So viele Thomasse, so wenig Bens …

Mit den Thomassen des Geburtsjahrgangs 1964 könnte man ein Fußballstadion füllen, doch für die Bens von 2014 reicht ein Stadttheater. Dabei sind beides die jeweils häufigsten Jungennamen des Jahrgangs. Aber: 1964 war der geburtenstärkste Jahrgang seit Menschengedenken, damals sind 1.357.304 Kinder in Deutschland (Ost & West zusammen) zur Welt gekommen. 2014 sind nur 714.927 Kinder geboren, das ist nur ungefähr die Hälfte!

Das ist aber nicht der einzige Grund. 1964 wurden mehr als vier Prozent der Jungen Thomas genannt. Heutzutage sind die Topnamen viel seltener– nur ungefähr zwei Prozent der Baby-Jungen von heute heißen Ben. Vor hundert Jahren lag dieser Prozentwert sogar bei über sechs Prozent.

Anteil männlicher Vornamen 1917 bis-2017

Wer genau hinsieht (hier die ausführliche Darstellung), dem fällt auf, dass es zur Jahrtausendwende eine Trendwende gab. Seitdem werden die häufigsten Vornamen nicht mehr seltener, der Trend zur Individualisierung scheint gebrochen. Ob das an den anderen Erfahrungen der Eltern von heute liegt? Die Zeiten der Sammelbegriffs-Vornamen („Bei uns in der Klasse heißen alle Thomas, außer Michael, der heißt Stefan“) sind ja offensichtlich vorbei und so auch die Erlebnisse mit allgegenwärtigen Namensvettern. Ohne diese Erlebnisse fehlt der Anreiz, für den Nachwuchs einen möglichst einzigartigen Vornamen zu finden.

Wer weiß, vielleicht gibt es bald wieder ganz viele kleine Thomasse …

Zweitnamen 2017 im Detail

Neulich hatte ich gezeigt, wie klein der Anteil der häufigsten ersten Vornamen an allen 2017 vergebenen Vornamen ist. Auf besonderen Wunsch folgen jetzt die Prozentwerte der beliebtesten zweiten Vornamen des Jahrgangs 2017. Es ist nicht zu übersehen, dass immer noch extrem viele Mädchen mit zweitem Vornamen Sophie oder Marie heißen. Es gibt aber einen Hoffnungsschimmer, denn im Vergleich zu 2016 nehmen die Anteile ab.

Prozentvergleich´Mädchen Zweitnamen 2017

Bei den Jungennamen ist der Vorsprung des Spitzenreiters nicht ganz so ausgeprägt wie bei den Mädchennamen. Allerdings konnte Alexander 2017 den Abstand zu den nachfolgenden Namen vergrößern. Zur Erinnerung: Dieses sind die beliebtesten Zweitnamen. Die beliebtesten Erstnamen waren 2017 Emma und Ben.

Prozentvergleich Jungen Zweitnamen 2017

Prozentwerte

Mädchen Jungen
  1. Sophie / Sofie (10,06%)
  2. Marie (8,62%)
  3. Maria (3,63%)
  4. Sophia / Sofia (1,72%)
  5. Louise / Luise (1,6%)
  6. Charlotte (1,29%)
  7. Emilia (1,28%)
  8. Louisa / Luisa (1,25%)
  9. Katharina (1,16%)
  10. Elisabeth (1,10%)
  1. Alexander (3,09%)
  2. Elias (2,22%)
  3. Maximilian (2,15%)
  4. Luca (1,74%)
  5. Paul (1,31%)
  6. Luis / Louis (1,28%)
  7. Joel (1,14%)
  8. Noel (0,98%)
  9. Michael (0,97%)
  10. Carl / Karl (0,89%)

Alle Angaben sind jeweils geschlechtsbezogen (d. h. 10,06 Prozent aller Mädchen, die einen Zweitnamen haben, heißen Sophie und 3,09 Prozent aller Jungen, die einen Zweitnamen haben, Alexander).

Grundlage dieser Auswertungen ist eine repräsentative Stichprobe aus 212.942 Geburtsmeldungen, die ungefähr 27 Prozent aller 2017 geborenen Kinder ausmacht.

Sophie hat es böse erwischt

„Kräftig durcheinandergewirbelt wurde im vergangenen Jahr die Top 10 der beliebtesten Vornamen in [beliebige Stadt Deutschlands].“ Die Standesämter vermelden gerade ihre Listen der beliebtesten Vornamen und versetzen die Lokalpresse in Aufregung. „Sophie hat es böse erwischt“ heißt es da und „Der langjährige Spitzenreiter Alexander kam nicht mehr unter die Top 10“ liest man dort.

