Vor einigen Tagen ist eine wissenschaftliche Studie erschienen, nach der Namen wie Alexander, Sophie oder Marie in den Ohren von Lehrern leistungsstärker klingen als Chantal, Mandy oder Kevin: Kevin ist kein Name, sondern eine Diagnose.
Vor allem Lehrer, Menschen, die Kevin heißen und Eltern von Menschen, die Kevin heißen, sind eher nicht so gut auf dieses Thema zu sprechen.
Nicht ganz unbegründet. So wird in Frage gestellt, ob tatsächlich nur die Ansichten von Lehrern in die Auswertung eingeflossen sind. Der Fragebogen konnte im Internet von jedem Nutzer aufgerufen werden und (böse böse böse) manipuliert werden.
Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Angaben stimmen, ist die befragte Gruppe nicht repräsentativ: Ein Blick in die Ausarbeitung verrät, dass vor allem verhältnismäßig junge Lehrer mit wenig Berufserfahrung teilgenommen haben. Zudem kommt die Mehrheit der Umfrageteilnehmer aus den Bundesländern Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Der Frauenanteil von fast 90% ist allerdings ein Indiz dafür, dass tatsächlich vor allem Grundschullehrer(innen) ihre Meinung geäußert haben – es gibt kaum männliche Grundschullehrer.
Die Tageszeitung „Welt“ stellt in Frage, ob es schlimm ist, wenn Vornamen die Klassenzugehörigkeit verraten:
Klassenzugehörigkeit verrät sich auch bei uns nicht nur durch Einkommen und Wohnort. […] Auch die Namen enthüllen noch viel mehr als nur Armut und Reichtum der Eltern. Wer auf einem Zeitungsfoto aus Afghanistan drei Bundeswehrsoldaten mit den Vornamen Mario, Silvio und Henry erblickt, weiß sofort, dass diese aus den neuen Bundesländern stammen. Wenn in den Polizeimeldungen von einem Schrecken verbreitenden Schlägerduo namens Artur und Eugen die Rede ist, dann handelt es sich sehr wahrscheinlich um russlanddeutsche Spätaussiedlerkinder. Und jemand, der Imke Carstensen heißt, stammt so sicher aus dem Norden, wie Ignaz Pollinger ein waschechter Bayer ist.
Dabei haben Namen gar keine Bedeutung, die sich definieren ließe wie etwa die des Wortes „Tisch“: „Ein Möbelstück mit einer Ablagefläche, die traditionell meist von vier Beine getragen wird.“ So eine handfeste Bedeutung nennt die Sprachwissenschaft „denotativ“. Ein Kevin aber lässt sich nicht definieren. Zwar hat Kevin irgendwann einmal in seiner altirischen Form Coemgen „hübsch und anmutig von Geburt“ bedeutet, aber das wissen die meisten Eltern heute gar nicht mehr. […]
Doch gerade weil den Namen eine denotative Bedeutung fehlt, können sie sich umso mehr aufladen mit jenen Bedeutungen, die der Linguist „konnotativ“ nennt. Gemeint ist damit alles, was jenseits der Definition sonst noch so mitschwingt, wenn wir ein Wort gebrauchen. Gefühlsmäßige Einstellungen etwa. „Ross“, „Pferd“, und „Mähre“ bedeuten zwar dasselbe, aber letzteres ist eindeutig verächtlich gemeint, während ersteres das Tier erhebt.
Bei den Namen kann manchmal ein einziger Buchstabe über deren Konnotation entscheiden: Einer Jaqueline ohne c wird man immer eine Herkunft aus bildungsfernen Schichten unterstellen.
Adrian Teetz stellt in der taz dar, wie diese Studie für die Verstärkung des Vorurteils gesorgt hat: Keine Chance für Kevin.
Mich würde mal eines interessieren und zwar wie der Vorname Kevin zu seinem schlechten Ruf gekommen ist? Für mich ist sein Aufkommen mit dem Film „Kevin allein zu Haus“ quasi belegt. Aber durch diesen eigentlich lieben und intellegenten Jungen können solch negativen Asoazionen doch gar nicht hervorgerufen werden.
Der Journalist wählte ein total dummes Beispiel. Kevins in America, oder Chantals in Frankreich rufen bestimmt nicht solche negativen Reaktionen hervor wie hier in Deutschland wo bestimmte Menschen Nahrung brauchen um über andere herzuziehen.
Es ist schon komisch, dass wenn ich an Unruhgestifter denke, sie Kai, Aaron, Daniel, Florian heißen… und Schwänzerinnen Helene, Erika, Diana… wiederum durfte ich auch Gegenbeispiele kennenlernen, weil Name nunmal Name und jeder Mensch für sich ein Individum.
ein kurzer Kommentar aus der Logopädie: Ja, es ist LEIDER SO. Bei einem Kind mit Kevin oä ist bei uns die Aussage “ brauchen wir keine Diagnostik mehr zu machen“- das sind keine Vorurteile sondern Erfahrungen aus langjähriger logopädischer Arbeit- es ist leider ein Fakt.
