Von Kaffeenamen, Namensankern und dem Nesthäkchen

Mein Mann hatte mal einen Kollegen, der eine markante kleine Angewohnheit hatte: Wenn er anderen das erste Mal seinen Nachnamen nannte, sagte er gern: „Jacobs – wie der Kaffee“. Der Erfolg dieser Maßnahme war allerdings zweifelhaft. Sein Name wurde trotzdem oft falsch geschrieben. Mit k – wie „Kaffee“ eben. Es sind wohl auch eher wenige, die statt des sich aufdrängenden k den korrekten Markenschriftzug abrufen können.


Exkurs in die Kaffeewelt

Auch dass der Gute in Bremen arbeitete, der Heimatstadt jener Kaffeemarke (die an diesem Beitrag keinerlei Anteil hat!), half da kaum. Ich habe ein bisschen recherchiert: Das Unternehmen geht auf ein 1895 eröffnetes „Specialgeschäft für Caffee, Thee, Cacao, Chocoladen und Biscuits“ von einem gewissen Johann Jacobs zurück. Wie passend in diesem Zusammenhang, dass es damals üblich war, „Caffee“, „Cacao“ und „Biscuits“ mit c zu schreiben. Und „Chocolade“ und „Specialgeschäft“ auch!

Die falsche Frau Sommer

Aus meiner Kindheit erinnere ich mich gut an die etwas penetrante Werbefigur der Marke, Karin „Mühe allein genügt nicht!“ Sommer. Wikipedia weiß alles: Die Blondine mit der schwungvollen Fönfrisur hieß nicht wirklich so. Hinter der Figur steckte eine ehemalige „Miss Austria“, Xenia Katzenstein, die aber von einer deutschen Sprecherin synchronisiert (!) wurde. Davor war laut Unternehmenswebsite Ende der 50er Jahre „Großmutter Sophie“ Hauptdarstellerin der Werbung gewesen („ab 1959 sogar im Fernsehen“).

Mein alter Namensanker

Aber eigentlich wollte ich heute gar nicht über Kaffee schreiben. Sondern über die Art, wie wir versuchen, unseren Namen im Gedächtnis anderer Leute – am besten noch in der gewünschten Schreibweise – zu verankern. Ein ähnliches Sprüchlein wie der Kollege meines Mannes hatte ich nämlich früher auch drauf. Vor meiner Heirat hieß ich mit Nachnamen Meister. Weil das bei flüchtigem Hinhören oder vielen Umgebungsgeräuschen schnell mal nach „Meiser“ oder „Meisner“ klang, sagte ich öfter den (isoliert recht sinnfrei wirkenden) Satz: „Meister – wie der Meister“. Hat funktioniert!

Annemie und Pippi

Auch bei meinem Vornamen nutze ich hin und wieder eine solche Merkhilfe für andere. Jedenfalls, wenn ich Menschen treffe, die mindestens alt genug sind, um sich an die ZDF-Weihnachtsserie von 1983 zu erinnern. Ich sage dann: „Annemarie – wie das Nesthäkchen“. Ein bisschen möchte ich damit auch einer Anna-Maria oder Anne-Marie vorbeugen, auch wenn ich natürlich nicht davon ausgehen kann, dass jeder weiß, wie der von Else Ury erfundene Berliner Fratz, Arzttöchterchen Annemarie Braun, geschrieben wird. (Es weiß ja noch nicht mal jeder, wie man Pippi Langstrumpf schreibt. Von wie vielen „Pipis“ habe ich schon gelesen …)

Wer braucht so was?

Wer einen für seine Generation gängigen, nicht verwechslungsträchtigen Vornamen hat, wird sich solche Kniffe wohl kaum angewöhnen. Für meine Reihe „Mein seltener Name und ich“ frage ich immer gern danach, wie mein Gegenüber seinen Namen erklärt. Und bei so manchem ausgefallenen Namen, der mir bei Kindern und Jugendlichen begegnet, mutmaße ich, was Der- oder Diejenige sich hier wohl überlegen könnte. Zum Beispiel neulich bei „The Voice Kids“. Eine Teilnehmerin trug den Namen Bellamore (mit stummem e). Hatte ich noch nie gehört und bin noch unschlüssig, ob ich den jetzt toll finde oder nicht. Ob sie wohl „Wie Bella und ‚more‘“ sagt? Oder: „Wie ‚bell‘ und ‚amore‘?“

Und jetzt ihr: Welche Namensanker kennt oder nutzt ihr?

