Das wollte ich schon längst mal wissen: Tun sich Lehrer schwerer bei der Namenswahl, weil bei ihnen jeder Name schon durch x Schüler besetzt ist? Schlagen sich die Fächer, die sie unterrichten, bei ihren Favoriten nieder – der Sohn des Mathepaukers heißt Pythagoras, der Spross der Germanistin Friedrich (Schiller)? Dazu habe ich drei Pädagoginnen und einen Pädagogen, alle zwischen Ende 20 und Mitte 40, ausgefragt.
Ganz interessant an der Lehrerwarte ist auch, dass sie von wechselnden Namensmoden mit circa sechs bis sechzehn Jahren Verspätung überschwemmt werden. Möglich ist zudem – eine kühne These?! –, dass sich in Klassenlisten je nach Schulform oder Einzugsgebiet bestimmte Namen oder Stilrichtungen häufen, die in der allgemeinen Hitliste gar nicht so weit vorn liegen, und andere dafür fehlen. Vielleicht ist einer dieser Gründe dafür verantwortlich, dass J., Sonderpädagogin aus Hamburg, noch keinen Schüler namens Tom gehabt hatte, als 2004 ihr erster Sohn auf die Welt kam. „Mittlerweile gibt es einige.“ Auch 2008, in ihrer zweiten Schwangerschaft, war „Möglichst keine aktuellen Schülernamen und keine Erinnerungen“ ihre Devise. Ein Mädchen hätte J. damals Liv, Greta oder Maj genannt, es wurde aber noch ein Junge: Bela. J. unterrichtet viel Englisch und sieht hier den einzigen Bezug zu ihrem Namensgeschmack: „Mir und meinem Nicht-Lehrer-Mann war es wichtig, dass ein Name lautgetreu ist und möglichst international aussprechbar.“
Auch N. aus Nordrhein-Westfalen unterrichtet Englisch. Als sie im letzten Jahr erstmals Mutter wurde, liebäugelte sie mit keltischen und gälischen Namen. „Mairi oder Maira waren im Gespräch.“ Letztlich konnte sie sich aber nicht dazu entschließen, „weil es für hiesige Ohren allzu exotisch klingt. Vor allem wollten wir Ausspracheprobleme vermeiden.“ Auch eine Deutsch-Kollegin – N.s Zweitfach –, die nicht müde wurde, Namen aus der Literatur vorzuschlagen, konnte bei den jungen Eltern nicht landen: Die Wahl fiel auf den zeitlosen Klassiker Franziska. Ebenso wie J. hat N. den Eindruck, dass für sie durch ihren Beruf zunehmend mehr Namen wegfallen. Franziska war ein Vorschlag ihres Mannes. N. fielen zwar prompt zwei Schülerinnen dieses Namens ein, aber: „Mit ihnen verbinde ich überwiegend positive Begegnungen und Wesenszüge, so dass ich den Namen ‚trotzdem‘ gerne vergeben wollte.“ Inzwischen hat „ihre“ Franziska sowieso fast jede Schüler-Erinnerung „überschrieben“. „Vielleicht wäre das bei einem Namen mit negativen Assoziationen ähnlich?“, überlegt sie.
S. unterrichtet als Referendarin Chemie und Erdkunde in Niedersachsen. Sie hat noch keine Kinder, denkt aber intensiv über Namen nach. Louise und Lioba sind momentan ihre Lieblinge, die auch ihrem Partner gefallen würden. Für Jungen steht Leonhard auf ihrer Liste, was auch mit einem Schulfach zu tun hat: „Mein Freund ist Mathematiker und möchte das bei Namen künftiger Kinder einfließen lassen. Leonhard würde also nach Herrn Euler benannt werden.“ Auch Linus käme in Frage („Er ist Linux-Fan“). Für S. dagegen sind Namen, die eindeutig mit ihren Fächern verknüpft sind, ebenso tabu wie die Namen besonders vieler oder besonders unangenehmer Schüler. Odessa fällt ihr als Beispiel ein, Florenz oder Sander: „Da denken viele erst mal an die Städte oder an den Bestandteil der glazialen Serie. Vor allem vor Kollegen und Schülern wirkt das eher plakativ bis albern.“
B., Physik- und Politiklehrer in Niedersachsen und Hahn im Korb bei meiner Recherche, war auch einmal an einem ähnlichen Punkt wie seine Kolleginnen: „Bei der ersten Namenssuche dachte ich noch, alle Namen seien bereits verbrannt. Doch mit der Zeit stellte sich ein relaxteres Bild ein, ich habe dann gar nicht mehr an Schüler gedacht.“ B. und seine Frau – ebenfalls Lehrerin – haben drei Kinder: Inga wurde 2004 geboren, Thilo 2006 und Hanne 2010. „Im Lauf meiner etwa 15-jährigen Lehrertätigkeit habe ich wahrscheinlich rund 1500 Schüler gehabt, die kann man schon ob der Zahl nicht alle ausschließen.“ Auf den Namen für seinen Sohn kam er sogar durch einen Schüler: „ein Kollegenkind, das ich unterrichtet habe.“
D. ist „extremfriesisch“, das kann man machen, wenn man es sich traut, und die Gegend passt ja. Ich hätte es ohne die Vorrede weder einem Geschlecht zuordnen können noch als „deutschen“ Vornamen eingeordnet. Und bei der Aussprache hätte ich über das j gerätselt: Deutsches j oder eher ein englische dsch?
