Mein seltener Name und ich: Candida

Mein seltener Name und ich

„Oh, oh, Candida, keine Nacht kann ich schlafen
Denn seitdem wir beide uns trafen
Möcht‘ ich immer nah bei dir sein
Oh, oh Candida, von dir nur träum‘ ich
Candida, wann sehen wir uns einmal wieder
Wann gehörst du mir allein?“
Aus „Candida“ von Bata Illic (1970)

„Candida ist eine Gattung der Pilze, deren Vertreter hefeartig wachsen (…) Einige Candida-Arten sind als Symbionten ein normaler Bestandteil der Darmflora von Wirbeltieren und Insekten. Einige Arten sind krankheitserregend …“
Gefunden bei Wikipedia, Eintrag „Candida (Pilze)“

Bis zu meinem Interview mit Candida, die 1993 in Sachsen zur Welt kam, ist der gleichnamige Schlager völlig an mir vorbeigegangen. Die Sache mit den Hefepilzen fiel mir dagegen auf Anhieb ein. Umso neugieriger war ich auf die Erfahrungen von Candida – beziehungsweise von Felicitas-Candida, wie ihr kompletter Vorname lautet. Sie lässt sich aber Candida nennen; nur wer sie nicht kennt, wählt zunächst Felicitas. „Eine Lehrerin hat sich mal eine Zeit lang geweigert, mich Candida zu nennen. Sie fand Felicitas schöner“, erzählt sie. „Ich aber nicht. Also hab ich einfach nicht mehr auf Felicitas reagiert und dann wurde ich auch so gerufen, wie ich es wollte.“


Candida betont bei ihrem Namen das „Can-“, anders übrigens als Bata Illic, bei dem – wie ich bei einer Hörprobe feststellen konnte – das „-di-“ stärker hervortritt. Die Aussprache ihres Namens erklärt sie gern mit „Wie Kandidat, nur ohne t‘“. Der ähnliche Klang dieses Wortes ist kein Zufall: Laut Wikipedia geht „Kandidat“ auf das lateinische „candidatus“ zurück, das sich von der „toga candida“ (candidus: „glänzend, weiß“) ableitet, einem weißen Gewand, das im alten Rom ein Anwärter auf ein Amt zu tragen hatte.

Dass Candida Rufname wird, war auch so beabsichtigt. Ihren Eltern gefiel der Klang von Felicitas-Candida aber besser als andersherum. Hier liegt auch der Grund für den Bindestrich: „Meine Mama hat mir mal gesagt, sie mussten das so machen, weil sonst der erste Name der Rufname geworden wäre. In der Geburtsurkunde ist außerdem der zweite Name unterstrichen worden.“ Candidas Eltern haben dieses Prinzip auch bei den Namen ihrer Brüder und ihrer Schwester angewandt: zwei Geschwister tragen Doppelnamen mit Bindestrich und nutzen den zweiten Namen als Rufnamen, die anderen beiden werden – bei zwei Vornamen ohne Bindestrich – bei ihrem Erstnamen gerufen. Kennt sie die Kriterien ihrer Eltern bei der Namenswahl? „Es sollte schon was Besonderes sein. Außerdem war ihnen die Bedeutung des Namens wichtig, und mein Name sollte zu dem meines Bruders passen.“ Er heißt Johannes-Nathanael. Auch Irene-Sulamith war damals für sie im Gespräch.

Candida mochte ihren Namen „schon immer“ sehr gern. „Die Bedeutung ist einfach schön“, erläutert sie. „Weiß, glänzend, rein, lauter, ehrlich. Wenn ich das erzähle, höre ich oft: ‚Stimmt, mit deinen blonden Haaren passt der Name gut.‘“ Und wie ist das mit dem Hefepilz? „Der glänzt auch weißlich. Daher heißt er so“, weiß sie und schmunzelt. Sie mag auch den Namen Felicitas gern, wenn auch etwas weniger als Candida, „weil er häufiger ist und ich mich früher oft verhaspelt hab, wenn ich ihn aussprechen sollte.“ Sie reagiert auch, wenn sie als Felicitas angesprochen wird. „Und wenn ich eine andere Felicitas treffe, freue ich mich.“ Ihr Spitzname ist Candi („Kandi“), wobei sie auf das i (nicht y!) und die deutsche Aussprache Wert legt.

Gibt es auch Punkte, in denen sie mit ihrem Namen hadert? „Eigentlich nicht. Nur wenn mich manche Leute Kandita nennen oder schreiben. Oder wenn ganz ‚feinfühlende‘ Menschen sagen: ‚Der Name ist aber komisch.‘ Manchmal stört auch der Bindestrich, besonders bei Formularen.“ Oft wird ihr Name auch falsch verstanden: „Anita ist das häufigste. Dann kommt CanIDA, CanIA oder Karina. Aber mit freundlichen Worten lässt sich das alles lösen.“

Die übliche Reaktion auf ihren Namen sei, „dass die Leute nachfragen und sagen, sie hätten den Namen noch nie gehört. Dann finden sie ihn aber doch schön. Wenn ich dann noch die Bedeutung und Herkunft erkläre, ist alles gut.“ Durch ihre Erläuterungen kommt manchmal die Frage auf, ob sie sehr gläubig sei oder ihre Eltern das wären. „Und ja, bin ich.“ Candida ist Pfarrerstochter und -enkelin. Wegen ihres Namens gehänselt wurde sie nie. „Nur meine Cousine hat mich mal Kandiszucker genannt.“ Eher gebe es schon mal „Wortspiele aus Versehen wie: ‚Kann-die-da mal wegfahren‘ oder so. Mein Mann findet das besonders witzig und freut sich immer, wenn jemand zufällig so einen ‚Witz‘ platziert hat. Diejenigen sind dann häufig eher verlegen. Mir fällt es auf, aber ich reagiere kaum drauf.“

