Nicht Vivien! Mein Kampf gegen die Namenswindmühlen

Vivi als Baby
Vivi als Baby

Dass ich heiße, wie ich heiße, habe ich einem Zufall zu verdanken. Der Name stand 1994 nämlich nicht auf der Namensliste meiner Eltern, sondern Laura (Platz 2), Michelle (14), Ann-Sophie (Ann Platz 32), Annabelle und Scarlett. Michelle gefiel meinem Vater sehr gut, weil er die kleine Michelle aus Full House (gespielt von Mary-Kate und Ashley Olsen) so süß fand. Annabelle gefiel ihm auch wegen der niedlichen Kuh aus dem zauberhaften gleichnamigen Zeichentrickfilm (die zauberhafte Kuh war auch der Grund, warum der Name meiner Mutter nicht gefiel). Scarlett hingen war ein Favorit meine Mutter, weil sie Vom Winde verweht liebt, der Name war ihr letztlich dann doch zu ausgefallen. Bei Ann-Sophie und Laura gefiel ihr der Klang, beim letzten Namen nicht verwunderlich, schließlich beginnen die Namen meiner jüngeren Geschwister auf L.


„Wiw-JANN“ gesprochen

Da ich meinen Geburtstermin weit überschritten hatte (hatte ich eigentlich nicht, der Arzt hatte sich nur verrechnet), musste meine Mutter regelmäßig zu Kontrollterminen. Auf dem Rückweg vom Arzt kam sie an einem Spielplatz vorbei, auf dem sie ein kleines Mädchen mit dunklen Locken sah, das von seiner Mutter gerufen wurde. Ihr Name war Vivian („Wiw-JANN“ gesprochen). Als ich dann ein paar Tage später geboren wurde und die Hebamme nach meinem Namen fragte, als mein Vater schon das „Mi…“ auf den Lippen hat, rief meine Mutter „Vivian“. Mein überrumpelter Vater durfte dann meinen türkischen Zweitnamen aussuchen.

Ich liebe diese Geschichte und halte mich an ihr fest, wenn wieder einmal jemand meinen Namen falsch ausspricht, falsch aufschreibt oder falsch versteht. Und glaubt mir, wenn ich jedes Mal einen Euro dafür bekommen würde, wenn eines dieser drei Dinge passiert, könnte ich eine Studie finanzieren, die untersucht, warum diese Menschen meinen, dass sie meinen Namen besser kennen als ich. Und ich rede nicht mal von meinem Zweitnamen.

Die Lebendige

Vivian stammt von dem Lateinischen vivere ab und bedeutet so viel wie „die Lebendige“. Der Name stammt aus der Artus-Sage, dort trägt die Herrin des Sees diesen Namen. Moment, werden da einige Artusfreunde sagen, die Dame heißt doch Nimue. Aber das ist nur einer ihrer Namen, sie ist auch als Viviane, Elaine, Niniane, Nivian, Nyneve und Nimueh bekannt.

Die Beziehung zwischen meinem Erstnamen und mir ist kompliziert. Ich mag ihn lieber als Michelle (davon kenne ich zu viele in meinem Alter, abgesehen davon gefällt mir der Klang nicht), aber wirklich lieben tue ich ihn nicht. Ich mag Mädchennamen, die auf a, e, n oder t enden, mit Vivianne könnte ich mich vom Schriftbild her mehr anfreunden. Dies was auch die ursprüngliche Schreibweise, die meine Mutter für mich ausgesucht hatte, doch das Standesamt war dagegen.

Leider wird Vivian oft als Vivien gelesen

Ach, hätte meine Mutter mit derselben Hartnäckigkeit, mit der sie für meinen Zweitnamen gekämpft hatte (auf den gehe ich vielleicht ein andermal ein), auch für meinen Erstnamen gekämpft.
Denn leider wird Vivian ganz oft als Vivien gelesen („Wiw-jenn“). Häufig sprechen die Leute Vivien auch nicht richtig aus, sie machen aus dem zweisilbigen Namen einen dreisilbigen „Wi-wi-jenn“. Es spielt übrigens keine Rolle, dass ich anschließend erkläre, dass das A als A gesprochen wird. Es heißt dann immer „Wi-wi-jen, sagte ich doch.“ Oder sie vergessen die richtige Aussprache nach diesem Mal wieder oder aber sie sagen verwundert: „Aber die anderen nennen dich doch auch so, oder?“ (Ja, aber das macht es ja noch lange nicht richtiger) und die Vivien-Windmühle dreht sich weiter und weiter und weiter.

