Lasse im Norden, Xaver im Süden – einige Namen sind typisch für ihre Region. Ich wollte herausfinden, ob es generelle Unterschiede bei den regionalen Namensvorlieben gibt.
Methode
Dazu habe ich zunächst die jeweils 50 häufigsten Jungen- und Mädchennamen für Nord- und Süddeutschland aus den Geburtsjahrgängen 2006 und 2007 ermittelt.
Mädchen
Norddeutschland | Süddeutschland |
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Jungen
Norddeutschland | Süddeutschland |
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Grundlage ist meine Sammlung von Geburtsmeldungen aus den Jahrgängen 2006 und 2007. Diese Jahrgänge sind die ältesten, für die ich Angaben zum Geburtsort habe. Durch die Zusammenfassung von zwei Jahrgängen ist die Datenbasis groß genug für eine aussagekräftige Auswertung. Bei der Festlegung der Regionen habe ich darauf geachtet, dass in beiden Regionen ungefähr gleich viele Namensträger erfasst wurden; so kann ich statistische Effekte aufgrund unterschiedlich großer Stichproben ausschließen. Den Norden habe ich somit aus den Postleitregionen 17 bis 29 und den Süden aus einigen der Postleitregionen 70 bis 89 definiert, siehe folgende Abbildung:
Auswertung
Die regionalen Top 50-Listen habe ich zunächst mit den gesamtdeutschen Vornamenhitlisten des Jahres 2007 verglichen und die Unterschiede der Ranglistenplätze kumuliert. Beispielsweise Finn im Norden Platz 1, in Deutschland Platz 4, Differenz 3. Ben im Norden Platz 2, in Deutschland Platz 15, Differenz 13. Der kumulierte Wert für Rang 2 ist 3+13=16. Je niedriger der kumulierte Wert ist, desto mehr entspricht die regionale Rangliste der deutschlandweiten.
Ergebnis
Bei den Mädchennamen lagen die Namensvorlieben der Eltern 2006/07 in Süddeutschland näher am überregionalen Geschmack als in Norddeutschland.
Auch bei den Jungennamen ist die Abweichung bei den norddeutschen Eltern deutlich größer als bei den süddeutschen Eltern.
Der Vergleich der regionalen 2006/07er Mädchennamenlisten mit der überregionalen Liste von 2015 zeigt ein überraschendes Bild.
Die norddeutsche Namensmode entsprach 2006/07 viel mehr derjenigen von 2015 als der von damals. Die kumulierten Werte für Süddeutschland sind dagegen für 2007 und 2015 sehr ähnlich. Für die Jungennamen gilt die gleiche Beobachtung.
Offensichtlich werden die Vornamentrends im Norden gemacht.
Neulich hatte ich bereits herausgefunden, dass zukünftige Modenamen eher von studierten Eltern als von Eltern ohne Berufsausbildung vergeben werden. Wer also vermeiden möchte, dass sein Kind einen Modenamen bekommt, sollte sich erkundigen, wie norddeutsche Akademiker ihre Kinder nennen und einen anderen Namen wählen!
Die beliebtesten Vornamen je Bundesland (2015)
Brandenburg * Berlin * Bayern * Bremen * Baden-Württemberg * Hessen * Hamburg * Mecklenburg-Vorpommern * Niedersachsen * Nordrhein-Westfalen * Rheinland-Pfalz * Schleswig-Holstein * Saarland * Sachsen * Sachsen-Anhalt * Thüringen
Puh, eine beeindruckende statistische Arbeit. 🙂
Jedenfalls staunt der Laie, was der Fachmann sagt, weiß ich nicht. 😉
Dann hat Wenke mit ihrer These ja nun nachweisbar recht gehabt…
Als Erklärung böte sich selbstverständlich an, daß man im Süden eben strukturell konservativer, traditioneller und verwurzelter ist. In diesem Fall spielt sicher auch der im Süden dominierende Katholizismus eine Rolle, der ja auch die „Pflege“ von Namen höher hält als der lutherische Gegenwartsprotestantismus.
Wenn Du, Knud, die einmal erdachte Methode nochmal anwenden willst, lohnte es sich vielleicht zu ermitteln, inwiefern Berlin auch auf diesem Gebiet trendsetzend ist, ob also die Pregnancy-Hill-Kultur auch auf diese Weise auf Deutschland abfärbt.
So ganz kann ich Wenkes Theorie dann doch nicht nachvollziehen. Ich höre die dort erwähnten Namen in der jüngeren Generation (1995+) eher selten und ich dachte immer die Namen seien im Süden verbreiteter. Genau genommen kenne ich von jedem dieser Namen maximal einen Namensträger.
Dass die alten Namen gerade heute eine Renaissance erleben glaube ich auch nicht. Das ist die ganz normale Wandlung der Namensmode. Aber das ist hier ja eigentlich gar nicht Thema, und die Schlussfolgerung ist trotzdem im großen und ganzen richtig.
