August 2022: Benigna, Tilly, Isebrand …

Diesen Monat sind mir besonders viele Namen auf die Das-fiel-mir-auf-Liste gehüpft: zwanzig Stück! Zum Ausgleich fasse ich mich bei meinen Kommentaren zum Ende hin etwas kürzer.


Benigna * Tilly (m) * Isebrand * Michaeleen * Minita * Otéro (f) * Lisei * Lusa * Jura (m) * Kisa * Isis * Ancilla * Merrick * Ailsa * Tedros * Eisi (m) * Steffa * Gro (f) * Helvi * Dorette

Annemaries Namen des Monats

Urlaubsmitbringsel: Benigna und Minita

In der Kleinstadt Penzlin in Mecklenburg-Vorpommern war mein Urgroßvater Otto Emil vor 120 Jahren in Stellung und ebendort habe ich im Sommerurlaub die Namen Benigna und Minita aufgelesen. Benigna Schultz war ab 1699 Angeklagte in einem zwölf Jahre währenden Hexenprozess, unter anderem wegen ihres „aufbrausenden Wesens“ und weil sie von anderen „Hexen“ bezichtigt worden war. Sie wurde letztlich zwar völlig rehabilitiert, sie und ihr Mann blieben aber dennoch verbannt und erhielten ihr Hab und Gut nicht zurück. Zweiter Penzlin-Fund: Eine Redenschreiberin mit dem ungewöhnlichen Vornamen Minita lädt dort in ein altes Gutshaus zu Tagungen ein.

Martialisch: Tilly und Isebrand

Auf den Namen Tilly bin ich ebenfalls in Mecklenburg-Vorpommern gestoßen, auf Gedenktafeln zum Dreißigjährigen Krieg. Gemeint war natürlich der Heerführer Johann Graf von Tilly. Als Vorname für Jungen (Koseform von Till?) kommt der Name aber auch vor, wenn auch sehr selten. Ja, und ein gewisser Isebrand K., so hat mich ein Klatschmagazin gelehrt, deutscher Unternehmersohn, ist der Freund der niederländischen Thronfolgerin Amalia. Die kriegerische Bedeutung seines Namens ist wörtlich „brennendes Eisen“ oder eben „Schwert“.

Buchstabenspiele: Lisei, Lusa, Kisa, Ailsa, Isis und Eisi

„Das Lisei“ ist eine Figur in Storms Novelle „Pole Poppenspäler“; die Elisabeth-Kurzform erinnert mich an Amrei von Annemarie. Die Eule Lusa, eine verzauberte Prinzessin, kommt in Hauffs Märchen „Kalif Storch“ vor. Kisa ist bloß ein Künstlername: von Lichtkünstlerin Kirsten Sauer. Ailsa Berk ist eine britische Tänzerin, Schauspielerin und Puppenspielerin und Isis-Maria eine deutsche Influencerin (und Tochter von Kölschrocker Wolfgang Niedecken). Durch ein Interview, das ich gelesen habe, kam tatsächlich auch noch der Schauspieler und Kabarettist Eisi Gulp in diese Kollektion, bürgerlich: Werner Eisenrieder.

Von gestern: Otéro und Jura

Über Otéro als Frauennamen bin ich im Buch von Guido Fuchs gestolpert. „La Belle Otéro“, eigentlich Agustina del Carmen Otero Iglesias (1868–1965), war eine spanische Tänzerin, Sängerin und Kurtisane. Wie sie ist auch Jura Soyfer, ein politischer Schriftsteller der 30er Jahre, der im KZ Buchenwald starb, nicht unter seinem Geburtsvornamen bekannt, der in seinem Fall aber nur minimal abweicht: Juri.

Von heute: Ancilla, Merrick, Michaeleen, Tedros, Steffa, Gro, Helvi und Dorette

Und jetzt im Schnelldurchlauf: Den Vornamen Ancilla (klingt nach etwas aus dem Biounterricht oder der Pharmakologie, oder?) trägt eine Personalerin, von der ich gelesen habe, Merrick Brian Garland heißt der US-amerikanische Justizminister. Die amerikanische Journalistin Michaeleen Doucleff hat ein Buch über die Kindererziehung bei Indigenen in Mexiko, der Arktis und Tansania geschrieben, Tedros Adhanom Ghebreyesus ist Generaldirektor der WHO.

