalten werden
- Hans – eigentlich unumgänglich für Hanseaten, auch wegen Hans Hummel und Hans Albers
- Heidi – für Frau Kabel
- Fiete, Jost, Hein – männliche Gegenstücke zur Kabel
- Erna – Klein-Erna-Witze sind zwar aus der Mode, aber auch typisch hamburgisch
- Und wo verbringt der Hamburger gerne sein Wochenende? Richtig! Warum da nicht das Töchterchen Sylta nennen? Bei meiner Recherche stieß ich auf die Schauspielerin Sylta Fee Wegmann, die angab, ihre Mutter habe den Namen Sylta in einem Filmabspann gelesen. Lustig, dass ihre Tochter den Namen jetzt ebenso verbreiten könnte.
Sie finden Berlin viel toller als Hamburg? Dann habe ich auch was für Sie: Nennen Sie Ihren Sohn doch Auberlin (noch cooler: Urban Auberlin), ein im Mittelalter gebräuchlicher schwäbischer Name. Oder einfach: Alex.
Herrlicher Artikel! 🙂
Aber was hat es mit „Batsiloke“ auf sich?
Das wird wohl für immer ein Mysterium bleiben 🙂 Aber der Klang ist nicht schlecht, oder?
Diese Gedanken habe ich mir auch schon mal über Berlin gemacht. Mir sind neben Alexander noch eingefallen:
Friedrich (wie die Friedrichsstraße)
Charlotte (wie Charlottenburg)
Charlie (wie der Checkpoint Charlie)
Ernst (wie der ehemalige Bürgermeister Ernst Reuter)
Leopold oder Leo (wie der Leopoldplatz- verkürzt Leo-, den aber außerhalb Berlin wahrscheinlich keiner kennt)
Nikolai (wie das Viertel und die Kirche)
Havel (scheint tatsächlich ein tschechischer männlicher Vorname zu sein)
Ede, Bolle und Nante (Berliner Originale)
mittlerweile wahrscheinlich auch weit bekannt Cindy (aus Marzahn)
Sehr cool!!!
Lustige Idee.
Was mich wundert ist diese Einschätzung:
>Pauli – ist ein echter Mädchenname und perfekt für alle St. Paulianer, denen >Paula oder Paul zu wenig ist
Pauli kenne ich nur als Nachnamen (auch mit -y am Ende), auch bei der Ex-CSU-Politikerin Gabriele Pauli ist’s der Nachname. Als Vorname geht ein lateinischer Genitiv (von Paulus) eigentlich gar nicht.
Laut dem „Internationalen Handbuch der Vornamen“ ist Pauli ein männlicher Vorname mit Belegen aus dem Rätoromanischen, Dänischen und Schwedischen.
Ich habe Pauli auf mehreren Namens-Websites als Mädchennamen gefunden, als „baskisch“ oder auch „dänisch, finnisch, lateinisch“. baby-vornamen.de schreibt, „Pauli oder Pauley bedeutet im Lateinischen klein bzw. winziges Mädchen“. Wie zuverlässig diese Quellen wirklich sind, weiß ich allerdings leider nicht. Ich kannte vorher nur Pauli, den Maulwurf – und die Kindergartenfreundin Paula meiner Tochter, die Pauli gerufen wird. Vermutlich ist der Name aber wirklich unisex.
@annemarie:
Viele Namenswebseiten sind einfach nur Schrott. Hier gibt es eine Liste von Namenswebseiten mit (streng subjektiven) Bewertungen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Benutzer:Elbowin
Auch bei der Google-Büchersuche ist mir schon einiger echter Schrott untergekommen.
Woher viele Seiten ihre immer wiederkehrenden Falschinfos herhaben weiß ich nicht. Ich habe den Verdacht, dass es da eine Art Masterfile für gibt.
Ich hätte PAULI wie Leni, Benny und Hansi eingeordnet – als Verkleinerungsform mal mit I, mal mit Y, und von merkwürdigen Eltern als standesamtlicher Name vergeben, „weil der/die Kleine doch so nieeedlich ist.“ Offensichtlich rechnen diese Eltern nicht damit, dass ihr kleiner Hosenscheisser mal ein Erwachsener werden könnte.
Geschlechtlich zuordnen lassen diese ganzen Verkleinerungen sich ja auch nicht, das fände ich zusätzlich störend.
Ich habe den Artikel gerade entdeckt und finde ihn sehr amüsant 🙂
Zu Pauli als lateinischer Name für „kleines Mädchen“ gibt es von mir ein überdeutliches nein.
