Akte Hanna und Emma – ein Namensunfall

gelber Luftballon
Bild von anncapictures auf Pixabay

Ob mich diese Handywerbung mit zwei mittelalten Frauen namens Emma und Hanna auch so nervt, wurde ich gefragt. Das kann man wohl sagen! Wer die Werbung nicht kennt: In dem Spot lässt die kleine Hanna aus Westdeutschland einen Luftballon mit ihrer Adresse fliegen, den die kleine Emma aus Ostdeutschland findet, woraus eine Freundschaft fürs Leben entsteht. Das Nervige daran: Die Geschichte spielt in den 1970er Jahren und wer sich auch nur ein bisschen mit dieser Zeit auskennt, weiß, dass die Vornamen Hanna und Emma damals sowohl in der DDR als auch in der BRD total aus der Mode waren. Die Namen passen einfach nicht zur Geschichte und so wirkt diese Werbung fremd und künstlich.


Dabei wäre es ganz einfach gewesen, passende Namen zu finden, denn diese Geschichte ist wirklich passiert! Die echten Hanna und Emma heißen Stefanie und Anke – das sind wirklich typische Vornamen für 1970 geborenen Mädchen. Stefanie Wally (die echte Hanna) erzählt die Geschichte dieser besonderen Freundschaft in ihrem Buch Akte Luftballon. So viel möchte ich verraten: Der Luftballon hatte weitaus dramatischere Folgen für das Leben der Mädchen, als es der Werbespot erahnen lässt!

Namensunfall

Aber wie konnte es zu diesem Namensunfall kommen? Auch Stefanie ist aufgefallen, dass da was nicht stimmt („Ich hätte die beiden Mädchen vielleicht Sabine und Katja genannt“), und hat deswegen bei der Werbeagentur nachgefragt. Die verblüffende Antwort: Es ist dort schlichtweg niemandem aufgefallen.

Ich halte es für einen Fehler, so nachlässig mit den Vornamen in dieser Werbung umzugehen, denn die mittelalte und alte Zielgruppe stört sich an dermaßen unpassenden Vornamen und wird verprellt. Auf junge Menschen, die mit dieser Zeit nicht vertraut sind,  wirken diese Namen nicht so unangenehm. Aber die können die Situation der deutschen Teilung mangels eigener Erfahrung nicht intensiv genug nachempfinden, um von diesem Werbespot berührt zu werden. Wenigstens ist die Kampagne im Gespräch, das ist ja auch ein Ziel im Marketing. Liebe Werber*innen, wenn ihr mal wieder Vornamen für eure Protagonist*innen sucht, dann greift bitte nicht einfach in die Kiste mit den aktuellen Babynamen, sondern fragt jemanden, der sich damit auskennt (Kontaktdaten hier, Sonderpreis mit dem Code #Luftballon).

Akte Luftballon – eine deutsch-deutsche Geschichte

Ach ja, weil es hier um Werbung geht: Ich wurde nicht für den Beitrag bezahlt und habe mir das Buch selbst gekauft.

62 Gedanken zu „Akte Hanna und Emma – ein Namensunfall“

  1. In einem Film heute ging es um zwei Männer Anfang 40 namens Jakob und Jürgen. Auch wenn die Namen nicht völlig unplausibel sind, war nach meinem Empfinden Jürgen damals schon ziemlich auch und Jakob noch nicht wieder in. Jens oder Johannes statt Jürgen hätte für mich besser gepasst.

    Antworten
    • So unbeliebt waren Jürgen und Jakob um 1980 nicht. Ich kenne aus meinen Umfeld sogar 4 Jürgen die das Alter haben. Soweit ich weiß war Jakob zu dem Zeitpunkt noch beliebter, zumal der Film soweit ich weiß in Bayern spielte.

  2. In Knuds Top200-Liste der 70er Jahre findet sich Jürgen auf Platz 48 (zwischen Ingo und Marcel) und Jakob/Jacob auf Platz 178 (zwischen Franz und Maximilian).

    In der 80erJahre-Liste:
    Jakob/Jacob auf Platz 69 (zwischen Arne und Nikolas / Nicolas / Nicholas)
    Jürgen auf Platz 150 (zwischen Julius und Friedrich)

    Bei den Mädchen finden sich auf den entsprechenden Plätzen:

    70erJahre:
    Jürgen – Diana (Jana, Cornelia/Kornelia)
    Jakob – Veronika/Veronica (Malgorzata, Beatrice)

    80erJahre:
    Jakob – Martina (Olga, Wiebke/Wibke)
    Jürgen – Isabella (Cindy, Maja/Maya)

    Antworten
    • Ja, Malgorzata ist eine in Polen sehr häufige Variante von Margarete. Der Namen wurde in Deutschland wahrscheinlich nicht so häufig vergeben. Bei der Rangliste handelt es sich aber nicht um die häufigsten Vornamen der in den 1970er Jahren in Deutschland geborenen Menschen, sondern um die Vornamen der Einwohner Deutschlands aus diesen Geburtsjahrgängen zum Auswertungszeitpunkt (ca. 1999). Einwanderer wurden dabei mitgezählt.

    • Wenn das die polnische Variante von Magarete ist, wird der Name „Magoscha“ ausgesprochen, so wird der Name also geschrieben. Ich habe den Namen immer nur gehört und nie geschrieben gesehen.

Schreibe einen Kommentar