@Line, so ein Schwachsinn
Die Klassenzugehörigkeit soll durch Vornamen erkennbar sein?
Mein Name, obwohl ich nicht zu der „Oberklasse“ gehöre, ist einer, den man früher den Töchtern von Königen gegeben hat. Manchmal zumindest 🙂
Was Kevin angeht: Es ist eigentlich ein seltsames Phänomen. Ich kenne drei Kevins, wenn auch nur oberflächlich.
Der erste davon ist das perfekte Beispiel für diesen Außenseiter – er ist unbeliebt, wird regelmäßig verprügelt und anderweitig geärgert. (Nein ich bin nicht halb so abgebrüht wie das klingt – nur, wenn ich mich da einmische, geht das nie gut.)
Der zweite Kevin hingegen ist trotz seines eher ungewöhnlichen Aussehens zwar nicht bei allen, aber doch bei vielen beliebt – weil er erstens intelligent und zweitens humorvoll ist.
Der erste ist übrigens Hauptschüler, der zweite Gymnasiast – aber erst seit letztem Jahr, ich spreche hier von einer Gesamtschule.
Und der dritte Kevin ist das klassische „Oberklassen“junge, zumindest war er das, als ich ihn das letzte Mal gesehen habe.
Seine Familie besitzt eine große Firma.
Ein anderes Beispiel:
Wir hatten letztes Jahr zwei Kims in der Klasse. Die eine war eine verwöhnte Prinzessin, der ihre Mutter selbst für einen Friseurbesuch eine Entschuldigung schrieb und die fast alle verachtet, die weniger Geld haben als sie.
Mit ihr hab ichs mir übrigens verdorben, weil ich ihr den Status als Klassenälteste abgejagt habe.
Die andere Kim, ist das klassische brave Mädchen, mag Pferde und ist sich nicht zu schade mit den „Außenseitern“ zu reden.
Beides war mein erster Eindruck, auch wenn ich inzwischen festgestellt habe, das erstere Kim auch umgänglich sein kann – wenn sie will und nicht gerade ihre „wäre ich so hässlich wie du, würde ich mich erschießen“-Phase hat.
Hat es was mit den Zweitnamen zu tun? Die erste Kim heißt Kim-Janine und die zweite Kim-Carolin, dennoch wurden sie an den Nachnamen auseinandergehalten.
Und unser Justin ist extrem beliebt, sowohl bei Mädchen als auch bei Jungs. Er it außerdem klug und beteiligt sich viel am Unterricht, weshalb unsere Lehrer ihm die Störungen gerne verzeihen.
Außerdem gibt es einen Unterschied zwischen den beliebten Namen der Lehrer und denen der Mitschüler, glaube ich zumindest. Natürlich hängt das auch von Erfahrungen mit bestimmten Namen ab.
Ich, Svenja, bin bei den Lehrern relativ beliebt – nicht, das ich eine Schleimerin wäre, aber ich bringe mich viel in den Unterricht ein und schreibe gute Arbeiten.
Bei meinen Klassenkameraden hingegen bin ich weniger beliebt – was aber durchaus daran gelegen haben kann, das wir erstens bis vor kurzem noch eine andere Svenja hatten, die nahezu keiner mochte, und außerdem daran, das ich einige Freunde von meinen jetzigen Klassen- und Schulkameraden kannte und nicht leiden konnte, was auf Gegenseitigkeit beruhte.
Außerdem habe die dumme Angewohnheit, zu sagen, was ich denke, und trage nicht unbedingt die neuesten Klamotten, sondern eher die Sachen, die MIR gefallen.
Unsere Michelle und viele andere hingegen sind bei ihren Klassenkameraden beliebt. (Im Gegensatz zu einer Michelle in meiner vorigen Klasse, aber das ist ein anderes extrem, was ich nicht am Namen festmachen will)
Unsere Lehrer hingegen bezichtigen sie ständig des Schwätzens und des Störens des Unterrichtes.
Ich weiß nicht, ob das etwas mit den Vornamen zu tun hat – wäre aber mal interessant, das herauszufinden.
„Die Tageszeitung “Welt” stellt in Frage, ob es schlimm ist, wenn Vornamen die Klassenzugehörigkeit verraten:“
In diesem Satz ist doch ein grammatikalischer Fehler, oder nicht?
Nein, hab ich auch gedacht, ist aber richtig. Ich würde sagen „stellt die Frage, ob“ oder „stellt infrage, dass“ Aber lt. Duden ist „stellt in Frage, ob“ richtig. Infrage ist zu bevorzugen vor in Frage, aber beides geht.