Steffa Superheilig nennt sich die Mutter von Schauspielerin Ruby O. Fee – da sind Künstlernachnamen Programm –, die jetzt als Freundin der verstorbenen Anne Heche in die Medien kam. Gro Swantje Kohlhof, Jahrgang 1994, spielt in der Verfilmung von Dörte Hansens „Mittagsstunde“ mit; der minimalistische Erstname stammt aus Norwegen. Eine Frau mit Vornamen Helvi arbeitet als Fachbereichsleiterin Pflege bei den Johannitern, und die Verwaltungsratschefin des Rundfunks Berlin-Brandenburg Dorette König kam in der „Causa Schlesinger“ zu Wort. Bisher kannte ich Dorette nur von der Sprecherin der „Bibi und Tina“-Tina, Dorette Hugo (Jahrgang 1965). Und von Oma Duck.

26 Gedanken zu „August 2022: Benigna, Tilly, Isebrand …“

  1. Ancilla – so hieß eine Ordensschwester an meiner Schule (in Trägerschaft eines Klosters). Ich kann mir den Namen auch nur bei einer Nonne vorstellen. Diese Schwester Ancilla hat am 25. März ihren Namenstag gefeiert, der Tag der Verkündigung des Herrn (als Maria mit Jesus schwanger wurde, 9 Monate später ist Weihnachten …) Deshalb ist Ancilla für mich sehr fromm und sehr katholisch.

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    • Barbara, ich weiß wirklich nicht, was du gegen die Aussprache mit k hast. Beim Lesen bekomme ich immer den Eindruck, dass du deine Aussprache als die einzig wahre empfindest und alle Lateinlehrerinnen, Lateinlehrer und Professoren sich irren.

      Aktueller Stand der Forschung ist nun mal die Aussprache mit k auch wenn für dich z vertrauter klingt.
      Alle Professoren habe das immer so ausgesprochen, es wird in den Büchern gelehrt, ich habe auch nicht gehört, dass es mal anders war. In der Kirche spricht man c häufig als z, aber das Kirchenlatein ist nicht das Latein von Caesar und Cicero (im Lateinischen mit k, im Deutschen mit z und Caesar wurde Keiser gesprochen, daher gibt es im Deutschen das Wort Kaiser. Nur weil man im Deutschen aus ci ein zi macht wie häufig bei Lucia, bedeutet das ja nicht, dass die Römer das auch so machen. Die Franzosen sprechen Charlotte ja auch anders aus als wir)
      Langer Rede kurzer Sinn: Selbstverständlich spricht man Ancilla als „Ankilla“ mit z hört sich das für mich übrigens doof an 🙂

    • In die Diskussion über die korrekte lateinische Aussprache will ich mich mangels Fachkenntnissen nicht einmischen, aber wenn man Ancilla „Ankilla“ ausspricht, ist das für mich kein Name, den man vergeben sollte, hört sich an wie „ein Killer“.

    • Ich hätte den Namen jetzt auch analog zu Priscilla oder Penicillin gesprochen, selbst wenn die lateinische Vokabel in der Schule heute anders gesprochen wird 🙂 Aber wer Ancilla heißt, wird schon wissen, wie es von den Eltern gewünscht war bzw. was sie selbst bevorzugt.

    • @Maria Theresia

      Natürlich spreche ich Penizillin mit z, da es mittlerweile wohl auch so geschrieben werden kann. Aber auch Penicillin spreche ich mit z,das ist ja auch kein klassisches lateinisches Wort, das Caesar und Cicero kannten, sondern ein neulateinisches.
      In der Schule und an der Uni wird aber das klassische Latein, das im ersten Jahrhundert vor Chr. gesprochen wurde (die Zeit von Caesar und Cicero), gelehrt und gelernt.
      Wir sprechen daher c wie k und nicht wie z. Das ist die korrekte lateinische Aussprache, um die es mir hier geht.