25 Gedanken zu „Von Kaffeenamen, Namensankern und dem Nesthäkchen“

  1. Mein Kollege hat einen Kollegen, der sagt gern „Bielefeld – wie die Stadt“, wenn er seinen Nachnamen nennt. Sein Name wird trotzdem oft „Bielefeldt“ geschrieben.

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  2. Ich kenne die Nesthäckchenreihe auch und ich bin nach der Serie geboren. Für meine BLL habe ich damals den Teil „Nesthäckchen fliegt aus dem Nest“ analysiert und interpretiert mit dem
    Blick auf Frauenbilder in Jugendbüchern.

    Annemarie würde ich immer so schreiben, Anna-Maria immer mit Bindestrich (eine der wenigen okayen Bindestrichnamen).

    Das Nesthäckchen wird von den Eltern auch Lotte gerufen , der Grund dafür wird nicht erklärt.
    Die jüdische Autorin Else Ury wurde später im KZ ermordet, ihre Geschichten überdauerten sie aber.

    Zu der Namensbrückenfrage:

    Bevor meine Eltern verheiratet waren, hieß ich Bergstein. „Wie Berg und Stein, nur zusammen“ daraus wurde dennoch immer „Bergstein“. Meinen aktuellen Nachnamen buchstabiere ich immer mit dem Telefonalphabet. Denn die Leute bauen sich selbst ganz falsche Namensbrücken

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  3. Oh ha 🙂

    Das ist auch ein schönes Thema: Spontane Erstkommentare auf den eigenen Namen, die man immer wieder hört, und die vom Gegenüber warum auch immer – auch als Merkhilfe? Oder bloß, um irgendwas zu sagen? – geäußert werden …

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  4. Ich habe einige Jahre wo gearbeitet, wo ich öfter (Nach)namen in einer Liste finden musste.
    Einige der Leute hatten auch ganz nette Sprüche:
    „Brosche – wie die Anstecknadel“
    „Scheidung – wie die Ehe“ (da musste ich mir das Lachen verkneifen)
    „Ehrlich – wie ‚Ehrlich währt am längsten'“

    Ich glaube mich zu erinnern, dass eine Kollegin mir auch einmal von dem Spruch „Sommer wie Winter“ oder so ähnlich erzählt hat. Eigentlich faszinierend, wie wir in beliebige Richtungen (Gegenteil, Redewendung, berühmte Figur, …) assoziieren und ergänzen.
    Lustigerweise funktioniert „Barg – wie Berg mit a“ vermutlich. „Burg – wie Berg mit u“ führt aber vermutlich eher zu Verwirrung…

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  5. Eine Kollegin von mir hieß auch Ehrlich, die sagte immer „Ehrlich ist man nicht, Ehrlich heißt man“.

    Was den Namen der Kollegin Schön betrifft, da kam einmal der Kommentar „Schön – wie hässlich?“ Sie hat überhaupt unter vielen unwitzigen Witzen zu leiden, die Arme.

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  6. Ich habe mal eine sehr coole Vorstellung gehört, die auch absolut eingängig war, ich weiß sie noch immer.
    „Thai wie das Land, Kevin wie allein zu Haus, Ngo wie die Nichtregierungsorganisation.“

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  7. Das erinnert mich an einen kleinen Jungen, der sich mir vorstellte mit: „Ich heiße Taylah, T A Y L A H.“ Das machte er jedesmal an diesem Abend, wenn er nach seinem Namen gefragt wurde. Ich würde schätzen, er war höchstens 7-8 Jahre alt.
    Wie schön sind da doch „langweilige“ Namen im Vergleich.
    Naja, meinen Nachnamen buchstabiere ich aber auch direkt, (meistens auch im Telefonalphabet) zumindest wenn er notiert werden muss, denn es ist kein deutscher Name.

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  8. Mein Nachname klingt wie ein bestimmtes deutsches Wort, und früher sagte ich oft dieses Wort, um die Schreibung klarzustellen. Aber es klappte so gut wie nie–kann ich mir bis heute nicht so recht erklären. Mir kam es vor, als ob die meisten Menschen nicht wüssten, wie man besagtes deutsches Wort schreibt–oder hörten sie das Wort nicht richtig? Oder hat der mentale Transfer von Wort zu Name nicht recht geklappt? Oder ist das Wort vielleicht nicht so gebräuchlich, wie ich denke? Fragen über Fragen. Tatsächlich muss ich meinen deutschen Namen in Deutschland genau so aufwendig buchstabieren wie in den USA.