Was ist passiert? AutiSta, eine Software für deutsche Standesämter mit einem Marktanteil von fast hundert Prozent (laut Herstellerangabe) hat ein Update bekommen. Bisher unterschied das Vornamenmodul des Computerprogramms nicht zwischen den ersten und weiteren Vornamen. Die äußerst beliebten Zweitnamen Sophie, Marie und Alexander führten darum immer die Vornamenhitlisten der Standesämter an. Seit dem Update werden die Erstnamen separat gezählt – so wie ich es schon immer gemacht und befürwortet habe. Einige Städte haben diese schwerwiegende Änderung der Auswertungsmethode in ihrer Pressemitteilung leider verschwiegen; einige Lokalredakteure waren damit überfordert, den Unterschied zu verstehen. Ergebnis: Es werden Äpfel (die 2016er Vornamenhitliste) mit Birnen (die 2017er Vornamenhitliste) verglichen.

Böse Sophie

Dafür darf man die neuesten Standesamtsmeldungen mit meinen aktuellen Ergebnissen vergleichen, denn unsere Auswertungsmethoden sind jetzt sehr ähnlich. Eine Abweichung gibt es noch: Ich fasse gleichklingende Schreibvarianten zusammen, die meisten Ämter nicht. Zum Beispiel Hanna fehlt oft in den amtlichen Top 10-Listen weil Hannah und Hanna dort getrennt gezählt werden.

Musterbeispiel: Alles richtig gemacht hat die Stadt Kassel mit Ihrer Veröffentlichung („Allerdings hat das Standesamt bei der Vornamens-Statistik diesmal nur die ersten Vornamen berücksichtigt, während bis 2016 alle auch weitere Vornamen hineingerechnet wurden“). Die Lokalredaktion der HNA hat den Sachverhalt korrekt an ihre Leser weitergegeben und außerdem sehr viele interessante Besonderheiten der Kasseler Vornamens-Statistik herausgearbeitet. Das läuft ja super in Kassel, kann ich da Urlaub machen?

Kennzahlen und Prozentwerte der beliebtesten Vornamen 2017

Mia ist nach vielen Jahren an der Spitze der Mädchennamenhitliste auf Platz drei abgerutscht. Aber auch Emma, die neue Nummer eins, gehört zu den Verlierernamen. Wie kann das sein? Tatsächlich wurden 2017 weniger Mädchen Emma genannt als 2016. Aber es wurden noch weniger Mädchen Mia genannt, so dass es zu diesem Positionswechsel kam. Von den Top 10-Namen wurden nur Hannah, Emilia und Lina häufiger vergeben, alle anderen Mädchennamen sind seltener geworden. Somit sind die häufigsten Mädchennamen enger zusammengerückt, was etwas Abwechslung in der Reihenfolge im Jahrgang 2018 verspricht.

Prozentvergleich Mädchen 2017

Auf Platz eins der Jungennamenhitliste hat sich nichts geändert. Im Gegenteil, der Name Ben wurde 2017 wesentlich häufiger vergeben als im Vorjahr und alle anderen Jungennamen in den Top 10 sind seltener geworden. Da deutet sich kein Führungswechsel an.

Prozentvergleich Jungen 2017

Ein paar Fakten zur Vornamenhitliste 2017:

Kennzahlen

  • 16 Prozent aller Mädchen haben einen Namen aus den Top 10.
  • 50 Prozent aller Mädchen haben einen Namen aus den Top 60.
  • 84 Prozent aller Mädchen haben einen Namen aus den Top 500.
  • 16 Prozent aller Jungen haben einen Namen aus den Top 10.
  • 50 Prozent aller Jungen haben einen Namen aus den Top 60.
  • 86 Prozent aller Jungen haben einen Namen aus den Top 500.

Prozentwerte

Mädchen Jungen
  1. Emma (2,08%)
  2. Hannah / Hanna (1,90%)
  3. Mia (1,87%)
  4. Sophia / Sofia (1,82%)
  5. Emilia (1,76%)
  6. Lina (1,48%)
  7. Anna (1,39%)
  8. Marie (1,32%)
  9. Mila (1,30%)
  10. Lea / Leah (1,28%)
  1. Ben (2,12%)
  2. Jonas (1,69%)
  3. Leon (1,60%)
  4. Paul (1,59%)
  5. Finn / Fynn (1,51%)
  6. Elias (1,47%)
  7. Noah (1,49%)
  8. Luis / Louis (1,44%)
  9. Felix (1,44%)
  10. Lucas / Lukas (1,35%)

Alle Angaben sind jeweils geschlechtsbezogen (d. h. 2,08 Prozent aller Mädchen heißen Emma und 2,12 Prozent aller Jungen Ben).

Ein Mädchenname auf Platz 100 kommt auf ca. 0,20 Prozent, ein Jungenname auf ca. 0,23 Prozent.

Grundlage dieser Auswertungen ist eine repräsentative Stichprobe aus 212.942 Geburtsmeldungen, die ungefähr 27 Prozent aller 2017 geborenen Kinder ausmacht. Vergleichbare Statistiken der Standesämter weisen meist höhere Anteile aus. Das liegt daran, dass ich nur die ersten Vornamen gezählt habe, während die Standesämter meist auch die zweiten und weitere Namen mitzählen.