Tante Irmgard und die Avantgarde

In der letzten Woche schrieb ich an dieser Stelle über den Namen Thusnelda und kam dadurch auf eine neue Fragestellung, die da lautet: Wann gilt ein einer früheren Epoche zugeordneter Name als altbacken – und wann als Avantgarde? Eine Spurensuche im Reich der Retro-Fans …

Als ich zur Schule ging, in den 80ern, wurden Mitschüler namens Hans, Helga oder Herbert eher bedauert. Dagegen würden Kinder mit diesen Namen heute, ein Vierteljahrhundert später, zumindest in den angesagten Eltern-Vierteln deutscher Großstädte nicht sonderlich auffallen. Schließlich sind alte Namen dort – gerade unter später gebärenden Akademikern – längst wieder an der Tagesordnung, und es kann ja nicht jeder Friedrich oder Theodor heißen. Doch waren Eltern, die ihren Sohn in den 70ern Hans nannten, deshalb Trendsetter? Doch wohl eher: ihrer Zeit hinterher.

Weiterlesen

Wenn der Familienname ein Vorname ist …

Levke Moritz wundert sich, dass sie als einzige Frau im Volleyballteam der Männer mitspielen soll – wie konnte das passieren?

girl playing volleyball © .shock - Fotolia.com
Foto © .shock – Fotolia.com

Alexander Albrecht und Julia Otto: es gibt einige Menschen, die so heißen. Vermutlich erleben es diese Personen nur selten, dass ihr Vorname und ihr Familienname durcheinander gebracht werden. Denn Albrecht und Otto sind zwar weit verbreitete Vornamen, gehören aber gleichzeitig zu Deutschlands häufigsten Familiennamen. Alexander und Julia andererseits sind als Familienname nur selten anzutreffen, als Vorname dagegen sehr populär. Bei Alexander Albrecht und Julia Otto weiß man also normalerweise, was Vor- und was Familienname ist.

Schwerer haben es da Severin Jonas, Jordan Philipp und Levke Moritz. Die Namen Jonas, Philipp und Moritz sind als Vorname gerade sehr in Mode, als Familienname aber nicht so häufig anzutreffen. Auch wenn die Vornamen Severin, Jordan und Levke alle in der aktuellen Top 500-Liste der beliebtesten Vornamen vertreten sind, sind sie doch nicht jedem als Vorname geläufig. Die Folge: In mancher Adressdatenbank landet Severin Jonas als „Herr Severin“ mit dem Vornamen Jonas. Und Levke Moritz ärgert sich ganz besonders über die Anrede „Lieber Moritz“. Und findet sich womöglich als einzige Frau im männlichen Volleyballteam wieder.

Was lernen wir daraus? Eltern mit einem beliebten Vornamen als Familiennamen sollten davon Abstand nehmen, ihrem Kind einen ungewöhnlichen Vornamen zu geben! Diese Regel ist natürlich kein Naturgesetz und es kommt immer auf den Einzelfall an. Die betroffenen Eltern sollten aber zumindest mal darüber nachdenken.

Weiterlesen

Was ist eigentlich mit Thusnelda?

Eigentlich hat sie das Zeug zur Neuentdeckung: nicht so herb wie Hildegard, Heidrun oder Gertrud, nicht so religiös geprägt wie Christel. Dieselbe Endung wie der neue alte Modename Mathilda, markanter und einprägsamer als die üblichen Zweisilber. Ein Name mit Charakter, bei dem bei Bedarf auch die niedlichen Kurzformen Nell oder Nelli denkbar wären. Eigentlich.

Tatsächlich ist es aber so: Nahezu jeder Deutschsprachige dürfte den Namen Thusnelda kennen, doch niemand vergibt ihn (mehr). In der bis 1890 zurückreichenden Datenbank von beliebte-Vornamen.de findet sich sogar nur eine einzige Thusnelda, Jahrgang 1918. Auch wenn die Sammlung nicht vollständig ist – derzeit wird etwa jeder vierte Name erfasst – und vermutlich doch die eine oder andere alte Dame oder Vorfahrin Thusnelda heißt: ein vernichtendes Urteil. Und schuld ist natürlich die Tussi.

Weiterlesen

Das lachende A – Namen und das Schreibenlernen

Es ist schwer, etwas wegzuwerfen, was einen nett anlacht. Es ist sogar fast unmöglich. Und so stapele ich, liebende Mutter einer Viereinhalbjährigen, weiter Kinderzeichnung auf Kinderzeichnung und verstaue in immer korpulenteren Mappen Mondgesichter und lachende Sonnen, Strichmännchen und -mädchen, Kritzelkatzen sowie Zwerge, die in der Hauptsache aus dem Buchstaben A (mit Gesicht und ausgemaltem Spitzhut) bestehen.

Weiterlesen

Über kurz oder lang – wer hat Angst vor niedlichen Namen?

Wer hat Angst vor niedlichen Namen?

Wo mehrere Menschen sich über ihre favorisierten Namen austauschen, kommt es schnell zur Bildung sich voneinander abgrenzender Lager – zum Beispiel, wie in der letzten Woche Thema, „Klassisch oder individuell“. Heute nun: „Kurz oder lang“. Da gibt es einerseits diejenigen, die bewusst Kurzform-Namen (Lenny, Leni) vergeben. Weil’s niedlich klingt zum niedlichen Baby (oder „cool“) und „der Name sonst ja sowieso nur abgekürzt wird“. „Mit uns nicht!“, rufen prompt die anderen. Und nennen ihre Kinder weit förmlicher Leonhard oder Magdalena, auch mit Hinblick auf eine spätere berufliche Laufbahn. Obwohl Vertreter der ersten Gruppierung darauf pochen, dass wir uns in den nächsten Jahrzehnten an vieles gewöhnen würden, an Chefärzte oder Staatsanwälte namens Lenny sowieso.

Weiterlesen