Tante Irmgard und die Avantgarde

In der letzten Woche schrieb ich an dieser Stelle über den Namen Thusnelda und kam dadurch auf eine neue Fragestellung, die da lautet: Wann gilt ein einer früheren Epoche zugeordneter Name als altbacken – und wann als Avantgarde? Eine Spurensuche im Reich der Retro-Fans …

Als ich zur Schule ging, in den 80ern, wurden Mitschüler namens Hans, Helga oder Herbert eher bedauert. Dagegen würden Kinder mit diesen Namen heute, ein Vierteljahrhundert später, zumindest in den angesagten Eltern-Vierteln deutscher Großstädte nicht sonderlich auffallen. Schließlich sind alte Namen dort – gerade unter später gebärenden Akademikern – längst wieder an der Tagesordnung, und es kann ja nicht jeder Friedrich oder Theodor heißen. Doch waren Eltern, die ihren Sohn in den 70ern Hans nannten, deshalb Trendsetter? Doch wohl eher: ihrer Zeit hinterher.

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Was ist eigentlich mit Thusnelda?

Eigentlich hat sie das Zeug zur Neuentdeckung: nicht so herb wie Hildegard, Heidrun oder Gertrud, nicht so religiös geprägt wie Christel. Dieselbe Endung wie der neue alte Modename Mathilda, markanter und einprägsamer als die üblichen Zweisilber. Ein Name mit Charakter, bei dem bei Bedarf auch die niedlichen Kurzformen Nell oder Nelli denkbar wären. Eigentlich.

Tatsächlich ist es aber so: Nahezu jeder Deutschsprachige dürfte den Namen Thusnelda kennen, doch niemand vergibt ihn (mehr). In der bis 1890 zurückreichenden Datenbank von beliebte-Vornamen.de findet sich sogar nur eine einzige Thusnelda, Jahrgang 1918. Auch wenn die Sammlung nicht vollständig ist – derzeit wird etwa jeder vierte Name erfasst – und vermutlich doch die eine oder andere alte Dame oder Vorfahrin Thusnelda heißt: ein vernichtendes Urteil. Und schuld ist natürlich die Tussi.

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Nimm doch was Personalisiertes!

Da Wanda, das ist weder ein Ausruf beim Ansichtigwerden der Trägerin eines seltenen Vornamens noch Kathy Bates‘ Kampfname aus „Grüne Tomaten“ (der lautet Towanda). Es handelt sich vielmehr um einen florierenden Online-Marktplatz für Selbstgemachtes. Und – um einen Namen: Für die Benennung ihrer Plattform für designende Mamas und Serien-Häkler haben die Macher einen afrikanischen Frauennamen gewählt, der „die Einzigartige“ bedeutet.

Auf DaWanda nun und natürlich auch andernorts macht sich ein eindeutiger Trend breit: Es gibt immer mehr Produkte mit Namen darauf. In meiner Jugend beschränkte sich das noch auf ein paar mehr oder minder geschmackvolle beschriftete Eierbecher oder Sparschweinchen, die man, von A bis Z sortiert, in Geschenk- und Souvenirläden finden konnte (bei den cooleren Sachen war mein Name selten dabei). Auf dem Weihnachtsmarkt gab es vielleicht noch einen Stand, an dem man sich per Brennpeter ein Frühstücksbrettchen beschriften lassen konnte. Aber das war’s dann auch.

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Das lachende A – Namen und das Schreibenlernen

Es ist schwer, etwas wegzuwerfen, was einen nett anlacht. Es ist sogar fast unmöglich. Und so stapele ich, liebende Mutter einer Viereinhalbjährigen, weiter Kinderzeichnung auf Kinderzeichnung und verstaue in immer korpulenteren Mappen Mondgesichter und lachende Sonnen, Strichmännchen und -mädchen, Kritzelkatzen sowie Zwerge, die in der Hauptsache aus dem Buchstaben A (mit Gesicht und ausgemaltem Spitzhut) bestehen.

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Anne mit den roten Haaren

Für Kinder mit roten Haaren findet man schwerer einen Namen – auf diese krause Theorie stieß ich jetzt in einem Forum. Mag ja sein, dass man sich manchen aus dem hohen Norden stammenden Namen eher blond vorstellt und Südländisches logischerweise dunkel. Ich selbst habe kürzlich etwas befremdet auf einen strohblonden Gian Luca geschaut (und zuerst „Jan-Lukas“ verstanden). Doch dass dabei für Rotschöpfe so gar nichts abfiele – sofern die Haarfarbe bei der Namenswahl überhaupt schon als feste Größe gelten kann –, halte ich für Schwarz-Weiß-Malerei.

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