Ich tu mich schwer mit Unisex

„Du kennst dich doch mit dem Thema aus“, sagt meine Kollegin vom Schreibtisch gegenüber und nennt einen Namen, vielleicht aus dem arabischen Raum, vielleicht aber auch nicht, den ich noch nie gehört habe: „Ist das ein Mann oder eine Frau?“ Ich muss passen, und wir versuchen unser Glück bei Google. Wäre ja schon ein bisschen blöd, eine Frau mit „Sehr geehrter Herr …“ anzuschreiben – oder umgekehrt.


Ein Drama wäre ein solcher Patzer natürlich auch wieder nicht. (Im 60er-Jahre-Mädchenroman „Liebe Inge!“ von Berte Bratt führt ein derartiges deutsch-norwegisches Missverständnis gar zu einer Liebesgeschichte.) Es gibt Namen wie Andrea oder Simone: in Deutschland weiblich, in Italien männlich. Und es gibt ganz viel Unisex, was – obwohl sich das Gerücht hartnäckig hält – bereits seit einigen Jahren auch ohne geschlechtseindeutigen Zweitnamen erlaubt ist.

Trotzdem: Ich kann nicht verstehen, was Eltern an dem Verwirrspiel reizt, das mit der Vergabe mancher Unisex-Namen beginnt. Wer seinen Sohn Luca oder Mika nennt, ist noch auf der sicheren Seite: Diese Namen sind derzeit so häufig (Platz 11 bzw. 46) und so eindeutig in Jungenhand, dass es kaum zu Missverständnissen kommen dürfte. Ganz anders sieht es bei seltenen Unisex-Namen oder auch solchen aus, deren Klang oder Schriftbild eine falsche Fährte legt. Anders als lange Haare, Nagellack oder Shirts mit Feuerwehr-Motiv kann das Kind sie nicht nach seinem Belieben an- oder ablegen. Mir ist neulich Aleeke begegnet. Alles klar, dachte ich, eine kleine Friesin – upps: Aleeke ist ein afrikanischer Männername und wurde in den Fall von einem Jungen mit US-amerikanischen Wurzeln getragen.

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Grafik © cirquedesprit – fotolia.com

Wohlgemerkt, ich finde nicht, dass man Geschlechtsunterschiede übermäßig betonen muss. Wenn Jungeneltern sich in vokalig-weiche Klänge wie bei Lias (Platz 74) oder Tamino (Platz 340) verlieben, ist das zwar auch nicht mein Fall, aber wenigstens recht eindeutig. Vielleicht sind Eltern, die ihre Tochter als Jona oder Jamie ins Leben schicken, von Stars inspiriert, die weibliche Johnnies (Martin Gore) aufziehen? Vielleicht wollen sie deutlich machen, dass ihre Mädchen alles werden können, bloß bitte keine Prinzessinnen, als Gegenpol zu Rosalie und Co.? Aber geht das nicht auch anders?

Anlass für diesen Text war übrigens ein kleiner Disput in den Kommentaren zu unserem Geschwisternamen-Ratgeber: Ist es sexistisch, Eltern darauf hinzuweisen, dass es nach mehreren Mädchen klingen kann, wenn Schwester- und Brudername auf -a enden – und dass dies die Jungs nerven könnte?