Mein seltener Name und ich: Walda

Mein seltener Name und ich

Als junges Mädchen stellte sie sich anderen gern mit dem Namen Waltraud vor. Schließlich kamen sogar Briefe an, die so adressiert waren. Ihrer verwunderten Mutter gegenüber gab Walda sich harmlos. Nein, das wisse sie auch nicht, wie es dazu gekommen sei. Es dauerte jedoch gar nicht lange, bis ihr Urteil komplett anders ausfiel: „Als junge Frau fand ich meinen Namen dann toll.“


Anregung von einer Nachbarin

Walda ist ein spätes Kriegskind. 1944 geboren, wuchs sie im südlichen Binnenland Schleswig-Holsteins auf, mit zwei Brüdern, deren Vornamen damals jeder kannte, standen sie doch auf Platz 6 und 15 der Hitliste: Dieter und Rolf. Ausgiebige Lektüre in einem Namenslexikon oder etwa eine Erbtante – was gab den Ausschlag für den ungewöhnlichen Namen der Tochter? Verehrte man in dem norddeutschen Dorf womöglich den amerikanischen Schriftsteller Ralph Waldo Emerson (1803–1882)? Tatsächlich liegt die Antwort sehr viel näher: Die Anregung kam von einer Nachbarin. Einer offensichtlich sehr namensbegeisterten Person (ein weiblicher Knud der 40er Jahre?!), die im Haus gegenüber lebte: „Die hatte viele Namen in einer Liste aufgeschrieben. Meine Mutter fand Walda sehr schön.“

Friedliche Natur, dicht belaubte Bäume

Was genau es ihrer Mama so angetan hatte, darüber lassen sich nur Mutmaßungen anstellen. Der Klang möglicherweise und auch die Kürze (im Vergleich zu Brigitte, Hannelore, Marianne …), zwei Kriterien, auf die auch heute viele Eltern setzen. Ob der Mutter, so ganz ohne Vornamens-Hitlisten, klar war, wie selten der Name tatsächlich vorkam, und ob das ein Pluspunkt gewesen sein könnte? Ich kann mir auch vorstellen, dass das Bild, das dieser Name im Kopf erzeugt, eine Rolle gespielt hat. Friedliche Natur, dicht belaubte Bäume, die so manchem Sturm (Klammer auf: des Lebens – Klammer zu) trotzen, etwas in der Art. Ähnlich hat sich vielleicht auch eine seltenere, sehr „sprechende“ Nebenform des Namens Waltraud entwickelt: Waldtraut. Die weit weniger nach Förstertochter klingende Bedeutung von Walda kannten ihre Eltern vielleicht gar nicht: Walda leitet sich vom althochdeutschen Wort für walten und herrschen ab.

Wie bitte?

Doch ob Herrscherin oder Waldkind: Die junge Namensträgerin hatte mit der Wahl ihrer Eltern anfänglich so ihre Probleme – siehe oben. „Die erste Reaktion der Leute ist oft ein ‚Wie bitte?‘. Mein Name wurde schon oft mit Waltraud und Wanda verwechselt. Manche dachten damals sogar, ich sei ein Junge.“ Es kommt wohl nicht von ungefähr, dass Walda auch schon Post für einen „Herrn Walter …“ erhalten hat. Dagegen gab es in ihrem Leben keine besonderen Namenskürzel oder Spitznamen, und das ist vielleicht auch ganz gut so. „Waldi“ hätte doch sehr nach Dackel geklungen. Lustigerweise lebte in ihrer Jugend noch eine weitere Walda in ihrem Dorf, zu der sie aber keinen näheren Kontakt hatte. „Sonst habe ich nie wieder jemanden getroffen, der so heißt wie ich.“

Was mag Walda an ihrem Namen? „So heißt nicht jeder, das gefällt mir. Ich bin eben ein seltenes Stück“, sagt sie und lacht. Erklärt sei der Name auf Nachfrage auch schnell: „Ich sage dann: ‚Wie Wald – mit a dahinter‘.“ Vornamen ausgesucht hat sie selbst auch zweimal, ihre Kinder heißen Mario und Gabriele. „Mein Tochter fand ihren Namen nicht so gut und hat sich lieber Gabi rufen lassen. Ich sage Ela zu ihr.“ Für das Jahr 2023 hat sich Waldas zweites Urenkelchen angekündigt. Welchen Namen es wohl bekommen wird? Walda freut sich und ist sehr gespannt.

9 Gedanken zu „Mein seltener Name und ich: Walda“

  1. Brigitte ist super und Hannelore wirkt auf mich alt. Marianne geht so, Annemarie wirkt auf mich jünger als Marianne, Mary-Anne ist etwas feiner. aber eigentlich ist Marianne doch die bildliche Figur von Frankreich.
    Walda ist einerseits sehr gut, wie Golda oder Hulda und klingt nach Wald wie Silvia, klingt aber andererseits auch wie Walter oder Waldemar.

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  2. Finde Walda sehr schön. Sehr schlicht, und doch sehr selten und einzigartig. Spricht mich schon auch durch den Anklang an „Wald“ an. Klanglich sehr angenehm, mit einem kürzeren und einem gedehnteren A (einem mitteldunklen Vokal), dazu sehr weiche Konsonanten. Kannte den Namen auch noch nicht–bin ein Fan!

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  3. Schöner Name, finde ich auch. :-))

    Finde ihn viel besonderer als Waltraud. Wirkt auf mich auch weicher und sanfter. Zudem empfinde ich Waltraud auch als sehr altbacken, aber das mag man vor 60 Jahren vielleicht anders empfunden haben. 😉
    Die Wald-Assoziation habe ich auch. 🙂

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    • Catweazle (die Fernsehserie) kannten früher alle Kinder, das Buch hab ich viel später mal entdeckt.
      Du musst mal schauen, ob es das auf Youtube oder sonstwo im Netz gibt.

  4. Walda ist direkt auf meine persönliche Favoritenliste gewandert. Würde ich glatt selbst als Rufnamen vergeben und weiterempfehlen.
    Ich liebe wortige Namen und mit dem Wald verbinde ich wirklich nur Schönes. Ich bin gerade erst an einen Wald gezogen: Lebensqualität, gute Luft, Rehe, unberührte Natur, schneebehangene Tannen, märchenhaft…
    Der Klang des Namens spricht mich ebenfalls an – weich, wohlig, warm – Walda.

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  5. Ich finde den Namen geschrieben schön und habe da auch die tolle Wald-Assoziation.

    Leider habe ich diese dann aber im gesprochenen Namen nicht mehr, da drängt sich doch zu sehr die Ähnlichkeit zum geläufigen Vor- und Nachnamen Walter auf und damit auch zu Verwalter.

    Die Erzfeindinnen von Walda heißen Brenda und Rhoda.

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