Der Theologe Georg Witzel verteidigt in seinem Taufnamenbüchlein die katholische Namentradition und beklagt die Unsitte der Zeit, aus purer Modesucht den Kindern fremdländische, wunderlich klingende Namen zu geben. Man hört ja immer wieder, dass der Vornamenbestand immer vielfältiger und internationaler wird. Hier mal ein paar Zitate aus den letzten Kommentaren zu den „Babynamen der Woche“:
- Was ist denn nur los, dass die Namen heute alle so abgehoben und kompliziert sein müssen?
- Die armen Kinder heutzutage.
- Die neuen Namen sind immer so extravagant.
Georg Witzel steht offensichtlich mit seiner Ansicht nicht allein da.
Bemerkenswert ist das, weil seine namenkundliche Abhandlung unter dem Titel „Onomasticon Ecclesiae – Auserlesene Taufnamen der Christen in aller Welt“ schon 1541 erschienen ist – das Ärgernis mit den modernen Vornamen scheint schon etwas älter zu sein …
Leider hatte ich noch keine Gelegenheit, Witzels Originaltext zu lesen. Sehr aufschlussreich ist aber das Referat von Paul Ludwig Sauer, das in Ausgabe 32 der Schriften zur Förderung der George-Witzel-Forschung veröffentlicht wurde. Sauer hat eine Übersicht über den Gesamtinhalt von Witzels „Taufnamenbüchlein“ erstellt:
Witzel gliedert sein Verzeichnis in drei Listen mit Namen aus dem Hebräischen, Griechischen und Lateinischen mit jeweils 52, 200 und 160 Namen. Es folgt ein Abschnitt „Von Deudschen Namen“, keine alphabetische Liste wie bei den antiken Namen, sondern eine Aufgliederung nach „syllaben“, d.h. nach ihrer Zusammensetzung. Daran schließt sich eine Liste mit etwa 550 von teils älteren, teils neueren Namen aus den antiken Sprachen, die nach Meinung Witzels gleichfalls „fein“, aber ihre „dolmetschung ist eins teils nicht wol zu treffen“.
Zur Abschreckung gibt es noch eine Liste mit 280 Namen „Gottloser Heiden, Jüden und Ketzer […] auf daß sie verhasset werden“. Dazu gehören zum Beispiel die Namen Saul, Kaiphas, Herodes, Pilatus, Xerxes, Sappho, Hannibal, Attila, Narses, Pan, Pollux, Daphne, Dido, Klytemnestra, Medea, Kassandra, Gyges, Minos und Maja.
Zu Georg Witzels zeitgenössischen Kritikern gehört Johann Fischart, der sich in seinem Roman Geschichtklitterung über das namenkundliche Buch lustig macht. Das betreffende Kapitel: Mit was Gelegenheit dem Gurgellantua, der Nam war gegeben.
Interessant, wie wenig neu die ewige Kritik an „neumodischen Namen“ tatsächlich ist.
Japp. Obwohl ich persönlich meinem Kind auch eher einen traditionellen Namen geben würde statt es irgendwie Lola-Love oder keine Ahnung wie zu nenn‘.