Mein seltener Name und ich: Nena

Sängerin und 80er-Jahre-Ikone Nena heißt bekanntlich nicht wirklich so. Ihr voller Name lautet – typisch für ihren Jahrgang  – Gabriele Susanne Kerner. Ob sie in Sachen Karriere als „Gabi“ oder „Susi“ wohl ähnlich Gas gegeben hätte?! Ihren Spitznamen, nach dem sich später auch ihre Band benannte, las Nena bereits als Dreijährige während eines Spanienurlaubs auf: Die Einheimischen riefen sie „niña“, spanisch für „Mädchen“, was von der Familie zu Nena umgeformt wurde.


Meine heutige Interviewpartnerin ist eine echte Nena, Jahrgang 1987, die vor den Toren Hamburgs und damit gar nicht weit weg von ihrem prominenten Namensvorbild lebt. Denn daran, dass ihre Eltern sich von der Sängerin inspirieren ließen, besteht für Nena kein Zweifel, „auch wenn sie nicht in dem Sinne Fans waren“. Ihre Mutter besäße aber schon ein paar Nena-Alben.

In Nenas Geburtsjahr trennte sich die Band der „großen“ Nena; der kometenhafte Aufstieg mit „Nur geträumt“ und „99 Luftballons“ lag fünf bzw. vier Jahre zurück. Den jungen Eltern, die in Mecklenburg-Vorpommern lebten, war das damals in der Vorwendezeit herzlich egal. Vor allem sei es ihnen darum gegangen, einen schön klingenden Namen zu finden, der selten und „kein Sammelbegriff“ sein sollte, erzählt Nena. Eigentlich hätte sie noch einen zweiten Namen bekommen sollen, Nastassja, „doch das konnte aus irgendwelchen Gründen nicht offiziell eingetragen werden“. Darüber ist sie nicht traurig, „ist ja auch nicht gerade der weltbeste Name“. Und – das ergänze ich jetzt mal – öfter auf Nastassja Kinski angesprochen zu werden, die 1984 mit „Paris, Texas“ Furore machte, wäre vermutlich auch nicht so toll.

Mein seltener Name und ich

Und wie ist es nun, Nena zu heißen? Trällern Kollegen, „Ich hab heute nichts versäumt …“, wenn sie zur Tür hereinkommt? Fühlt sie sich von Yellow-Press-Meldungen angesprochen? Nena verneint. Aber die ewige Frage „Waren deine Eltern Fans?“, die nerve schon. Und dann komme ich auch noch mit meiner Frage, ob sie eigentlich singen kann (Nena: „Nö.“) … Öfter hört sie auch: „Ist das dein richtiger Name?!“ Außerdem werde sie häufig als Nina oder Lena angesprochen. Trotzdem hat Nena sich über die Jahre mit ihrem Namen angefreundet. Dass er so selten vorkommt („ich habe noch nie eine andere Nena getroffen“), gefällt ihr ganz gut. Werden aus einem so kurzen Namen noch irgendwelche Spitznamen gemacht? „Wer mich ärgern will, sagt Neni. Mein Opa sagt Nenchen. Aber meist überhöre ich so was.“

Nenas 2007 geborene Tochter trägt den griechischen Namen Charis; ihr Papa ist Grieche. Zu hundert Prozent glücklich ist Nena mit ihrer Wahl jedoch nicht, obwohl sie den Namen noch immer sehr schön findet. „Ich hätte nicht gedacht, dass er so oft falsch verstanden werden würde. Viele sprechen ihn auch falsch aus.“ Richtig sei es hintenrum wie bei Joris oder Boris und nicht etwa „Chariis“ wie bei der Stadt Paris. Charis‘ kleiner Bruder hat keinen seltenen Namen: Er heißt Benedikt.

25 Gedanken zu „Mein seltener Name und ich: Nena“

    • Stimmt, das fehlte noch: Nena spricht ihre Tochter vorn wie bei charmant oder Charlotte, also Scha-ris.

