Mit Laurita und Kevin im Kino

Es gibt Leute, die mögen es gar nicht gern, wenn man bei werdenden Eltern die Namen ihrer Kinder ins Spiel bringt – schließlich könnten diese dadurch allzu bekannt werden. Und es gibt Leute, die jedem, aber auch wirklich jedem, der einen Namen für ein Kind sucht und dabei keine allzu genauen Kriterien nennt, die Namenskombi ihres Sprösslings um die Ohren hauen („Mein Sohn heißt Sam Elias“) – schließlich gibt es ja keine schönere.


Bei mir ist das anders. Wenn der Name unserer Tochter nicht auf unserem Auto prangt, dann liegt das keinesfalls daran, dass ich die Befürchtung hege, er könnte durch eine derartige Veröffentlichung zum (langweiligen) Trendnamen werden. Ich schlage ihn – obwohl ich mich bekanntlich gern online an Orten herumtreibe, an denen Babynamen gesucht werden – aber auch fast nie vor, weil ich genau weiß, dass er eher in die Kategorie „Special Interest“ fällt. Wie sehr ich mich aber doch freuen würde, mal auf eine „Namenscousine“ meiner Tochter zu treffen, habe ich am letzten Wochenende im Kino gemerkt.

Ich habe ja schon einige etwas schräge Vorstöße unternommen, seit ich hier blogge. Von der Verkäuferin in einer namhaften Kinderkram-Kette zum Beispiel wollte ich wissen, wie sich ihr Unternehmen richtig ausspricht. Ein anderes Mal habe ich eine Dame am hiesigen Postschalter, deren Namensschildchen sie als Ilse-Doris XY auswies, gefragt, ob sie mit beiden Vornamen gerufen wird. Aber eine Mutter auf der Toilette eines Multiplex-Kinos auf den Namen ihrer Tochter angesprochen hatte ich bis letzte Woche definitiv noch nie.

Für meine Ohren klang der Name, mit dem diese Frau ihr Kind rief, genau wie der meiner Tochter, nur mit einem L davor: Laurica. Da musste ich doch prompt nachhaken. Vielleicht hätte man sich ja auch kurz über Erfahrungen mit dem Namen austauschen können. Die Verblüffte korrigierte mich allerdings prompt: Nicht Laurica, sondern Laurita hatte der (Kose-)Name gelautet, tatsächlich hieß die Kleine einfach Laura. Schon ein bisschen schade. Für mich natürlich bloß, nicht für Laura.

Stuart, Kevin und Bob
Stuart, Kevin und Bob

Ach ja, im Kino gab es dann die „Minions“, wo ich mich – nach dem süßen Kinderfilm „Oben“ zum zweiten Mal in letzter Zeit – mal wieder darüber wunderte, wie selbstverständlich ein positiv besetzter Charakter doch den Namen Kevin tragen kann. Dabei ist daran natürlich überhaupt nichts Merkwürdiges, die Kevin-Macke haben ja wohl nur wir Deutschen. Oder?

39 Gedanken zu „Mit Laurita und Kevin im Kino“

  1. Laurika ist unter afrikaanssprachigen Südafrikanern ein geläufiger Vorname.

    Warum Kevin in Deutschland so negativ besetzt ist, verstehe ich auch nicht. Hier in den Niederlanden gibt es detaillierte Statistiken über Vornamen. In Vierteln wo 2009-2014 Kevins geboren wurden, wohnen durchschnittlich 13 % weniger Hochgebildete. Das Einkommen der Bewohner ist mit 0 % Abweichung genau durchschnittlich. Kevin ist hier also gar nicht so „schlimm“.

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    • Moment mal, es gibt da doch ein burische Schlager/Schnulzen-Sängerin mit (Künstler?)-Namen Laurika XY, nicht? (Macht, glaube ich, so Frauen-Schnulzen wie diese Loreena McDinges…)

    • Jäp, genau, die meinte ich, danke! (Den Hinweis auf die Sängerin habe ich mal vor einigen Jahren von einer Bekannten bekommen, die im afrikaansen SA aufgewachsen ist.)

  2. Wahrscheinlich ist die negative Assoziation zu Kevin wirklich typisch deutsch. Ich kann mir aber vorstellen, dass es dieses Phänomen auch anderen Ländern gibt und dort Namen, die hier diesbezüglich als „ungefährlich“ gelten, den gleichen negativen Ruf haben wie bei uns eben Kevin.

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  3. Ich verbinde mit Kevin auch negative Eigenschaften – kurioserweise nur bei deutschen Personen. Bei einem Amerikaner z.B. würde es mir vermutlich gar nicht auffallen.

