Die Bedeutung von Namen – „die Weisheit“, „der Ruhebringer“ und so weiter – ist für die meisten Eltern heute höchstens drittrangig, so jedenfalls mein Eindruck (dazu gibt es auch Studien). Eine Ausnahme, nach der in Foren mit schöner Regelmäßigkeit gesucht wird, bilden nur jene Namen, die „Geschenk“ bedeuten wie Theodor, sowie solche, die in Richtung „Kämpfer“/“Kämpferin“, „Kraft“ oder „Leben“ gehen (Mathilda, Ava, Zoe). Mitunter erfährt man auch das Motiv der Eltern: eine lange Kinderwunschzeit, eine komplizierte Schwangerschaft oder Frühgeburt. Dieser Erfahrung soll offenbar ein Denkmal gesetzt oder das Kind mit einer Art von positivem Aberglauben gestärkt werden.
Daneben beobachte ich ein weiteres Phänomen: die „Indianernamen“. Damit meine ich nicht Winnetou, Cheyenne oder Geronimo, sondern Erst- und Zweitnamen, die bewusst möglichst bedeutungsschwanger kombiniert werden. Dabei drängt sich mir die Erinnerung an die Indianerspiele von einst auf:
„Als Indianer kann man unmöglich Dieter oder Peter oder Willi Schmidt heißen … Otto, der das Luftgewehr hat, heißt ‚Speiendes Feuer‘, Hannes, der Langsame – ‚Träge Schlange‘, Dieter muß einen ganz großen Häuptlingsnamen haben, etwa ‚Springender Büffel‘. – Nun haben wir noch gar keinen Namen für Peter. Vielleicht kann er gut laufen, dann heißt er ‚Flinker Hirsch‘.“
Aus „Wie spielen und basteln“ von Gerd Lindner, 1956
Beispiele gefällig? Eine junge Mutter favorisiert den Doppelnamen Amy–Rose , und zwar ausdrücklich deshalb, weil sie es schön findet, eine Tochter namens „die geliebte Rose“ zu haben. Eine andere schwärmt von Noemi Estelle als dem „lieblichen Stern“. Eine C-Prominente nennt ihr Töchterchen Mia Sky und übersetzt das mit „Mein Himmel“. Dass der Name Mia mit dem italienischen Possessivpronomen nichts zu tun hat, ist dabei egal. Für Jungs gibt’s die gezielt zusammengebastelten „Indianernamen“ auch, die Kombination David Benjamin beispielsweise wird als „der geliebte Sohn des Glücks“ eingeführt. Und über einen kleinen Vincent Konstantin, sechs Jahre, schreibt seine Mutter, er sei tatsächlich ein „beständig Siegender“: „Schon jetzt gewinnt er ständig bei Uno, Memory und Mensch-ärgere-dich-nicht“. Aber: „Wir haben den Namen nicht wegen der Bedeutung ausgesucht, sondern weil wir ihn einfach schön fanden und er gut klingt.“
Oft wird ganz frei kombiniert, aus unterschiedlichen Sprachräumen und Kulturen ein Bedeutungs-Gesamtkunstwerk gebildet. Ja, und wer weit ausholt, könnte sich beim Spiel mit den Bedeutungen auch an althochdeutsche Namen wie Hildegard oder Rüdiger erinnert fühlen, die sich oft aus zwei Teilen (hier: „Kampf“ und „Schutz“ bzw. „Ruhm“ und „Speer“) zusammensetzen.
Die bei C-Promis zuletzt so beliebte Kombination Mia Rose – siehe https://blog.beliebte-vornamen.de/2017/11/mia-rose/ – ist vielleicht auch so ein Name, „Meine Rose“, obwohl ich eine entsprechende Begründung nicht finden konnte. Womöglich trägt die Lesart als „Meine“ sogar ein Stück zur großen Beliebtheit von Mia bei? Mia Sophie 🙂
Vor kurzem habe ich auf einer Anmeldeliste die Namen von Zwillingen gelesen: Stella und Clara. Der Nachname war ein kurzes lateinisches Wort, die Bedeutung der Vornamen ergänzt seine Bedeutung. Ich fand die Idee eigentlich ganz nett, vor allem, weil sich diese kleine Spielerei nicht arg aufdrängt…
Ich finde es immer interessant, wie sich manche Leute auf die wortwörtliche Bedeutung eines Namens fixieren, und andere auf die assoziative Bedeutung.
Zum Beispiel fand eine Bekannte den Namen Maria ganz fürchterlich, weil er von hebräisch Mara, die Bittere, abgeleitet werden kann. Dabei fiel für sie die Mutter-Gottes-Assoziation gar nicht ins Gewicht.