    • Ich dachte bei dem Namen Charis an das griechische Wort Charisma, das man ja „Kha-“ ausspricht. Ich hätte nicht auf die Aussprache „Scha-ris“ getippt.

    • Ich hatte vor Jahren mal eine Forendiskussion zur Aussprache des Wortes Charisma. Da standen der deutsche k-Laut, der deutsche sch-Laut, der ich-Laut und der ach-Laut zur Debatte – plus dann noch jeweils die Frage, ob auf der ersten oder zweiten Silbe zu betonen sei. Insgesamt also acht Möglichkeiten. Es zeigte sich, daß die Norddeutschen (so auch ich) meist /KArisma/ und /karisMAtisch/ sagten, während die Südlicher gelegentlich andere Varianten bevorzugten. (Da das aber ein sehr rittmeisterliches Forum war, waren wir uns doch darüber einig, daß diese Frage keine Rechthaberei wert sei.)

    • Im eingefügten Link zu Charis im obigen Artikel ist als Variante Karis erwähnt. Es spricht eigentlich vieles dafür, dass die Aussprache eigentlich mit K ist.
      Ich kann weder alt- noch neugriechisch, aber soviel ich mitbekommen habe, spricht man den Fährmann Charon, die Halbinsel Chalkidiki, den Chor mit „K“.

    • Laut Wiki wird das Chi (x) altgriechisch [k] und neugriechisch [ç], also wie ein ich-ch gesprochen. Außerdem wird das x im IPA-Alphabet als Zeichen für das ach-ch verwendet. Bei behindthename.con ist auch Karis als Aussprache angegeben. Sch ist da aber keins in Sicht – außer es handelt sich eigentlich um einen anderen Namen.

    • Wenn man den Wiki-Artikel weiterliest stellt man fest, dass das x nur vor i und e [ç] und vor a, o, u und Konsonanten [x] gesprochen wird. Es kommen also tatsächlich beide ch-Aussprachen vor.

    • Bei dem Online Angebot des Dudens gibt es ein Hörbeispiel. http://www.duden.de/rechtschreibung/Charis
      Ich höre da etwas zwischen S und Ch ü, jedenfalls kein K.

      Von langem Iii höre ich da auch nichts.

      Ich würde Namen mit problematischer Aussprache niemals vergeben. Das wäre mir zu kompliziert, das ständigen zu erklären

    • Ich habe Nena noch mal gefragt. Charis‘ Vater spricht den Namen wie sie. Überhaupt sei die Aussprache der ersten Silbe des Namens im Alltag gar kein Problem. Meine These: Die wenigsten Leute gehen mit Griechisch-Wörterbuch durchs Leben, das sie an diesem Punkt verunsichern könnte 😉

      Die allermeisten werden an Charlotte oder auch an Charlene von Monaco oder Charlize Theron denken. Wahrscheinlich wäre es sehr viel schwerer, die Aussprache mit K zu etablieren. Beim Googeln bin ich auch auf weitere deutsche „Scharis“ (aber auch auf „Karis“) gestoßen.

    • Na, das ist doch eigentlich ganz erfreulich und spricht für die breite Normalität des Menschenlebens auch in zweifelhaften Zeitläuften:

      – Eine junge Frau kann mit einem Namen, der für die meisten Leute hierzulande vollkommen mit einer Pop-Künstlerin verbunden ist, die viele nicht mögen (ich auch nicht), offenbar gut leben.

      – Damit, daß der Name ihrer Tochter hierzulande oft nicht so ausgesprochen wird wie im Heimatland ihres Ehegesponses und der zu philologischen Diskussionen anregt, kann sie offenbar auch gut leben.

      Bestätigt alle Alltagserfahrung. On s’arrange.

      🙂

    • aber soviel ich mitbekommen habe, spricht man den Fährmann Charon, die Halbinsel Chalkidiki, den Chor mit „K“.

      Charon.