S. passt auch überregional und international gut, und ist für mich auch ohne die Vorrede mit Skandinavien verbunden.
Wird Daa.je so ausgesprochen wie geschrieben? Der Name ist mir bisher nur in einem Vornamenbuch begegnet.
Er ist, zumindest in der Region, in der ich lebe, völlig unbekannt und klingt ein bisschen nach Lallname, also als könnte ein kleines Kind seinen Namen noch nicht korrekt aussprechen.
Ich stimme auch für San.na.
Ungewöhnlich und doch bekannt (als Bestandteil von Susanna), schlicht, klar in Aussprache und Schreibweise, auch international tauglich.
Viele Grüße
Hallo,
ich bin selbst Lehrerin an der Grundschule und letztes Jahr Mutter eines Jungen geworden.
Sowohl sein Name als auch der Mädchenname, der für meinen Mann (kein Lehrer) und mich in Frage kamen, waren Namen, die noch nie ein Schüler aus meiner Klasse hatte, die aber trotzdem bekannt sind.
Wir schwankten zwischen zwei Namen, den anderen trug aktuell ein Kind in meiner dritten Klasse. Das war für mich der Grund, mich gegen diesen Namen zu entscheiden.
Auch einer meiner früheren Lieblingsnamen ist für mich mittlerweile komplett ausgeschlossen, da ich schon mehrere schwierige Schüler unterrichtete, die so hießen.
Zu der Namenssuche:
Daa.je habe ich hier in Süddeutschland auch noch nie gehört. Wenn es in eurem Umfeld ein bekannter Name ist und euch beiden gefällt, würde mich das nicht unbedingt stören. Der Klang ist doch nett.
San.na ist der deutlich bekanntere Name, den ein Kind vermutlich nicht so oft buchstabieren müsste.
Zu den „Lehrerkindernamen“.
Mein Mann und ich sind selbst Lehrerkinder, unsere Geschwister und wir haben in unserer Generation sehr „normale“ traditionelle Vornamen. Auch die meisten mir bekannten Lehrerinnen und Lehrer meiner Generation und jünger haben ihren Kindern recht normale Namen gegeben. Das Argument, dass bestimmte Namen nicht mehr in Frage kommen weil mit „gestörten “ Schülerinnen/Schülern besetzt, ist mir allerdings auch schon begegnet. Die Extremvariante „Name darf nicht bei Schülern vorkommen oder schon mal vorgekommen sein “ scheint mir allerdings etwas übertrieben, ich kenne keine Lehrerin und keinen Lehrer, die das so sehen. Der ausgefallenste Name von mir bekannten Lehrerkindern unter 20 ist, glaube ich, L.inn. Ansonsten heißen die Lehrerkinder un meinem Umfeld eher Jo.hannes, P.aul, A.nna, Fran.ziska u.ä., also auch wieder „normal “ und traditionell.
Ich kenne zwei Lehrerpaare, die 2019 jeweils einen Sohn bekommen haben. Das eine Paar hat ihr Kind Jo.rik genannt. Ein Name, der zwar seltem, aber leicht zu schreiben und zu sprechen ist, und ihnen noch nicht bei ihren Schülern untergekommen ist.
Das zweite Paar hat ihren Sohn Ben genannt. Da dachte ich: Na klar, wenn man schon 5 Schüler hatte, die so heißen, wird der Name nicht mit DEM einen Kind verknüpft. Aber tatsächlich hatten beide noch nie einen Ben als Schüler.
Ich kenne tatsächlich persönlich auch keinen einzigen Ben.
Ich auch nicht. Ich kenne persönlich einige der Top 10 Babynamen nicht persönlich weder als Baby noch als erwachsene Person.
Von den beliebten Babynamen 2020 kenne ich
Mia (etwa 13 Jahre alt)
Hannah (mehrere, zwischen 26-17)
Emma (etwa 11)
Sophia (Mitte Zwanzig)
Ella (vom Hörensagen, Grundschulalter)
Clara (Hörensagen, etwa 20 Jahre alt)
Lea (viele, zwischen 26-Grundschulalter)
Noah (Grundschulalter)
Finn (vom Hörensagen, einer ist etwa elf, der andere ein Kita-Kind)
Leon (Grundschulkind)
Elias (mehrere, zwischen 15 und 8)
Henry (7 Jahre)
Felix (9 Jahre)
Luis (als Louis etwa 15 Jahre)
Bei den Mädchen sind es viele erwachsene Frauen, die die Namen tragen, Sophia lese ich in Geburtsanzeigen nur immer als Zweitname. Hanna und Mia lese ich häufig als Babyname, mir ist nur noch nie eins begegnet.