Manchmal fallen assoziative und wortwörtliche Bedeutung aber zusammen. Mein Zweitname Peter wird von Jesus in der Bibel ausgelegt: „Ich nenne dich Fels, denn auf diesem Fels will ich meine Kirche bauen.“ Peters Felsbedeutung hat also gleichzeitig eine Glaubensbedeutung, die direkt mit der Felsbedeutung zusammenhängt.
Für mich ist bei germanischen Namen mit der Fried-Silbe ganz toll, dass man da sofort „Frieden“ hört (obwohl die Silbe eher Frieden im Sinne von Schutz bedeutet). Mein altdeutscher Lieblingsname ist Friedrich.
Für mich ist die Bedeutung eines Namens schon wichtig, das kann sowohl die wörtliche Bedeutung ( wie bei Felix, Constanze, Dorothea), als auch die assoziatve Bedeutung ( wue bei vielen biblischen Vornamen oder z. B. Franz (Assoziation Franz von Assisi) oder Sophie (Assoziation Sophie Scholl) sein. Bei der Namenswahl war für uns beides wichtig, also dass uns sowohl die Bedeutung als auch der Klang eines Namens gefallen. Es gibt aber auch Namen, die mir einfach gefallen, auch wenn es z. B. nur Kurznamen sind oder ich die Bedeutung nicht kenne, z. B. Lena, Jana, Jannik… Andere Namen finde ich nicht wirklich wohlklingend, aber trotzdemk tolle Namen, z. B. Ruth oder Esther.
Viele Grüße
Zunächst muß ich zugeben, daß ich von den tatsächlichen Namens-Sitten in der kurzlebigen*) Kultur der indianischen Reiternomaden in den Großen Ebenen keine Ahnung habe. Wie kommen diese „sprechenden“ Namen zustande? Wer gibt sie wann warum wem? Ich weiß es nicht.
Eines aber fällt doch auf: Die im Artikel namhaft gemachten deutschen Adaptionen von indianischen Namen tendieren mehr als die indianischen Originale ins Süßliche und Klischeehafte: Mädchen sollen „meine Rose“, ein „lieblicher Stern“ oder „mein Himmel“ sein, Jungs starke Büffel oder derlei.
Während die realen Namen der Indianer manchmal grausamer, oft auch einfach skurriler waren als die ihrer möchtegern-philologischen westlichen Nachahmer. Um ein paar Berühmtheiten zu nennen: Sitzender Bulle, Sein Pferd ist verrückt, Abgeschnittene Nase, Rote Wolke, Großfuß.
(Der bayerische Schriftsteller Carl Amery hat gerade das Kuriose dieser Namen in seinem Roman „An den Feuern der Leyermark“ sehr schön gefaßt, indem er seinen Indianer, den es nach dem Amerikanischen Bürgerkrieg nach Bayern verschlägt, „Sonne von links“ nennt.)
Die soziale Stellung der Frau bei Sioux, Crows, Komantschen etc. war außerordentlich niedrig – weil die entscheidenden wirtschaftlichen Tätigkeiten (Büffeljagd und nahtlos in Räuberei übergehende Kriegführung) ausschließlich von Männern (und ihren Pferden, natürlich) ausgeübt wurden. Ich weiß nicht, ob überhaupt eine dieser Frauen in namentlicher Überlieferung bekannt ist. Na, vielleicht haben sich die Gender- und Indigenen-Spezialisten in den USA da mittlerweile was einfallen lassen.
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Was die reine Wortbedeutung von Namen im Verhältnis zu Tradition und Geschichte, zur kulturellen und religiösen Bedeutung oder Aufladung eines Namens angeht, wäre ich geneigt, Mark zuzustimmen. Wie kann man den Mädchennamen des Abendlandes – Maria – schrecklich finden, weil er (angeblich) „bitter“ bedeutet? Wohl einfach deshalb, weil sich die Wortbedeutung bequemer nachschlagen läßt als der Rest.
Ich hab mir nie merken können, was Jan (also wohl Jochanaan via Johannes) im Hebräischen wörtlich bedeutet. Interessiert mich auch nicht die Bohne. Da gibt es Johannes den Täufer und Johannes den Evangelisten. Die dreiundzwanzig Päpste namens Johannes. Juan de la Cruz. Die Johanniter und Don Juan de Austria. Und Johannes Calvin und John Knox. 😉 Und Johannes R. Bacher. Und Hans Baimler. 😉 Und, und, und. Das sollte wohl reichen.