      Hannes Wader spricht den Namen in seiner Einspielung von Bellmann-Liedern (vor ca. zwanzig Jahren) als „SCHAron“ aus:

      https://www.youtube.com/watch?v=E1dvxKgqRLs

      (Ab Minute 3:10)

      Nun ist Wader kein Altphilologe, aber sicher auch kein Idiot, und die an der Aufnahme beteiligten Reinhard Mey und Klaus Hoffmann sind es auch nicht…

      Laß mich Dir ohne Klagen
      Zum Abschied einen Wunsch vortragen:
      Es gilt leb wohl zu sagen
      Unter der Hörner Jubellaut.
      Ich fühl der Jahre Schwere,
      Bin nicht so jung, wie ich gern wäre.
      Charon auf seiner Fähre
      Sein Anblick ist mir wohlvertraut.

      Ich mag dieses Lied seit meinen Jugendtagen (es gibt eine ältere Wader-Version davon).

      Von wegen Liedermacher und Vornamen: Konstantin Wecker wird heute 70.

      Vivat!

      😉

    • So, und heute wäre dann der 160. Geburtstag von Edward Elgar – und natürlich der 50. Todestag von Benno Ohnesorg.

      „Wider still and wider shall thy bounds be set…“

      😉

  1. wir haben im Griechischunterricht, also Altgriechisch, das Chi wie bei ich gesprochen.
    Charisma spreche ich vorne mit K.
    China, Chemie etc vorne mit ich-ch
    den Namen Charis hätte ich auch mit ich-ch gesprochen.
    aber weiß natürlich dass es regional verschieden ist.
    was in der Antike los war, ach naja wahrscheinlich hat da auch jeder so gesprochen wie er wollte. also: alle Varianten gültig.

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    • Es ist jedenfalls auch nicht so, daß die k-Aussprache von Ch- generell eine norddeutsche Präferenz wäre. Denn wenn einer „Kemi“ oder „Kina“ sagt, kommt er garantiert nicht aus Norddeutschland…

  2. Als Teenager fand ich den Vornamen “ Nena“ wirklich ätzend. Die möchte-gern lustigen Lehrer „99 Luftballons“ kannst du auch singen? . Nein aber kontern.
    Er ist selten und mit den Jahren macht man seinen Frieden damit. Aber glücklich ist man damit nicht.

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  3. Für mich ist „Nena“ ein Lall- und Spitzname, den ich als Taufnamen nicht wählen würde. Meine Tochter nannte sich selber Nena, als sie ihren Namen Magdalena noch nicht aussprechen konnte.

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    • das ist ja süß!

      ich find ja immer erstaunlich wie kinder namen anscheinend auffassen und aussprechen.
      ich nannte meinen cousin wolfgang zum beispiel immer wonka.

    • Nun, „besser wissen“ will ich nicht, aber ich wundere mich: Ich habe in Altgriechisch an der Uni gelernt, [i]Chi[/i] solle man wie das weiche [i]ch[/i] in „ich“ oder „echt“ aussprechen.

    • [ Gib’s zu zu, hast auch einen Umweg über die Forenwelt mit ihrem BBCode gemacht. 😀 ]

      Gibt es im Altgriechischen eigentlich auch so eine Art Unterscheidung zwischen „klassischer“ und „traditioneller“ Aussprache in der Altphilologie wie beim Latein? Also analog zu Cäsar als „KÄssar“ oder als „TSÄsar“… Latein wie in Mel Gibsons „The Passion“ oder wie bei Franz Josef Strauß mit bairischem Akzent?

      Der junge Mann, der sich vor Besserwissern besorgt (und von dem ich hoffe, daß er nicht etwa seit vier Jahren Neugriechisch lernt), mag ganz unbesorgt sein – ich weiß es ganz offensichtlich nicht besser. 🙂

    • Da bin ich mir beim Altgriechischen nicht sicher. Es gab aber wohl erhebliche regionale Ausspracheunterschiede.

      Meine Lateinschüler*innen lernen übrigens die Aussprache /Kaißar/. Wann genau das ae zum ä wurde, lässt sich schwer sagen, aber die meisten Latinisten halten es für eine spätantike Entwicklung.

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