Und das ärgert mich seit achtundzwanzig Jahren. Denken die Leute, dass ich nicht weiß, wie mein eigener Name ausgesprochen wird? Wenn jemand die E-A-Hürde überwunden hat, birgt die Zweisilbigkeit ein weiteres Hindernis. Die meisten Menschen (inklusive meiner Großeltern, Großonkeln und Tanten auf polnischer Seite) sagen „Wi-wi-jan“, wenn sie den Namen ganz aussprechen. Aber hey, es ist schon sehr nah am Original im Vergleich zu den anderen Namen, mit denen ich schon angesprochen wurde. Häufig können sich die Menschen den Namen nämlich nicht merken. Wir hatten hier ja einmal den Beitrag, dass Sven und Jens verwechselt werden, nun, bei mir ist es nicht nur ein Name, gefühlt hatte ich sie alle schon. Da wären die mit V (zumindest der gleiche Anfangsbuchstabe): Verena fällt da ziemlich oft, Valentina (hey, da sind alle Buchstaben drin, um meinen Namen zu bilden!) Vera, Vicky und Valerie.

Wer ist Alice?

Ein Musiklehrer nannte mich Nirvana und fragt, ob meine Eltern denn Fans von Kurt Cobain gewesen sind (waren sie, aber nicht genug, um mich nach einer Band zu nennen). Ein anderer Lehrer, der leider kein gutes Namensgedächtnis hat, nannte mich in der gesamten Oberstufenzeit ständig Alice, was die echte Alice sogar mehr störte als mich (dabei nannte er sie nie Vivian).

Die meisten Leute, inklusive meiner Mutter, können nicht nachvollziehen, was mich daran so stört, aber die meisten Leute werden auch nicht Zeit ihres Lebens falsch angesprochen oder beschäftigen sich, so wie die Beliebte-Vornamen-Community, ständig mit Vornamen 😉. Auch wenn mir mein Name nicht sonderlich gefällt, ist es mein Name, der mich mit ausmacht. Dennoch gibt es Menschen, die mich seit Jahren kennen und ihn nicht richtig aussprechen. Es geschieht nicht absichtlich, aber es ist immer ein winzig kleines bisschen kränkend, ich nenne eine Hanne ja auch nicht Hanna und Jona nicht Jonas. Und daher erkläre ich wieder und wieder, dass ich eben nicht Vivien heiße. Manchmal habe ich das Gefühl, dass ich die Leute mit meinem „Ich heiße übrigens Vivian mit a.“ überrumple oder es ihnen unangenehm ist, korrigiert zu werden, aber es ändert sich ja nichts, wenn ich es nicht mache. Gut, es ändert sich auch so wenig (die Hoffnung stirbt zuletzt!), deshalb stelle ich mich seit Jahren als Vivi vor, man kann sich den Namen einfacher merken und mir gefällt der Klang ganz gut. Als ich sprechen lernte, habe ich mich so genannt.

Überall Vivi

Heutzutage werde ich fast überall Vivi genannt. Meine Mutter wechselt regelmäßig zwischen Kurz- und Vollnamen ab. Die Mehrheit nennt mich Vivi, inklusive den Arbeitskollegen meiner Eltern und den Freunden meiner Geschwister. Es gibt allerdings wenige Leute, die mich trotzt meiner Vorstellung („Hi, ich bin Vivi“) mit „Vivien“ ansprechen. Vielleicht ist ihnen Vivi zu persönlich oder zu spitznamig, aber, ohne arrogant klingen zu wollen, ich finde nicht, dass das ihre Entscheidung ist. Denn es ist ja nicht ihr Name und wenn man beim „Du“ angekommen ist, wird es persönlicher (und das ist keine Frage des Alters. Die Oma einer Freundin nennt mich auch Vivi).