Ich finden einfach generell die Tatsache bemerkenswert, daß der (heute) wirtschaftlich schwächere Norden offenbar mal gegenüber dem stärkeren Süden trendsetzend ist. Denn normalerweise ist es nun einmal so, daß sich die Mode gleichsam nach dem Geld dreht. Ich finde das keienswegs gut, aber es ist nun einmal so.
In gewissermaßen ist es ja natürlich, dass sich die Trends eben nach dem Geld richten, da die reichen meißt eben auch die un den Medien präsenteren sind.
In gewisserweise kann ich dir zustimmen, die süddeutschen sind da schon konservativer und die heutigen Trendnamen entsprechen eher den norddeutschen. Andererseits hätte ich erwartet, dass in Süddeutschland Heiligennamen eine größere Rolle spielen.
Meine Theorie warum die Trends im Norden entstehen ist nicht nur, dass die süddeutschen konservativer sind, sondern auch die aktuelle beliebtheit von „nordischen Namen“. Könnte es vielleicht sein, dass diese sich zuerst in Norddeutschland und dann weiter nach Süden verbreiten. Südliche Namen scheinen sich ja eher schlechter zu verbreiten. Während sie in Bayern noch verhältnismäßig beliebt sind, hört man sie weiter im Norden kaum noch.
Schade eigentlich, dass die Norddeutschen einen so großen Einfluss haben, ich finde die süddeutschen Namen viel schöner.
Auch wenn im Süden der Katholizismus allgemein stärker vertreten ist als der Protestantismus, sind trotzdem viele (die meisten?) Katholiken bei der Namenswahl nicht unbedingt darauf aus, um jeden Preis einen Heiligennamen zu vergeben, das ist eher ein Nebeneffekt, d.h. man sucht den Namen aus, der einem gefällt und schaut dann, ob es dazu eine(n) Heilige(n)gibt, nicht umgekehrt.
Dass wir in Bayern bei den Namen im allgemeinen konservativer sind, hat damit nur zum Teil zu tun.
Na ja, ich bin auch weder katholisch noch lebe ich in Bayern. Aber so etwas kann es natürlich auch indirekt durch Nachbenennung geben, dann aber wohl eher bei den Zweitnamen.
Kann sein…
Oder vielleicht gar die Tatsache, daß viele gutausgebildete Norddeutsche in den reicheren Süden abwandern (so mehrere Bekannte von mir aus dem IT-Bereich…) und ihre Vorlieben mitbringen? Das ist aber reine Spekulation, eigentlich eher nur eine kaum durchdachte Idee…
Da ist sicher viel dran, der Süden besteht nicht mehr nur aus den Ur-Bayern, sondern die Zuwanderung aus dem Norden, aus den o.g. Gründen ist auf jedenfall stark gegeben, die bairische Sprache ist lt. UNESCO sogar vom Aussterben bedroht (ohne Witz!)und z.B. in München wird in weiten Kreisen kaum noch bairisch/bayrisch gesprochen.
Und die Wanderungsbewegung der gutausgebildeten Norddeutschen in den reicheren Süden bewirkt dann damit auch, dass die Trends von Norden in den Süden „wachsen“, weil die Norddeutschen ihre Namensvorlieben mitnehmen.
Tja, die Dialekte schleifen sich halt überall ab… Noch meine Oma (in meiner alten Heimat südlich von Bremen) hat eigentlich nur Plattdeutsch gesprochen – ich kann’s noch verstehen und ein bißchen sprechen, lasse letzteres aber mal lieber, weil das bei mir klingt wie ’nen CDU-Kleinstadtpolitiker, der bei den Bauern auf volkstümlich machen will. :-/ Man kann das bedauern, aber kaum oder gar nicht aufhalten. Auch hier in Hannover wurde bis zum 2. Weltkrieg teils noch platt gesprochen – das ist dann schon in den 50ern ausgestorben, v.a. allem wegen der vielen Flüchtlinge aus dem Osten. Und von den turbo-stadt-patriotischen Kölner spricht auch kaum keiner mehr richtiges Kölsch, um so ängstlicher sind sie darauf bedacht, daß dann irgendwelche Werbesprüche lokaler Firmen oder Karnevals-Slogans auch jaaa auf Echt-Kölsch sind. 😉
So, und jetzt schau ich mir erstmal die Starkbierprobe vom Nockherberg im BR an, das gehört dazu ;-D
Gut möglich, andersrum gibt es das zwar auch, ist aber gut möglich, dass es weniger ist. Allein schon dehalb weil es im Norden mehr ehemalige DDR gibt, was ja, leider, immer noch einen Unterschied macht.
