Die Vornamengebung des Mansfelder Landes – Tradition ist Trend (3)

Die Vergabe altmodischer Kindernamen als eine Anlehnung an die traditionelle Nachbenennung, die in früheren Zeiten und den Oberschichten generell lebhaft praktiziert wurde, stellte sich im Mansfelder Land in den Jahren 2006-2010 als eine Dominante heraus. Bisher haben wir die altdeutsch/germanischen Namen und die biblisch/lateinischen Namen untersucht.


Als Letztes hatte ich die Generationsnamen genannt. Darunter fallen Namen, die durchaus auch den zwei vorherig durchgenommenen Gruppierungen zugerechnet werden können, uns allerdings bereits seit mehreren Dekaden so bekannt sind, dass wir sie nicht mehr als auffallend betrachten. Im eigentlichen Sinne sind viele von ihnen tatsächliche Nachbenennungen, da sie auf die Eltern und Großeltern hinweisen.

Nun sind uns leider die Verwandten der Kinder meistens nicht belegt, deshalb gehe ich immer vom beliebten Namengut der Generationen aus, in denen sie selbst geboren wurden. Dabei habe ich die Geburtsjahre der Eltern auf die 70er und 80er Jahre gelegt, während die 50er und 60er für die Großeltern der Babies gelten.

Insgesamt bekamen 302 von 1124 Kindern (26,9%) einen oder zwei Namen, die nicht zu den neuen Moden gehören, uns allerdings auch noch nicht so alt vorkommen, dass wir sie als unüblich ansehen würden. Stefanie und Claudia oder Jan und Michael, die in den 70er/80ern aktuell waren, haben ihren Stellenwert auf der Beliebtheitsskala verloren, erwecken in uns aber nicht dieselben Assoziationen wie Liselotte und Karl. Vielleicht, weil wir noch mit ihnen aufgewachsen sind und uns daher selbst zum alten Eisen zurechnen müssten, wenn wir diese als überkommen ansehen.

Top 5 der Erstnamen aus der Elterngeneration

Jungen Mädchen
Erik (11x) Laura, Lucy (11x)
Tom (8x) Marie (10x)
Fabian (6x) Carolin, Jasmin (7x)
Alexander, Daniel, Domenik, Phillipp, Steven, Toni (4x) Lisa, Michelle, Vanessa (6x)
Julian, Kai, Mark, Markus, Tobias (3x) Jenny, Nathalie (5x)

Obwohl die Top 5 den Anschein erwecken, dass bei den Mädchennamen die Trends aus den Jahrgängen ihrer Mütter und Väter eine gewichtigere Rolle spielten, trügt der Schein. Es fand nur eine Konzentration auf einige wenige Namen statt. Während bei den Jungen 46 verschiedene Erstnamen und 35 Zweitnamen vergeben wurden, hinken die Mädchen mit 31 und 10 merklich hinterher.

Die Wahrscheinlichkeit einer Nachbenennung nach den Vätern oder männlichen Freunden scheint sehr hoch, wenn man sich die gesammelten zweiten Vornamen der Jungen genau betrachtet. Fast alle Favoriten aus den 70er/80ern sind mindestens einmal vertreten, darunter auch Christian, Rene, Jürgen und Andreas. Besonders deutlich wird es dann, wenn Schreibvarianten auftreten, die typisch ostdeutsch sind und spätestens nach der Wiedervereinigung 1990 nicht mehr oder nur selten noch so auftauchten, wie zum Beispiel Maik statt Mike.

Überraschenderweise waren weder bei neugeborenen Jungen noch bei Mädchen die Großeltern namentechnisch ein Benennungsmotiv. Die Anzahl derer, die wenigstens einen Zweitnamen aus der 50er/60er-Generation bekamen, ist mit 13 (m) und 8 (w) schwindend gering. Die Spitzenreiter bei den Jungen waren Werner (3x), Bernd (2x) und Rainer (2x), während Gabriele (2x) als einziger weiblicher Name überhaupt mehrfach vergeben wurde.

Es ist hier zu vermuten, dass die Eltern es vorzogen, noch eine weitere Generation zurückzugehen und ihren eigenen Großeltern (den Urgroßeltern der Babies) eine Freude bereiten wollten, da sie damit wiederum genau die Zeit erreicht hatten, in der die meisten Namen modisch waren, die wir momentan zum Trend zur Tradition rechnen. Dies beweisen Zweitnamen wie Otto, Anneliese und Hannelore.

Autorin: Yvonne Thormann hat an der Universität Leipzig Kulturwissenschaften, Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft und Namenkunde studiert. Sie arbeitet als frei schaffende Autorin und Geisteswissenschaftlerin in Leipzig. (Kontakt: thormanns.post@googlemail.com)

3 Gedanken zu „Die Vornamengebung des Mansfelder Landes – Tradition ist Trend (3)“

  1. Die Schlüsse, die aus den Zahlen gezogen wurden, können aber auch irreführend sein. Möglicherweise ist es bei Jungen einfach gesellschaftlich akzeptierter, Namen aus den 70er und 80er Jahren zu vergeben, ohne dass ein konkretes Namensvorbild eine Rolle spielt.

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  2. Hallo Blinki,

    da hast du recht und deshalb habe ich oben auch eine Einschränkung gemacht, dass ich mich allgemein auf das Namengut aus diesen Jahrzehnten beziehe, da wir nicht die Eltern der meisten Kinder kennen. Alle anderen Schlüsse sind zusätzlich und ergeben sich aus den Beziehungen zu den Erstnamen und den jeweiligen überdominanten Moden. Es ist auffallend, wenn ein Junge Finn Christian Uwe heißt. Zudem sind viele Namen aus den 70ern/80ern – meistens bei den Jungen – sogenannte Evergreens geworden und, wie du erwähntest, gesellschaftlich akzeptierter. Allerdings wollen die meisten Eltern mittlerweile selbst festlegen, was als angemessen angesehen wird und folgen ansonsten lieber neuen Trends, um die Kinder nicht zu extrem herausstechen zu lassen.

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