Mein seltener Name und ich: Solvie

Aufgepasst, liebe Eltern: Hier kommt Solvie! Ich finde – um gleich mit der Tür ins Haus zu fallen –, dass dieser Name das Potenzial zum Geheimtipp für kleine Mädchen von heute hat. Schließlich erinnert er nicht nur vage an die (etwas abgenudelten) Zweitnamens-Klassiker Sophie und Marie, sondern auch an Ylvie, Mavie und Solène. Diese Namen hört und liest man zwar eher selten, aber doch immer mal wieder in Namensdiskussionen, und zwar nicht nur in der Kategorie „Als Erstname trauen wir uns das nicht, aber …“. Ylvie kam 2017 bereits auf Platz 142, Tendenz steigend. Mavie schrammte bei der Auswertung der 2010er Jahre knapp an der Top-1000 vorbei, und Solène wurde von Maite Kelly ins Gespräch gebracht, als sie 2014 ihre jüngste Tochter so nannte.


Woher der Name Solvie kommt, hat mir meine 1972 geborene Interviewpartnerin aus Uetersen (Schleswig-Holstein) erzählt: „Als ich nach drei Brüdern – Marc, Holger und Norman – auf die Welt kam, sollte ich einen besonderen nordischen Namen bekommen: Solveig. Den kannten damals allerdings nicht viele, der Standesbeamte auch nicht. Auf Solvie hat er sich dann komischerweise eingelassen, unter der Bedingung, dass meine Eltern noch einen bekannten Namen mit Bindestrich anhängen.“ Sie heißt mit vollständigem Namen Solvie-Kathrin; die in der Amtsstube ganz spontan gewählte Kathrin/Katrin stand 1972 auf Platz 7 der Mädchennamen. Solvie hat die Kombination oder den Zweitnamen nie genutzt und wurde, anders als meine Interviewpartnerin Marle, auch nicht dazu genötigt. „Nur wenige wissen überhaupt von meinem Zweitnamen. Er steht halt im Ausweis.“

Ich könnte mir vorstellen, dass man als Kind namens Solvie in der heutigen Namenslandschaft sehr viel besser klarkommt als in den 70ern. Solvie fand ihren Namen damals leider doof: „Immer wurde nachgefragt, warum, wieso, woher. Auf eine Art war ich schon ein bisschen Außenseiter durch diesen Namen. Dazu wurde er ständig falsch geschrieben, mit y, ohne das e, doch mit g oder gh …“ Sie erinnert sich an einen sechstägigen Aufenthalt im Kinderkrankenhaus: „Da wurde mittags immer der Name auf den Tellerrand geschrieben. Mein Name stand jeden Tag anders da – aber immer falsch.“ Sie gewöhnte sich früh ans Buchstabieren („Siegfried, Otto, Ludwig, Viktor, Ida, Emil“), alternativ an ein kurzes „Mit v und ie“, und hätte gern einen Spitznamen gehabt, Solli oder Krümel vielleicht. „Aber wenn man das selbst will, klappt es wohl nur selten.“

Mein seltener Name und ich

Als Solveig – jetzt in den 2010ern auf Platz 1306 – hätte Solvie es kaum besser gehabt, schon weil es diesen Namen in Skandinavien in diversen Varianten gibt (Solveigh, Solvig, Solveig, Solweig, Solvej, Solvejg, Sølvig, Sólveig, Salveig, Sölveig) und auch die Aussprache schwierig ist. Manche Solveig(h) hierzulande spricht sich eingedeutscht mit hörbarem g oder wird gegen ihren Willen so gesprochen, während Norweger eher „SSuhlwai“ sagen, nur so als Beispiel. Übrigens herrscht auch über die Bedeutung Uneinigkeit: Statt die Bestandteile des Namens von Worten für „Haus“ und „Kampf“ herzuleiten, bestehen viele Namensträgerinnen und ihre Eltern auf dem hübschen „Sonnenweg“.

Erst in ihren Zwanzigern freundete Solvie sich mit ihrem Namen an: „Man lebt einfach damit und gewöhnt sich dran. Ich finde den Klang ganz nett und die Länge genau richtig – nicht zu lang und nicht zu kurz.“ Die Reaktionen von anderen waren meistens positiv, „manchmal vielleicht nur, weil die Leute mir widersprechen wollten und ich gleich gesagt habe, dass ich meinen Namen nicht so toll finde.“ Es kommt allerdings immer mal wieder vor, dass sie als „Herr Solvie …“ angeschrieben wird. Solvie findet’s nicht schlimm: „Woher sollen die das auch wissen?!“ Ich hätte wegen der Nähe zu Sophie oder auch Silvie weniger damit gerechnet, habe jetzt aber gelernt: Es gibt tatsächlich (ähnlich unbekannte) Männernamen, die an Solvie, Solveig und Co. angrenzen: Solve, Sölve (unisex?) und Sǫlvi. Jetzt aber bitte nicht nach der korrekten Aussprache fragen!

4 Gedanken zu „Mein seltener Name und ich: Solvie“

  1. Mir gefällt der Name Solvie gut! 🙂 (Und ich habe jetzt noch gelernt, wie man „Solveig“ richtig ausspricht, danke – die Diskussion hatten wir ja neulich hier! :))

    Meistens lernen die Träger seltener
    Namen diesen erst im erwachsenen Alter schätzen, oder? Ich fände einmal eine Studie dazu spannend, welche Namen sich die Leute für sich selbst in den verschiedenen Altersphasen aussuchen würden! 🙂 Ich habe selbst einen sehr seltenen Namen (nicht Talea) und liebe ihn – aber mit einer anderen Geschichte dahinter …

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