Na, Gott sei Dank macht es das. 🙂 Aber das sage ich als Sozialist und DDR-Nostalgiker. Bitte gar nicht drum kümmern… 😉
Es gibt übrigens auch in Norddeutschland einige katholische Enklaven (wie halt Franken als evangelische Gegend in Bayern oder Alt-Württemberg als Stammland des Pietismus im mehrheitlich katholischen BaWü):
– Die Landkreise Vechta und Cloppenburg, auch bekannt als Südoldenburg oder Oldenburger Münsterland. Die wurden jahrhundertelang (bis zum RDHS von 1803) als „Niederstift Münster“ vom dortigen Erzbischof kontrolliert. Und das merkt man noch heute. Ist ne fette, sehr reiche CDU-Wähler-Gegend. (Hotspot der Massentierhaltung in Niedersachsen.) Ähnlich im benachbarten Emsland, auch lange Teil des Niederstifts Münster.
– Einige Käffer südlich von Hannover, die vom Bischof von Hildesheim k’tolsch gehalten wurden.
– Im heutigen Dreiländereck Niedersachsen-Hessen-Thüringen das Eichsfeld, daß jahrhundertelang dem Bischof von Mainz gehört hat.
*Lehrer-Modus aus* 😉
Wieso Gott sei Dank? Das ist kein Vorwurf, würde mich nur interessieren.
Wenn ich das richtig gesehen habe befinden sich besagte „Enklaven“ aber gar nicht in den untersuchten Gebieten, allerdings kenne ich mich in deutscher Geographie auch nicht soo gut aus. Bei Hannover und Franken bin ich mir aber ziemlich sicher. Und Münster liegt doch im ziemlich „gemischten“ NRW, oder hab ich deine Ortsangaben falsch verstanden.
@Rebecca Sophie
Das mit der DDR führte hier zu weit. 😉
Nein, von den aufgezählten katholischen Enklaven liegen nur der nördliche Teil von Südoldenburg im Untersuchungsgebiet – sozusagen die Ultima Thule des deutschen Katholizismus. 😉 Statistisch relevant sein dürfte das in keinem Fall.
@Knud
Wie gesagt, der Zusammenhang Akademikermigration/Namenswanderung war reine Spekulation.
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Es gibt das bekannte Bonmot von Bismarck: „Wenn ich wüßte, das morgen die Welt unterginge, würde ich den Nachtzug nach Mecklenburg nehmen – da passiert immer alles hundert Jahre später.“ [Aus dem Gedächtnis] Hier scheint es mal umgekehrt zu sein.
Ich finde die Statistik sehr interessant!Ich glaube,die Süddeutschen sind traditioneller,konservativer,was sich auch bei der Namenswahl widerspiegelt.Die Norddeutschen tendieren eher zu den nördlichen Namen,die derzeit als angesagt gelten.
Ich bekomme im Mai Nachwuchs,mein Mann ist Akademiker.Bis vor vier Wochen haben wir im norddeutschen Referenzgebiet PLZ 29 gewohnt,nun ist es die PLZ 85,sind aber geborene PLZ 01.
Zählen wir jetzt zu den norddeutschen Trendsettern oder zu denen, die sich im Norden nochmal Rat holen sollten?
Unser Kind bekommt einen finnischen Vornamen,der hoffentlich nie ein Modename wird und so seltem bleibt,wie er jetzt ist 😉
Ich würde sagen Trendsetter.
1. Da wir eben schon überlegt haben, dass die Namensausbreitung von Süden nach Norden zum Großen Teil durch Umzüge in den Süden stattfindet.
2. Da ihr Akademiker seid (oder zumindest einer)
3. Da ihr eurem Kind einen seltenen, finnischen Namen geben werdet. Wie schon von dir selbst beschrieben sind nordische Namen derzeit eben sehr beliebt und verbreiten sich eher von nord nach süd. Und ein finnischer Name ist mMn ziemlich nordisch.
@Rebecca Sophie: Dass die Namensausbreitung an Umzügen der Norddeutschen in den Süden liegt ist ja reine Spekulation, oder gibt es für Belege?
@Jana Z.: Als Akademiker mit aktuellem Migrationshintergrund aus der 29er Region seid ihr auf jeden Fall Trendsetter. Geht mal davon aus, dass der seltene finnische Name in 20 Jahren in den deutschen Top 10 ist ;-
Du hast natürlich Recht, das ganze ist lediglich Spekulation, aber eben nicht ganz unwahrscheinlich und Namentrends haben sicherlich mehrere Ursachen. Aber vielleicht habe ich das ganze auch etwas vorschnell schon als Fakt gesehen. Ich bitte um verseihung (-;
Wir lesen uns im Mai wieder,Knud
😉
Rebecca-es gibt ja auch andedre Möglichkeiten,an nordische Namen zu kommen.“Ich-kenn-da-wen-der-kennt-da-wen“ oder Urlaub im Norden oder die allgemeinen Medien wie Funk und Fernsehen,Promi-Vorbilder….etc…
Ich glaube,die Umzüge sind die kleinste „Ursache“
Das stimmt natürlich das mit den nordischen Namen war auch garnicht auf Umzüge bezogen, aber in Hamburg kennt man eben eher jemanden als in Köln und in München nochmal weniger, wenn du verstehst was ich meine.