Wie elbowin sagte, ist Pauli der Genitiv Singular von Paulus und bedeutet „des Paulus“.
Mädchen heißt „puella“ auf Latein, das klingt aber ein wenig wie Pauli.
„pauli“ ist aber auch Nomativ Plural von „paulus“ =klein
pueri pauli = kleine Jungs
@Barbara
Du hast da recht, ich habe mir aber nur die Bedeutung „kleines Mädchen“ angesehen und dann Pauli als lateinischen Namen betrachtet 🙂
Ich vermute, dass das Wort „puella“ selbst einen Diminutiv enthält, „la“ bzw. „ella“, aber da müsste ich in einem Etymologiewörterbuch nachsehen.
@miez puella ist in der Tat ein Diminutiv, und zwar zu puer „der Junge“. Überhaupt hatten die Römer die Angewohnheit, Frauen mit Diminutiven zu versehen, zum Beinamen Quadratus gehört eine Qudratilla (eine Ummidia Quadratilla hat einen Wikipediaeintrag), zu Domitius (ein Familienname) eine Domitilla (davon haben gleich zwie, die Ältere und die Jüngere, Wikipediaeinträge).
@elbowin
Danke. So etwas lernt man im Studium einfach nicht 🙂
Wieso sollte es nicht gehen? Es gibt auch Maxi, Fritzi, Hansi … alles Mädchennamen!
Zu Hansi fällt mir Hansi Flick ein, ein Mann. Aber zu all diesen Namens gibt es keinen *Maxus, *Fritzus oder *Hansus, dessen Genitiv die Form auf i dann wäre.
Die Genitivform ist in Familiennamen häufig, weil es ein erstarrter Vatername ist: Ein Pauli war zuerst ein Sohn des Paulus. Auch Familiennamen auf -ä wie Anrdä sind solche Genitive. Im Norden gibt es auch sächsische Genitive wie Peters; wiederum als Familiennamen. Als Vorname geht Peters auch nicht, da wehren sich die Standesämter noch.
@ elbowin
Ich kenne mich im Lateinischen überhaupt nicht aus und auch was die etymologische Herkunft anderer Namen betrift, habe ich kaum bis keine Ahnung.
Aber wäre es nicht einfach möglich, dass Namen wie Fritzi, Maxi usw. einfach so, d.h. ohne irgendwelche sprachlich basierten Hintergründe entstanden sind??
Es gibt ja durchaus Namen, die freie Erfindungen sind und die sich dann über die Jahre hin verbreitet haben. Als Beispiel seien nur mal Oscar oder Ronja genannt.
Ein schöner Artikel 🙂
Hat wer schon diese Vornamen gehört:
Sinöve
Tjörge
Katrike
Weiß jemand was die für eine Bedeutung haben? Bei Katrike weiß ich, dass er aus dem 17.Jahrhundert stammen soll. Es gab da mal einen Film, der in dem genannten Jahrhundert spielte und dort kam eine Katrike vor.
Alle 3 Namen habe ich noch nie gehört oder gesehen. Auch bei Tammena kommen sie nicht vor; aber dessen Sammelgebiet ist ja Ostfriesland und nicht Hamburg.
Katrike sieht nach einer Fügung aus Kathrin und einem auf -rike endenden Namen wie Ulrike aus. 17. Jahrhundert ist für diesen Namenstyp aber etwas früh, die Fügungen kamen erst im 19. Jahrhundert so richtig in Mode.
Tjörge könne auch eine Fügung sein aus Tjark (<Dietrich) und Jörg (<Georg).
Zu Sinöve fällt mir gar nicht ein.
Sinöve sieht nach einer Variante von Synnöve(norwegisch) aus.
Mein Sohn (geb. 2005) heißt Loki, da das für mich nach meinem ersten Kontakt mit der nordischen Mythologie im zarten Alter von 14 Jahren schon immer feststand. Bei der Namensgebung mussten wir ihm allerdings noch einen zweiten, eindeutig männlichen Vornamen geben, da durch Loki Schmidt (von mir auch sehr verehrt, obwohl aus München) der Name für beide Geschlechter möglich wurde. Mein Sohn liebt seinen Namen sehr und wir sind auch immer noch sehr glücklich damit – auch wenn jetzt schon Filly-Pferde namens Loki „herumwandeln“ 🙂 Habe jedenfalls sehr über den Artikel gelacht!! Danke, dafür.
P.S. mein Sohn durfte auch schon Namenspate für den kleinen Kater von Freunden von uns sein. Der heißt jetzt auch Loki.