      Im außerschulischen Alltag spreche ich stellenweise auch von „Zizero und Zäsar“, aber im Unterricht eben von „Kaisar“ und „Kikero“, den so haben die Römer das vermutlich ausgesprochen. Das ist die richtige Aussprache, mit z könnte man es als Aussprache mit Akzent beschreiben.

      Da Ancilla ein real existierendes klassisches lateinisches Wort ist, würde ich den Namen auch mit k sprechen, auf eine Aussprache mit z wäre ich nie gekommen. Sollte die betreffende Person sich aber anders aussprechen, würde ich das dann aber auch so machen.

    • Keterum kenseo, dass wir alle nicht wissen, wie die Römer in ihrer immerhin mehrhundertjährigen Geschichte gesprochen haben. Zu dumm, dass sie keine Tonaufnahmen hinterlassen haben. Warten wir also den Bau einer Zeitmaschine ab, dann werden wir uns vielleicht alle wundern.
      Im Übrigen halte ich meine Aussprache nicht für die einzig wahre, sie entspricht aber dem, was ich im Lateinunterricht gelernt habe. (Und mein Lateinlehrer MUSSTE es wissen, er sah aus, als sei er der Antike gerade entstiegen. Achtung: Ironie!)
      Wenn sogenannte Experten meinen, sie müssten die Aussprache auf Vordermann bringen, so ist das nicht mein Problem. Was von Experten u.U. zu halten ist, sieht man ja an der sogenannten Neuen Rechtschreibung.
      Überzeugt hat mich die Ausspracheregelung mit K jedenfalls nicht, und die Franzosen, die jahrhundertelang mit Centimes bezahlt haben, und den Kaiser mit dem entfernten Vetter Zar Nikolaus halte ich auch für keine plausiblen Beispiele.

  2. Erstaunlich, wie viele der Namen ich schon mal gesehen habe!

    Michaeleen * Über die Journalistin bin ich auch schon gestolpert, sie hat was Vernünftiges im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie geschrieben
    Minita * Hätte ich spontan, ähnlich wie Jurgita, nach Litauen eingeordnet, aber das scheint nicht der Fall zu sein. Finde verstreute Namensträgerinnen mit einem Schwerpunkt auf Indien.
    Otéro (f) * Otéro ist aber ein Nachname, in Spanien hat jeder (für uns ungewohnt) zwei Nachnamen
    Lisei * Zu Lisei und Amrei passen dann noch Luzei (von Luzie) und Marei
    Jura (m) * Schön, an Jura Soyfer erinnert zu werden. Wenn ich Zeit habe, muss ich seine Stücke mal wieder lesen
    Isis * Ich kenne eine (nicht prominent)
    Ancilla * „Magd“ auf Lateinisch
    Merrick * Tedros * Weil ich politisch interessiert bin, sind mir die beiden Personen ein Begriff
    Eisi (m) * … Gulp, natürlich
    Gro (f) * Denk ich an Gro Harlem Brundtland, ehemalige Premierministerin von Norwegen

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    • Ich kenne keine (im richtigen Leben, nur eine Dorle), aber bei Dorette fällt mir sofort Wilhelm Busch und seine Geschichte von Tobias Knopp ein.
      (ich zitiere mal,https://www.projekt-gutenberg.org/wbusch/knopp/knopp223.html ):