Wenn ein Maximilianus lieber Max genannt werden möchte, rufe ich ihn so. Und auch wenn ich persönlich Aurelia bevorzugen würde, würde ich die Frau trotzdem Auri rufen, wenn ihr das lieber ist. Umgekehrt würde ich einen Thomas nicht Tom rufen, wenn er sich mir so nicht vorgestellt hat. Also wieso nicht einfach Vivi?

Anekdoten

Ein paar Anekdoten zum Schluss. Als mein Bruder sprechen lernte, nannte er mich „Jajan“ (es hat ein paar Wochen gebraucht, bis wir verstanden, dass ich damit gemeint war), dann war ich „Vianne“ (das ist zumindest ein echter Name). Als meine Schwester viele, viele Jahre später geboren wurde, riefen mich die meisten bereits Vivi, sodass dies eines ihrer ersten Wörter war. Sie hat mich noch nie anders genannt. Als ich sie einmal vom Kindergarten abholte, sie war damals zwei, hatte Lia einer Erzieherin nämlich von ihrem Bruder Lukas und ihrer Schwester Vivi erzählt. Die Erzieherin fragte dann, wie ich denn richtig hieße. Vivien vielleicht? „Nein“, sagte meine Schwester da entschieden „nur Vivi“ (Sie war schon mit zwei sehr schlagfertig).

Und nun? Trotz allem möchte ich meinen Namen nicht ändern. Denn es gibt keinen Namen, der sich für mich richtig anfühlt und ich mag Vivi. Aber vielleicht kaufe ich mir ja ein zweites n und das e am Ende meines Namens, mit einer deutsch ausgesprochenen Vivianne könnte ich besser leben als mit „Wi-wi-jen“.

Wie sieht es bei euch aus? Kämpft ihr auch gegen Namenswindmühlen?

85 Gedanken zu „Nicht Vivien! Mein Kampf gegen die Namenswindmühlen“

  1. Ich stelle grade fest, dass ich die beschriebenen Aussprachen Wiw-Jen und Wiw-Jann weder kenne noch richtig betonen kann.
    Ich kannte mal eine Vivian die als wi-wi-an gerufen wurde und eine Vivian, die englisch ausgesprochen wurde, also Vi-vi-en.
    Kannte auch eine Vivien, da haben sich die Eltern für das E entschieden, damit klar ist, dass immer die englische Aussprache gilt, was bei der Version mit A für die Familie nicht eindeutig genug gewesen wäre.
    Ich glaube, daher kommt vielleicht auch die Situation, dass Leute weiterhin zu dir Vivien sagen, auch wenn du betonst „mit a“ weil man theoretisch beide Schreibweisen gleich aussprechen kann.
    Vielleicht ist das regional unterschiedlich, ob Wiw-Jen oder Vi-vi-en ausgesprochen wird. Ich wäre nie auf Wiw-Jen von selbst gekommen.
    Spannende Sichtweise und eine (für mich) neue Möglichkeit den Namen zu lesen.
    Finde den Namen aber im Allgemeinen sehr toll.
    Sieht schön aus und klingt so märchenhaft.
    LG

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  2. Ich habe quasi ein „umgekehrtes“ Problem – ich stelle mich hartnäckig als „Stefanie“ vor (je nachdem auch gleich als „Stefanie-mit-f-und-ie“ ;)) und alle Welt meint, sie dürften mich „Steffi“ nennen – ich hasse diese Kurzform! Umgekehrt _könnte_ ichs ja noch irgendwie verstehen (auch wenn ich Leute grundsätzlich so anrede, wie sie sich vorstellen – viele Doros zum Beispiel mögen ihren vollen Namen nicht so und da weiß ich ja auch nicht, ob sie Dorothee, Dorothea oder ganz anders heißen), aber ungefragt bei Fremden, die man gerade kennenlernt, die Abkürzung zu benutzen?
    Kuriose Alternativformen lese ich dagegen öfter bei meinem (polnischen) Nachnamen – dabei ist der sogar relativ deutsch geschrieben, im Gegensatz zum unaussprechlichen und unschreibbaren Geburtsnamen meiner Oma, da ist ein Kelch an mir vorübergegangen.

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