Seit 2009 schon steht Mia auf Platz 1 der Mädchennamen. Wenn ich mich allerdings in meinem (kinderreichen) Umfeld umschaue, komme ich nur auf eine einzige kleine Mia, die ich über drei Ecke „kenne“. Der gefühlt häufigste Mädchenname ist ein anderer: Charlotte – da fällt mir locker ein halbes Dutzend ein.
Zeigen sich hier etwa Einflüsse von „Sex and the City“? Oder doch von übermäßiger Goethe-Lektüre (Werthers Lotte)? Jedenfalls: Eine Häufung, die ergründet werden will! Ich habe mit drei Charlotte-Müttern gesprochen, alle wohnhaft im Raum Hamburg. Ihre Töchter sind zwischen Ende 2007 und 2008 geboren. Schon interessant: Charlotte (zuletzt auf Platz 25) erreichte 2008 bundesweit Platz 26 – in Hamburg aber Platz 8! Noch verrückter nach Charlotte waren nur die Berliner (Platz 3).
Kein Allerweltsname?
Charlotte Nr. 1 ist Jahrgang 2007. Ihre Mutter Jutta (damals Anfang 30) empfand die Namenswahl als sehr schwer. Monatelang hatte sie sich auf einen Sohn eingeschossen, das Mädchen-Outing kam erst im siebten Monat. Dazu schmetterte ihr Mann Stefan einen Favoriten nach dem anderen ab. Eigentlich stand Matilda bei Jutta an erster Stelle. Auch der Nicht-Katholiken eher unbekannte Name Lioba gefiel der gebürtigen Rheinländerin. „Klassische, ältere Namen mit schönem Klang eben.“ Über das Kind von Freunden, Lotta, kam das Paar dann auf Charlotte: „kein Allerweltsname, wie wir damals dachten, und man kann ihn abwandeln, wie man will.“
Dass sie mit dem Namen dann „doch nicht allein auf weiter Flur“ waren, überraschte die beiden. Trotzdem sind sie mit ihrer Wahl nach wie vor sehr zufrieden und nennen ihre Tochter meist beim vollen Namen. Charlottes Großeltern waren durch eine Cousine, deren Tochter Frieda heißt, schon etwas an den Trend der alten Namen gewöhnt und hatten keine Einwände. Charlotte trägt noch zwei weitere Vornamen: Maria Helene, nach zwei Omas ihrer Eltern. An ihrem Namen stört sie höchstens das Reimpotenzial („Charlotte, alte Motte“). Im Kindergarten ist sie „die große Charlotte“ – mit Charlotte Nr. 3 in derselben Gruppe –, was ihr gut gefällt.
Tatort, nicht „Sex and the City“
Die Mutter von Charlotte Nr. 2, die 1974 geborene Steffi, hatte noch Sarah in der engeren Wahl. Doch obwohl dies jahrelang ihr Lieblingsname war, stand Charlotte vor der Geburt 2008 „zu 90 Prozent“ fest. Auch Steffi wollte bewusst einen klassischen Namen, der mit dem Nachnamen harmoniert, und keine Kurzform, „die benutzt man später noch oft genug“. Sie hatte eine Großtante, die Lotte oder Lotti genannt wurde, meint aber auch, dass Tatort-Kommissarin Charlotte Lindholm sie inspiriert haben könnte. Charlotte scheint dieser Tage überhaupt ein guter Name für Kommissarinnen zu sein: Auch eine Charlotte Sänger ermittelte im Tatort.
Es war Steffi und ihrem Mann Lutz bewusst, dass Charlotte „nicht ganz selten“ ist, „aber Lotta hört man noch öfter“ (ein Eindruck, der sich statistisch nicht belegen lässt). Steffi selbst ist mit ihrem häufigen Namen gut gefahren („In der Schule war ich immer die Einzige“), während ihr Mann seinen Namen gar nicht mag. Charlotte wird auch mal Lotte oder Lotti genannt, ihr Zweitname ist Sophie. Seit einem Jahr freut oder ärgert sich – je nachdem – das ruhige Mädchen mit den Zöpfchen über zwei lebhafte Zwillingsbrüder: Jonas und Alexander.
Prinzessin und Großelternschreck
„Klingt ja wie eine Prinzessin“, befanden Freunde, als Bernadette und Thorsten, beide heute Mitte 40, vor nicht ganz fünf Jahren ihre Tochter präsentierten: Charlotte Viktoria. „Wir haben lange gesucht“, erinnert sich Bernadette. „Marie und Amelie gefielen uns auch, standen uns aber etwas zu hoch in der Hitliste.“ Dass beide Namen in den regionalen Top Ten gar nicht vorkommen würden, im Gegensatz zu Charlotte, konnte man beim Blick auf die bundesweite Liste kaum ahnen. Als mögliches Namensvorbild fällt Bernadette spontan Bestsellerautorin Charlotte Link ein, deren historische Romane sie gerne liest.