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*) Tatsächlich hat die Welt kaum je eine Kultur gesehen, die so jung gestorben wäre. Die Kultur der reitenden Prärieindianer entsteht in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts – mit dem von den Europäern eingeführten Pferd als alles entscheidendes Produktionsmittel. (Verbunden ist diese Entstehung mit der Vertreibung und/oder Ausrottung der nicht-reitenden Indianer in den fraglichen Gegenden im heutigen Mittelwesten der USA.) Schon gegen 1870 ist diese Reiternomaden-Kultur vollends eliminiert – von den Weißen, genauer gesagt von den englischsprachigen Yankees. Gerade mal so 130 Jahre sind sie geritten – da ist nichts mit Ehrwürdigkeit, Weisheit und jahrhundertelangem Leben „im Einklang mit der Natur“, auch wenn sich gerade die Deutschen das gerne so vorstellen. Es gibt die Theorie, daß die Reiter-Indianer schon vor dem massenhaften Auftreten der Weißen Raubbau an der Natur betrieben hätten, die Büffelbestände also tendenziell überjagt hätten.
Dazu wäre jetzt noch interessant, inwieweit die Einflüsse Karl Mays in der Wahrnehmung solcher Namen auch eine Rolle gespielt haben. Winnetou (angeblich „Brennendes Wasser“, gemeint ist aber nicht das Feuerwasser 🙂 ), Nscho-tschi („Schöner Tag“, wenn es denn stimmt), Intsch-tschuna („Gute Sonne“)
Ganz sicher spielt da Karl May eine enorm wichtige Rolle! Joachim Fernau hat mal sinngemäß geschrieben, daß die Lektüre Mays des Schweißes all derer wert sei, die dem Ewigen Deutschen auf die Spur kommen wollten. Noch in meiner Generation haben den viele Jungs gelesen (an mir ist er vorbeigegangen), von den 70er-Filmen mit Pierre Brice und Lex Barker, die nun wirklich jeder kannte, nicht zu reden. Für das Bild der Deutschen von den Indianern ist er mit Sicherheit viel wichtiger als das, was da in den Großen Ebenen wirklich passiert ist – und das ist ja auch in Ordnung, solange es erlaubt ist, auf ebendieses Faktum aufmerksam zu machen, ohne daß darob gleich irgendwelche Indianer-Fans wegen Manitou-Lästerung oder Rainbow Warriors wegen kultureller Überheblichkeit ihre rostfreien Chrom-Vanadium-Kriegsbeile Made in Germany ausgraben.
HIHI
„ihre rostfreien Chrom-Vanadium-Kriegsbeile Made in Germany ausgraben“
oder den Klappstuhl 😀
(siehe „Der Schuh des Manitou“, falls du den Film nicht kennst, was relativ wahrscheinlich ist, vermute ich mal)
abgeschnittene Nase? ehrlich? so heißt jemand? wie hieß er bevor seine Nase abgeschnitten wurde?
(Indianer! Servus! das war auch ein sehr lustiger Film)
Amy heißt doch die Frau von Will Kane um das nochmal aufzubringen.
(also Will Kane ist der Sheriff von 12 Uhr mittags, dem Kauboy-Film in dem es darum geht, dass ein Mann mit dem Zug ankommt) aber Kauboy ist nicht Indianer, man sieht es gleich.
Frage: darf man auch als weibliche Person Servus! sagen zur Begrüßung?
servus ist lateinisch für Sklave, serva wäre die weibliche Form, man will damit sagen: ich bin dir der Sklave. aber serva habe ich noch nie als Gruß gehört. in Kirchenliedern gibt es für serva das synonym ancilla.
allgemein: zu wem und welchen Anlässen darf man servus sagen und wann nicht?
Auf dem Berg im Bayern sagen fast alle „Servus“, sobald sie unter 50 sind (fast schon ein Modewort). Die älteren bleiben beim „Grüß Gott“. Ob es hier „Regeln“ gibt, weiß ich allerdings als Zugereister nicht wirklich.
Die Frage ist überraschend und amüsant, basiert aber meines Erachtens doch auf einem Mißverständnis: Denn es ist ja stets nur ein Herr, der sich – gegenüber anderen Herren oder gegenüber Damen – spielerisch als „Ihr Diener!“ stilisiert. Keineswegs eine Dame! Eine Frau ist im „Manierenrang“ immer höher als ein Mann. (Mit der bekannten Ausnahmen „Backfisch vs. ehrwürdiger Greis“.) Sie kann also gar nicht „Serva!“ sagen. 😉
Der Smilie soll andeuten, daß die Erklärung natürlich etwas gespreizt ist, insofern sich der süddeutsche Alltagsgruß längst von seiner ursprünglichen Bedeutung gelöst hat. „Serva“ hätte ich auch noch nie gehört.