Vom medizinischen Hintergrund ihres Namens, also der Sache mit dem Hefepilz, erfuhren Candidas Eltern erst nach ihrer Geburt. „Mein Papa hat dann immer gesagt: Sie muss ja nicht Medizin studieren.“ Doch es kam anders: Candida schlug tatsächlich die ärztliche Laufbahn ein. „Aus Medizinerkreisen gibt es immer mal Kommentare. Aber damit kann ich umgehen. Ist dann eher ein lustiges Gespräch. Oft kommen weitere Vorschläge aus der Mikrobiologie oder so, welche angeblich auch tolle Vornamen wären. Jeder freut sich, weil er denkt, er habe den Witz zuerst entdeckt. Aber ich kenne alle schon sehr gut.“

Und wenn sie selbst ein Kind zu benennen hätte …? Diese Frage beschäftigt Candida derzeit ganz konkret, sie erwartet ihr erstes Kind. Ihre Favoriten verrät sie nicht. Es sind aber Namen, „die nicht jeder nimmt. Aber auch nicht super unbekannt, denn das würde mein Mann nicht mitmachen.“

16 Gedanken zu „Mein seltener Name und ich: Candida“

  1. Das lateinische „candidus“ wird auf der zweiten Silbe betont, daher hätte ich das bei dem Namen auch so gemacht.
    Einen Bindestrichnamen zu vergeben und dann den zweiten Teil zu rufen, empfinde ich als kompliziert.

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  2. Ich kenne das Wort/den Namen auch nur mit Betonung auf der zweiten, bzw. vorletzten Silbe.

    Und Namensträger auch nur einen: Rainer Candidus Barzel, CDU-Politiker und Kanzlerkandidat anno 1972. Noch bekannter dürfte der gescheiterte Misstrauensantrag gegen Willy Brandt sein. Weil ich Candidus so ungewöhnlich fand, ist mir der Name im Gedächtnis geblieben.

    Die Begründung für den Bindestrich fand ich merkwürdig. Bindestrichnamen werden wie EIN Vorname behandelt, Rufname ist also Felicitas-Candida.

    Früher hiess es doch mal „Rufname unterstrichen“, was aber bei irgendeiner Namensgebungsreform verloren ging, oder?

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    • Ich kenne die unterstrichenen Rufnamen auch nur aus der DDR. In den mir bekannten Geburtsurkunden meiner Vorfahren ist nirgends ein Vorname unterstrichen. Mit dem Start der ehemaligen DDR wurde das abgeschafft.

    • Mhm, mir geht es wie Annemarie: Den Schlager kenn ich auch nicht, stattdessen denke ich bei Candida v.a. an Scheidenpilz. Ich würde werdenden Eltern also eher von der Vergabe des Namens abraten, wobei sich Kinder dem Hänselpotential sicher gar nicht bewusst sind. Und Assoziationen wie „Kandis“ oder „candy“ sind ja durchaus positiv besetzt.

    • So, ich hab’s nachgeschaut. Im alten Wachspapier-Personalausweis (3-Seiten-Leporello) meiner Oma (Jg. 1896):

      „Vornamen (Rufname unterstreichen)“

      war ins zweite Kästchen gedruckt. Da sie nur einen Vornamen hatte, war der nicht unterstrichen. Aber ich meine, in meinem ersten grauen Perso hätte das auch noch gestanden, allerdings existiert der nicht mehr.

  3. Candida finde ich sehr hübsch, die medizinische Bedeutung war mir unbekannt, jetzt frage ich mich, ob mich das stören sollte.

    Im Englischen ist „candid“ ein Wort, das „offen, ehrlich, freiheraus“ bedeutet und ein recht positiv besetzter Begriff ist. „Versteckte Kamera“ heißt in den USA „Candid Camera.“ Ich assoziiere den Namen Candida zunächst also mit „candid.“

    Klanglich finde ich den Namen schön. Felicitas-Candida ist eine wunderschöne und ungewöhnliche Kombi. Tatsächlich hätte ich Candida Felicitas als Kombi aber auch hübsch gefunden, und vielleicht vorteilhafter, weil dann Candida automatisch als Rufname angenommen wird.

    Es ist immer schön zu hören, wenn jemand seinen seltenen Namen schon immer zu schätzen wusste. Ich persönlich habe mich immer über meinen eigenen Namen gefreut (er ist allerdings nicht selten); finde es schade, wenn der Name für die Namenträgerin/den Namensträger unangenehm ist.

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    • ich hatte nie darüber nachgedacht, dass „candid camera“ wörtlich eigentlich das genaue Gegenteil der „versteckten Kamera“ ist – eigentlich sehr witzig und wieder was gelernt!

  4. Doch ich meine, das war auch in der BRD so. Irgendwann wurde
    das dann abgeschafft und der erste eingetragene Vorname gilt automatisch als „Rufname“, mit dem man offiziell angesprochen und angeschrieben wird und unterschreiben muss.

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    • Ich glaube aber, dass man, wenn man keinen Bindestrichnamen hat, sehr wohl mit zweitem Namen unterschreiben kann.
      Ella Luise Winter kann dann als Ella Winter und Luise Winter unterschreiben. Oder bin ich das falsch?

    • Tatsächlich muss die Unterschrift gar keinen Vornamen beinhalten, der Familienname reicht aus. Man kann meines Wissens nach sogar mit einem nichtamtlichen Vornamen unterzeichen, solange die Identität des Unterzeichnenden weiterhin klar wird. Wenn zB „Benedikt Winter“ überall als „Benny Winter“ bekannt ist, dann kann er auch als „Benny Winter“ unterzeichnen.

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