Bei den Jungen sind es tatsächlich mehr Kinder, die einen Trendnamen tragen.
Noch nie begegnet oder gehört
Emilia
Lina
Mila
Ben
Matteo
Paul
Ich hatte tatsächlich auch an drei Schulen noch keine einzige Mia und keinen Ben.
Auch die anderen Top-10-Namen waren nie auffallend häufig.
Das ist ja auch interessant: die „gefühlte Häufigkeit “ der Top10-Namen.
Dann will ich auch mal:
Noah – ja, häufig
Ben – kenne ich persönlich keinen einzigen
Matteo – einer im weiteren Umfeld
Finn – im nähern Umfeld keiner, weitläufig sind mir schon welche begegnet
Leon – sehr häufig, mehrere im Umfeld + man hört in Freizeitpark u.ä. an aus jeder Richtung „Leon“ rufen
Elias – mehrere im Umfeld
Paul – persönlich kenne ich Pauls verschiedenster Jahrgänge
Henry – kennen einen um die 60, einen ca. 30 und weitläufig einen ca. 12-jährigen Henri
Luis – kommt vor
Felix – kenne welche, auch aus verschiedenen Generationen, aber jetzt nicht immens häufig
In meinem Umfeld sind Johannes, Jakob, Simon und David besonders häufige Jungennamen.
Mia – begegnet mir ab und an
Emilia – auch ab und an
Hannah – häufig
Emma – im persönlichen Umfeld nicht sooo häufig, aber oft gehört
Sophia – im persönlichen Umfeld nicht sehr häufig, aber hört man oft
Lina – kenne eine ca. 40 und eine ca. 12
Ella – kannte eine aus meiner Großeltern-Generation, sonst kenne ich vom Hörensagen eine Ella Anfang 20, keine einzige kleine Ella
Mila – mir fallen 2 ein, die ich kenne
Clara – häufig
Lea – häufig
Naja, die 2020er-Kinder sind ja auch noch längst nicht in den Schulen. Ich kenne davon:
Mia – eine in der achten Klasse, eine im Kindergartenalter
Emilia – mehrere im Alter zwischen 10 und 14 Jahren
Hannah – aus dem Studium eine um die 30, keine jüngere
Emma – eine Unidozentin Anfang 40, eine 19-jährige und eine 14-jährige Schülerin sowie ein Kollegenkind Jahrgang 2019
Sophia – eine 14-jährige mit kasachischen Wurzeln, ansonsten von früher mehrere in meinem Alter (jetzt Ende 20, Anfang 30)
Lina – eine in der achten Klasse
Ella – eine in der Oberstufe, eine (wieder Kollegenkind) im Alter von 2 oder 3 Jahren
Mila – keine
Clara – mehrere in den Klassenstufen 11 bis 13 und eine [K]lara Jahrgang 2018
Lea – seeehr viele, gefühlt sitzen in jeder Klasse von Stufe 9 bis 13 mindestens zwei davon
Noah – einige zwischen 15 und 20 Jahren, einen Zweijährigen
Ben – einen Anfang 50 (ja, der heißt auch wirklich „nur“ Ben) und ein Kollegenkind Jahrgang 2019
Matteo – einen Matt[h]eo, 2018 geboren
Finn – viele im Alter von 11 bis 15, einen in Klasse 12 und einen F[y]nn in Klasse 11
Leon – unglaublich viele; in jedem Schuljahrgang mindestens ein, zwei Mal vertreten
Elias – zwei aus der achten Klasse
Paul – ein paar wenige zwischen 14 und 18 Jahren, von früher einen Ende 30 und einen Anfang 30
Henry – einmal Klasse 8, einmal Klasse 9, und ein Kollegenkind Jahrgang 2018
Luis – vom Hörensagen nur einen im sechsten Jahrgang
Felix – einen Mitte 30, einen im Grundschulalter
„Naja, die 2020er-Kinder sind ja auch noch längst nicht in den Schulen.“
Ich bin bei meiner „Zählung“ davon ausgegangen, wie viele Namensträger ich überhaupt kenne, insbesondere im Alter 0-20.
Das stimmt natürlich, aber die meisten der Top-Namen sind ja schon länger sehr beliebt.
Nachtrag: Häufige Mädchennamen in unserem Umfeld:
Anna, Katharina, Franziska
Ich bin wie chiocciola vorgegangen 🙂
Mein Nachtrag zu häufigen Namen im Umfeld
Anna (alle zwischen 30 und Grundschule)
Lukas (neben meinem Bruder kenne ich unzählige weitere).
Selina/Celine (zwischen 26-Grundschule)
Jan