Ich habe „Servus!“ tatsächlich in letzter Zeit auch hier (in Hannover!) ein oder zweimal gehört – und zwar jeweils von sich irgendwie hipster-artig gerierenden Typen. Kann sein, daß das wirklich ein bundesweite Mode-Masche wird. (?) Und wenn es eine Modemasche wird, muß es niedersächsischen Gleichstellungsbeauftragten überlassen werden, eine „Serva!“ einzufordern.
In Salzburg sagen Jugendliche öfters Servus, was aber als „servas“ oder einsilbiges „seas“ ausgesprochen wird. Keine Ahnung, wieso. Jedenfalls klingt die Begrüßung „servus“, wenn ein Deutscher uns so begrüßt, für uns meistens eher wie eben ein Deutscher, der versucht, klischeehaft „österreichisch“ zu reden…
Also hierzulande, in Upper und Lower Bavaria, ist „Servus“ als legerer Gruß gang und gäbe, auch früher schon, das kenn ich von klein auf. Natürlich ist der offizielle, formelle Gruß das „Grüß Gott!“, aber unter Freunden, Bekannten, Nachbarn, Kollegen ist ein Servus (unabhängig vom Alter!) die völlig normale Grußform, sofern man sich duzt. Die „coole“ Form als „Seas“ gibt’s auch, aber eher unter den Jungen. Hier mal die gängigsten bairischen Grußformeln zur Begrüßung und zum Abschied:
Griaß God (Grüß Gott) – Pfia God, Pfiad Eahna (Behüt Sie [Gott])
Griaß di/eich (Grüß Dich/Euch) – Pfiad di/eich
Servus (Begrüßung und Abschied) – auch kombinierbar mit Griaß di etc.
Habe d’Ehre (zur Begrüßung, ältere Formel, noch nicht ausgestorben, hört man wieder öfter)
Ich hoffe, der Exkurs war jetzt nicht schon wieder zu weit weg vom Thema, nicht dass ich wieder ausgeblendet werde.
Maria Theresia, wie ist es denn für Frauen?
also ich kenne irgendwie Servus nur von Männern, das ist doch gemein. ein Gruß nur für Männer.
sowas. also, nein. Frauen nur wenn sie sich zum Scherz männlich geben wollen.
Servus! Serva! Habe die Ehre! Grüß Gott!
im nächsten Leben werde ich ein Mann, dann sage ich Servus!
Nein, mgl, „Servus“ zu sagen ist „unisex“, Servus sagen in Bayern Alte wie Junge, Männer wie Frauen, wenn man miteinander halbwegs oder gut bekannt ist, wie schon erläutert. Wenn Frauen „Serva“ sagen würden, verstünde das kein Mensch. Also weiterhin Servus!
Natürlich sagt man nicht bei offiziellen Anlässen, bei höhergestellten Personen oder wenn man per „Sie“ ist, Servus, sondern „Grüß Gott“. Aber Grüß Gott ist im Zweifel immer angebracht und passend, das kann man auch im vertrauten Umfeld ohne weiteres sagen.
Zur aktuellen Nationalhymnen-Diskussion: Ich bin keine Feministin, wegen mir kann es gern weiterhin Vaterland (und Muttersprache) heißen. Und „brüderlich“ bedeutet durchaus etwas anderes als „couragiert“ – das sieht man allein schon an einem Beispiel: Wir teilen uns die Schokolade brüderlich – wir teilen uns die Schokolade couragiert ?!? Bei brüderlich ist eine deutliche soziale Komponente in der Bedeutung enthalten, couragiert bin „ich“, also eine eher egozentrische Bedeutung, wie ich finde.
Hier der Kommentar einer späteren Leserin! Mir gefällt die Idee, zwei Namen der Bedeutung nach miteinander zu kombinieren. Es ist für mich ein bisschen wie ein Segensspruch zur Geburt, ein Wunschgeschenk an das Kind (sofern die Bedeutung positiv ist, natürlich!) Es gibt der Namenssuche Tiefe, die mir fehlen würde, wenn ein Name nur nach dem Klang ausgewählt werden würde. Nie würde ich auf die Idee kommen, einen Namen zu vergeben, der keine schöne Bedeutung hat … Ja, für mich ist ein Name auch ein Gesamtkunstwerk, bei dem sowohl der Klang als auch die Bedeutung (nachgelesen und assoziiert) eine Rolle spielen. Schließlich ist der Name wie ein Klangkleid des Ichs, das einen das Leben lang begleitet. 🙂 Mein eigener Gesamtname löst mit Bedeutungen und Assoziationen Bilder aus – und ich liebe es!