Charlotte Nr. 3 hat einen zehn Jahre älteren Bruder, Christopher. Dass beide Namen mit Ch- anfangen und etwas länger sind – zu einem nur einsilbigen Nachnamen –, gefiel Bernadette und Thorsten sehr gut. Seine Eltern allerdings mochten den Namen Charlotte gar nicht, „das lassen sie noch heute durchblicken“. Wenn es nach ihnen gegangen wäre, hieße ihre Enkelin Melanie, Nathalie oder Claudia. „Ohne Worte“, findet Bernadette. Sie nennt ihre Tochter gelegentlich Lotte oder Lotti und kann sich auch vorstellen, dass Charlotte sich später einmal bei ihrem Zweitnamen Viktoria rufen lässt: „Sie kann selbst entscheiden, was ihr lieber ist.“
Witzig, dass scheinbar viele Lotte/Lotti abkürzen. Das findet sich hier in zwei der drei Beispiele und auch sonst kenne ich noch zwei Charlottes, die Lotte genannt werden. Ich habe den Namen Charlotte ebenfalls auf meiner Liste und stelle mir immer eine kleine „Charlie“ vor! 🙂
Charlie als Abkürzung für Charlotte ist cool! Ich mag es so wie so, wenn man für Mädchen (Spitz-)Namen hat, die hierzulande eher mit Jungen assoziiert werden!
Das erinnert mich an die kleine Charlotte, auf die ich vor zehn Jahren in London aufpasste (Mama deutsch, Papa britisch). Sie wurde nur Charlie gerufen und war auch eine kleine wilde, süße Charlie. Als ich sie vor vier Jahren wiedertraf, war sie inzwischen eine ruhige, kluge Charlotte geworden.
Die kürzlich verstorbene Oma meines Mannes hieß Charlotte und wurde wohl von Freunden und manchen Familienmitgliedern auch „Lottchen“ genannt.
Mir persönlich gefällt die Version Carlotta (statt Charlotte) ja etwas besser, würde aber (unser Nachname beginnt mit K) weder den einen noch den anderen Namen selbst vergeben.
„Der gefühlt häufigste Mädchenname ist ein anderer: Charlotte – da fällt mir locker ein halbes Dutzend ein.“
So ging es mir auch, als wir einen Namen für unsere Tochter (Emma) suchten. Nach zähem Ringen 😉 um diverse Namen, von häufig bis selten war alles vertreten, die Richtung war aber eher klassisch und ging in Richtung Emilinismus, blieben noch zwei Namen übrig, die sowohl mir, wie auch meinem Mann gefielen: Emma und Charlotte. Charlotte gefiel mir schon seit meiner Kindheit, Emma seit der Lektüre von Jane Austens „Emma“ vor etwa zwanzig Jahren. Eine Emma im Kinderalter kannte ich nicht, aber diverse „Charlotten“ und Karlottas. Dazu muss ich sagen, dass ich sowohl beruflich, wie auch privat viele Kinder kenne. Das Internet habe ich allerdings nicht bemüht, die Idee kam mir nicht einmal, wohl aber gelesen, dass Emma inzwischen recht beliebt war. Da mir beide Namen gleichermaßen gefielen, mein Mann aber zu Emma tendierte, fiel unsere Wahl auf Emma. Inzwischen war der Name dann auch in unserer Umgebung angekommen. In diversen Kindergruppen gab es immer noch eine andere Emma. Im Kindergarten allerdings nicht. Es sind aber auch immer wieder „Charlotten“ vertreten. Wir sind aber nach wie vor zufrieden mit dem Namen und Emma findet es bislag eher lustig, wenn noch ein anderes Kind so heißt wie sie. Ich muss dazu sagen, dass es mir selbst nie negativ aufgefallen ist, wenn es mehrere Kinder mit dem gleichen Namen gab. Ich habe Namen immer danach beurteilt, ob sie mir gefallen oder nicht gefallen haben. Würde ich meine Tochter noch einmal Emma nennen? Ja, das würde ich. Vielleicht mit einem seltenen Zweitnamen, aber auch nur vielleicht.
Dem kann ich mich nur anschließen, ich freue mich auch immer Namensvetterinnen zu begegnen und finde die Verwirrung eher lustig. Und mithilfe von Nachnamen, Zweitnamen und ein bisschen Kreativität kann man auch jedem einem eigenen Spitznamen verschaffen, wenn es denn sein muss.
Übrigens, schön, dass du wieder da bist, wo hast du denn so lange gesteckt?
@Rebecca Sophie- in letzter Zeit war ich als stille Leserin mit dabei!
Hier wurde ja gerade über die Spitznamen von Charlotte gesprochen.
In meiner klasse (bin 8. Klasse)
Gibt’s eine Charlotte, die als die Klein war ihren Namen nicht richtig sagen konnte und sich selbst „Schote“ genannt hat. Bevor sie das in der 6. Klasse in der schule erzählt hat, nannten sie alle Lotte oder Charlie oder auch Scarlet.
Jetzt nenet sie jeder schon seit 2 Jahren Schote, was Viel kreativer, und lustiger ist als die „klassischen“ Charlotte-Spitznamen ist. Früher haben die Jungs sie noch „Chilli-Schote“ genannt, aber jetzt macht sich keiner mehr lustig. Nur die Lehrer nennen Sie noch Charlotte.
Ach Du meine Güte… Damit hätten wir jetzt schon einmal drei kulinarische Assoziationen zu Charlotte.
1. Schalotte. Allium Ascalonium. Hat etymologisch nichts damit zu tun, klingt aber auf deutsch (fast) genauso.
2. Charlotte. Süßspeise der klassischen Küche, bereitet in einer Charlotten-Form. So eine Art Eisbombe, aber eben nicht kalt. Der Mantel ist aus Biskuit, die Füllung eine angedickte Variante der Bayerischen Creme. Charlotte russe.
3. Nun also auch noch Schote.
Und der Witzblattname der Bionade-Bourgeoisie schlechthin ist es seit vielen Jahren auch schon. Dennoch ist das einfach ein schöner, klassischer Name. Manchen Namen, und eben gerade den häufigen (!), kann nichts und niemand etwas anhaben.