Schriftsteller machen sich zwangsläufig Gedanken über Vornamen, denn sie müssen ja ihren Romanfiguren Namen geben. Durch die Namen der Protagonisten verraten die Autoren uns Lesern oft viel über ihre Ansichten und Vorurteile zu manchem Namen. Tom Liehr zum Beispiel findet den Namen Korbinian originell, das schreibt er so wörtlich in seinem Roman Leichtmatrosen
Auch zum Vornamen Jacqueline hat er wohl einige Assoziationen, jedenfalls erweckt die folgende Textstelle aus Leichtmatrosen bei mir diesen Eindruck:
„Ich habe mal eine Woche auf Mallorca verbracht“ – Simon sprach den Inselnamen mit zwei l aus – „vor acht oder neun Jahren. Da war ich mit diesem Täubchen aus Marzahn zusammen. Jacqueline.“ Auch hier ließ er nicht einfließen, dass der Name eigentlich kein deutscher war: Dschack-Kell-Liene.
Ich würde es so deuten, dass der Autor über die allgemein vorherrschenden Vorurteile zum Namen Jacqueline im Bilde ist und sich derer bedient, um dem Leser Simons Charakter besser darzustellen. In dem Textausschnitt wird in erster Linie auf Simons mangelnde (kulturelle) Bildung hingewiesen: das soll durch mangelnde Fremdsprachenkenntnisse und durch eine frühere Liaison mit einer Frau namens Jacqueline hervorgehoben werden.
Die Deutung klingt nachvollziebar, aber: Wenn ich eine Liason zu einer Frau namens Jacqueline habe, ist das ein Zeichen, dass ich ungebildet bin? Das geht dann doch etwas zu weit, finde ich.
Wenn jemand eine Liaison mit einer Frau namens Jacqueline hat, sagt das weder über den Bildungsstand der Frau namens Jacqueline noch über den ihres Partners etwas aus!
In diesem Kontext passen die Vorurteile zum Namen Jacqueline nur gut zur Darstellung der mangelnden Bildung Simons – beide scheinen den Namen Jacqueline falsch auszusprechen.
Vielleicht verrät die Beschreibung Simons eher etwas über die Assoziationen des Autors mit dem Namen Simon als mit dem Namen Jacqueline.
Das sind so die Ungerechtigkeiten. Bei Dschack-Kell-Liene sind die Vourteile vorprogrammiert. Und darauf baut wohl auch dieser Autor. Bei Charlotte aber, genauso französisch und „falsch“ ausgesprochen seit vielen, vielen Jahren (Jahrhunderten?) merkt es keiner mehr. Ich denke auch, dass hier jemand möglichst viele Vorurteile in eine Person packen wollte.