    Auf den Kurs-Syllabi, die ich an meine Studenten austeilte, schrieb ich meinen Nachnamen immer so, wie er phonetisch im Englischen gesprochen wird. Alles andere war hoffnungslos.

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    • Ich kenne das, wie oben erwähnt mit dem Nachnamen vor der Hochzeit meiner Eltern, zwei einfache deutsche Wörter, die zusammengeschrieben werden. Ich denke, vielen stellen sich unter einem Nachnamen eben genau das vor, ein Name, der wer kennt noch wirklich jemanden, der von Beruf Müller ist? Das ist jetzt ein Nachname.
      Das Problem hatte ich auch mit der Adresse meines Elternhauses, zwei Nomen zu einem Wort zusammengesetzt, wobei das erste Wort nicht mehr so häufig im
      Deutschen verwendet wird, aber doch noch bekannt sein sollte. Am Telefon stellt sich dann immer heraus, dass es das eben nicht ist, sagen wir mal meine Eltern wohnen im fiktiven Fibelweg, dann kam früher, vor der Onlinebestellung, die Pizza und Co zwar immer an, auf der Schachtel stand dann aber immer Bibelweg.

    • Das Problem mit einem (wie ich dachte) eigentlich geläufigen deutschen Wort hatte ich auch, als wird noch im Zikadenweg gewohnt haben. Kein Mensch, weder im Krankenhaus, noch beim Pizza Lieferdienst wusste, was eine Zikade ist oder wie man das schreiben soll.

      Als Vornamensvorstellung ist mir dann noch in Erinnerung geblieben: Torge, wie Tor geschossen.

  9. Ich habe einen relativ häufigen Nachnamen, den es in 2 bzw. 3 Schreibweisen gibt (2 häufig, die 3. ist selten). Meine Schreibweise lässt sich aus 2 deutschen Wörtern zusammensetzen, analog zu z.B. „Goldberg, wie Gold und Berg“.

    Bei der Erläuterung ungewöhnlicher Vornamen Vornamen hat sich mir ein Mädchen namens „Aviva – hinten wie vorne“ eingeprägt.

    Fremdsprachige Namen kann ich mir oft besser merken, wenn ich an ein gleich oder ähnlich klingendes deutsches Wort denke und ein Bild dazu habe.

    Z.B. kenne ich eine Frau namens Talar – mit dem Bild eines Priestertalars vor Augen konnte ich mir den Namen fast auf Anhieb merken.

    Bei einer Ibtisam verstand ich den Namen als „Ebtisam“ und dachte an Äbtissin – zack, war ein Bild in meinem Kopf und der Name in meinem Gedächtnis. Wenn ich keine solche Assoziation habe, fällt das Merken viel schwerer.

    Bei fremdländischen Namen ist das Problem, dass man die Namen oft anfangs falsch versteht, oder wenn die Namensträger sich nicht selbst mit ihren Namen vorstellen, sondern die Namen von dritten Personen genannt werden, oft falsch ausgesprochen werden.
    So stellte sich ein Mädchen, das mir als „Naidi“ (Reim und Assoziation: Heidi) vorgestellt wurde, als Nairi (3-silbig und mit Betonung auf dem i gesprochen) heraus und ein Junge, der Ömmed gerufen wurde, hieß tatsächlich Ümit.

    Ich stelle übrigens immer wieder fest, dass es vielen Leuten relativ egal ist, ob sie sich Namen richtig merken, aussprechen oder schreiben und sie keine Mühe darauf verwenden. „Hauptsache man weiß, wer gemeint ist“. Manche sogar in Bezug auf ihren eigenen Namen.

    Anderseits mache ich oft die Erfahrung, dass es Menschen durchaus wetschätzen, wenn man ihren Namen richtig ausspricht. Ich habe im Beruf oft die Situation, dass ich mir unbekannte Menschen mit ihren Namen ansprechen muss und bemühe mich dabei, auch ungewöhnliche und fremdsprachige Namen richtig auszusprechen, wenn mir das möglich ist. Da bekomme ich oft erfreute Reaktionen.

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    • „Anderseits mache ich oft die Erfahrung, dass es Menschen durchaus wetschätzen, wenn man ihren Namen richtig ausspricht. Ich habe im Beruf oft die Situation, dass ich mir unbekannte Menschen mit ihren Namen ansprechen muss und bemühe mich dabei, auch ungewöhnliche und fremdsprachige Namen richtig auszusprechen, wenn mir das möglich ist. Da bekomme ich oft erfreute Reaktionen.“
      Richtig, das mache ich auch so, erst neulich wieder bei einer afrikanische Frau, die sich sehr freute.