      Eheliche Ergötzlichkeiten
      Ein schönes Beispiel, daß obiges wahr,
      Bieten Herr und Frau Knopp uns dar.
      Hier ruht er mit seiner getreuen Dorette
      Vereint auf geräumiger Lagerstätte.
      Früh schon erhebt man die Augenlider
      Lächelt sich an und erkennt sich wieder,
      Um alsobald mit einem süßen
      Langwierigen Kusse sich zu begrüßen.
      Knopp aber, wie er gewöhnlich pflegt,
      Ist gleich sehr neckisch aufgelegt.
      Ganz unvermutet macht er: Kieks!
      Hierauf erhebt sich ein lautes Gequieks.
      Dorette dagegen weiß auch voll List,
      Wo Knopp seine lustige Stelle ist.
      Nämlich er hat sie unten am Hals.
      Kiewieks! Jetzt meckert er ebenfalls.
      Nun freilich möchte sich Knopp erheben
      Und schnell vom Lager hinwegbegeben,
      Wird aber an seines Kleides Falten
      Spiralenförmig zurückgehalten.
      Husch, er nicht faul, eh man sich’s denkt,
      Hat sich nach hinten herumgeschwenkt
      Und unter die Decke eingebohrt,
      Wo man recht fröhlich herumrumort.
      Nach diesen gar schönen Lustbarkeiten
      Wird’s Zeit zur Toilette zu schreiten.
      Gern wendet Frau Doris anitzo den Blick
      Auf Knopp sein Beinbekleidungsstück,
      Welches ihr immer besonders gefiel
      Durch Ausdruck und wechselndes Mienenspiel.
      Bald schaut’s so drein mit Grimm und Verdruß,
      Bald voller Gram und Bekümmernus.
      Bald zeigt dies edle Angesicht
      Nur Stolz und kennt keinen Menschen nicht.(…)

      Bemerkenswert, dass Busch von Dorette zu Doris wechselt (natürlich dem Versmaß geschuldet).

  3. Ancilla- wie elbowin sagt, ist die Magd oder Sklavin auf Latein.

    Minita finde ich nicht schlecht. Tilly als Mädchennamen finde ich ganz süß, würde ich dann aber vermutlich Ottilia oder Tillia nennen.

    Meine Fundstücke
    Iga
    Arturia
    Bobak

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  4. Zu Annemaries Fundstücke wurde schon alles gesagt, was mir auch eingefallen wäre.

    Iga – da denke ich als erstes an die Internationale Gartenbauausstellung. Außerdem kam der Name mal in einer Traumschifffolge vor.

    Annedore – eine Zusammensetzung aus Anna und Dorothea, die mir schon gelegentlich begegnet ist.

    Funda – ein türkischer Vorname, der mir auch schon ein paar Mal begegnet ist.

    Ilke – da fällt mir die Speerwerferin Ilke Wyludda ein.

    Mein Namensfundstück des Monats

    Aviva („hinten wie vorne“) – ein Mädchen dieses Namens, den ich noch nie zuvor gehört oder gelesen habe, ist uns im Urlaub begegnet.

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  5. Isebrand kenne ich nur als Nachnamen (oder vielleicht Beinamen?): Wulf Isebrand, Volksheld in Dithmarschen, der den Sieg bei Hemmingstedt 1500 entscheidend prägte.

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  6. Erion, mit Betonung auf dem i.
    Ich finde, es passt zur aktuellen Hiat-Mode, siehe Matteo, Samuel, Elias,
    hat durch das r aber etwas mehr Biss. So heißt der dieses Jahr auf einer griechischen Insel geborene Neffe eines Bekannten.

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  7. Ich mag Namen mit „Brand“: Gerbrand, Hildebrand, Luitprand und auch Isebrand, letzterer war mir nicht geläufig. Im Englischen mag ich auch Brandon sehr (leitet sich auch von der germanischen Silbe zu „brennend“ ab, mit Bezug auf ein Schwert).

    Im Italienischen mag ich ganz besonders den Namen Ildebrando (Italisierung von Hildebrand).

    Benigna–im Englischen gibt es die Worte „benign“ (gutmütig, wohlwollend, nicht schwierig) und „benignant“ (ähnliche Bedeutung). Eigentlich schön, mit dem lateinischen „bene“ (gut) als Grundstock der Erstsilbe, wie bei Benedikt. Nur leider denke ich an Tumore–wenn sie „benign“ oder „benignant“ sind, bedeutet es, dass sie keine Metastase verursacht haben. Das mit den Hexenprozessen finde ich immer sehr erschütternd; da gibt es viele tragische Geschichten.

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