    • Ist es wirklich der Erwähnung wert, dass man sich bemüht, Namen so auszusprechen, wie es die Person mit diesem Namen wünscht? Macht das irgendjemand anders?

    • Na ja, ich denke schon, dass das viele anders machen. Entweder, weil es ihn zu mühsam ist, das zu versuchen (z.B. bei Namen aus ganz anderen Kulturen/Sprachräumen), oder weil sie schlicht kein Ohr für die Unterschiede haben. Letzteres mache ich ja auch dafür verantwortlich, dass viele Menschen den nicht komplizierten, aber unbekannten Namen meiner Tochter weiterhin auf einer anderen Silbe betonen als sie und wir, auch nachdem sie ihn x-mal von ihr/uns ausgesprochen gehört haben.

      Ein, zwei Personen sind mir auch schon begegnet, die einfach meinten, es besser zu wissen als wir („Ihr sprecht den Namen eures Kindes falsch aus, ich mache es richtig und bleibe deshalb dabei“) …

    • Es sollte keine Erwähnung wert sein, aber ich erlebe es auch ständig bei meinen Namen, dass er falsch ausgesprochen wird, auch wenn ich mehrmals daraufhinweise.
      Manchmal schauen die Leute nach dem Motto „was hat die den für Probleme“. Ein Kollege hat mich das ganze Referendariat durch Vivien genannt, obwohl ich ihn oft verbessert habe und Vivi genannt werden wollte. Umgekehrt habe ich SuS, die sagen, dass es egal ist, wie ihr Name ausgesprochen wird, weil sie aufgegeben haben für ihre Aussprache zu kämpfen.

      Zu „Ich weiß es besser“. Ich hatte mal einen Fionn. Den sprachen alle so, wie er geschrieben wurde und nicht Finn. Ebenso Kenan, alle sagen immer „Keeenan“, dabei wird der Name „Ken-nan“ ausgesprochen, ich wusste es beide Male wirklich besser, aber das spielte keine Rolle, weil die falsche Aussprache überwiegt.
      Da beide Kinder aber auf diese Aussprache bestanden, habe ich das dann übernommen.

  10. „Das Problem mit einem (wie ich dachte) eigentlich geläufigen deutschen Wort hatte ich auch, als wird noch im Zikadenweg gewohnt haben. Kein Mensch, weder im Krankenhaus, noch beim Pizza Lieferdienst wusste, was eine Zikade ist oder wie man das schreiben soll.“

    Zu schwierigen Straßennamen fällt mir auch noch was ein: Ich habe mal in der Gufidauner Str. (benannt nach einem Dorf in Südtirol) gewohnt und bekam Post, die an die Goofy-Dauner-Straße adressiert war. Damals kam solche Post noch an. Heute würde sie im besten fall nach 3-5 Wochen wieder beim Absender im Briefkasten landen.

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    • Du hast das schon mal erzählt und ich finde es immer noch total lustig. Ich hätte das aber selbst auch Goofy geschrieben 🙂

  11. „Ist es wirklich der Erwähnung wert, dass man sich bemüht, Namen so auszusprechen, wie es die Person mit diesem Namen wünscht? Macht das irgendjemand anders?“

    Offensichtlich kommt das vor, wie die Erfahrungsberichte zeigen.

    Was ich meinte, sind aber Situationen, wo ich den Namen schriftlich sehe und die Person dazu nicht kenne, also nicht sicher weiß, wie sie ihren Namen ausspricht bzw. Aussprache wünscht. Wenn mir dann die korrekte Aussprache gelingt, bekomme ich manchmal erstaunte und positive Reaktionen und die Leute sagen, dass ihr Name meist falsch ausgesprochen wird.

    Ich erlebe aber auch immer wieder, dass Namen falsch ausgesprochen oder ein ungewöhnlicher Name durch einen geläufigeren Namen ersetzt wird (z.B. statt Lule sagt man Jule, aus Sieghard wird Siegfried…). Das dann weiter, obwohl darauf hingewiesen wird.

    Es ist aber ja nicht immer Unwille oder Besserwisserei. Bei ungwöhnlichen und/oder fremdländischen Namen weiß man die richtige Aussprache halt auch oft nicht oder sie gelingt nicht. Auch deshalb erleben Personen mit solchen oft, dass ihre Namen falsch ausgesprochen werden und registrieren es positiv, wenn man ihren Namen korrekt auspricht.

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