    Mein afrikanisches Patenkind heißt z.B. auch „Kevin“ – zwar leicht anders geschrieben, aber genauso ausgesprochen. Da habe ich den Namen von Anfang an überhaupt nicht mit Kevinismus in Verbindung gebracht; jetzt würde ich es sowieso nicht mehr, da er genau das Gegenteil von einem Kevinismus-Kevin ist. ^^

    Der Aussage von amk, dass es in anderen Ländern wohl das gleiche Phänomen mit anderen Namen gibt, stimme ich zu. Ich habe das mal bezüglich türkischer Namen gehört, aber ich weiß leider nicht mehr, um welche es da ging.

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  4. Aurica ist ein wunderschöner Name! Sollte ich irgendwann ein 3.Kind bekommen, dann steht er sicherlich ganz oben auf der Liste dabei. Allerdings wird es wohl nicht zum 3.Baby kommen!?!
    Seit ich mich auf dieser Seite aufhalte und irgendwann als Vornamen Ihrer Tochter gelesen habe, bin ich total begeistert davon. Ich kannte ihn vorher nicht und ich finde ihn viel viel schöner als Laurica oder Laurita, wobei Laurita und Laurica, Laurina usw. viel schöner sind als immer und immer wieder Laura!
    Schön – denke ich, dass nie überall Auricas herumlaufen werden und das man dann doch irgendwann mal eine trifft – nur Geduld!

    Für „Kevin“ als Vornamen und alle gepflegten, gebildeten, gutsituierten Kevins dieses Landes tut mir die negative Besetzung mehr als leid!
    Aber leider leider habe ich genau diese Klischees immer wieder selbst erfahren müssen und bestätigt bekommen, sobald ich auf einen Kevin traf.
    Woran das liegt weiß ich nicht- vielleicht ist es doch innerlich verankert und wird dann tatsächlich so wahrgenommen? Bei mir persönlich trifft es auch auf die Namen / Kinder Tyler, Jason, Jeremy zu…da sehe ich leider sofort Bilder im Kopf über soziale Herkunft und Verhaltensmuster – sorry!!!

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  5. Für „Kevin“ als Vornamen und alle gepflegten, gebildeten, gutsituierten Kevins dieses Landes tut mir die negative Besetzung mehr als leid!

    Na, als ungepflegter, ungebildeter und keineswegs gutsituierter Jan mit denkbar mieser sozialer Herkunft und Verhaltensmustern kann ich den Kevins kaum mehr sagen als dieses: „Tragt mal die Köpfe hoch! Eure Eltern haben es jedenfalls nicht böse gemeint. Und mit Euch würde ich mich allemal eher an einen Tisch setzen als mit irgendwelchen Hubertussen oder Philippsen mit Mittelschichten-Möchtegern-Hintergrund.“ 🙂

    (Das bestätigt wirklich meine persönliche Erfahrung – Kevins sind eigentlich immer substantiell okay. So wie die Gunnars, Marens oder Melanies in meiner Generation. 🙂 Bon, das ist nun Aberglauben. 😉 )

    Ja, es stimmt, dieses Baumarktkinder-Namen sind nicht gut. Aber ich finde es gemein, daß nun seit fast zehn Jahren fast nur die Kevins dafür in Haftung genommen werden – und eben nicht so sehr die Jasons und Jeremys, Namen, die eigentlich noch scheußlicher sind.

    Tjoar, wie sieht’s in anderen Sprachräumen aus? Das würde mich auch interessieren…

    Wie haben die Essex-Leute (also die vom Thatcherismus zur unteren Mittelschicht gemachten Ex-Proletarier, die dann natürlich gleich ultra-konservativ werden) ihre Blagen genannt?

    Oder die demographischen Produkte des „islamischen Calvinismus“, also Erdogans „schwarze Türken“?

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  6. Wie wird der Name Aurica eigentlich betont? So richtig kann ich die „Trendnamen“-Ängste aber nicht nachvollziehen. Mann freut sich doch eigentlich immer, wenn man Komplimente über den Namen des eigenen Kindes erhält. Und trotzdem möchte man nicht, dass andere Eltern (oder zumindest nur möglichst wenige) diesen auch wählen. Warum nur? Würde er dadurch für einen selbst langweilig? Das kann ich mir gar nicht vorstellen. Wenn ein Name vor der Geburt bereits schon häufig im eigenen Umfeld auftaucht, kann ich das verstehen. Dann ist der Name quasi „besetzt“. Aber wenn ich z.B. überhaupt keine Emma kenne, warum sollte es mich schrecken, dass der Name momentan häufiger ist (vorausgesetzt es wäre der Lieblingsname).

    Tja, und der arme Kevin… Darüber ist inzwischen schon zu viel gesagt worden. Ich kenne keinen „auffälligen“ Kevin, nur drei sehr nette im Erwachsenenalter. Insofern möchte ich mich diesen Urteilen einfach nicht anschließen. Hinter jedem Namen steht eine andere Person.

    Ich habe interessanterweise einmal von einer Amerikanerin gehört, dass die lateinischen Kaisernamen (z. B. Julius, Titus etc.) in den USA besonders in der „Unterschicht“ beliebt wären. Darüber weiß ich persönlich gar nichts. Es wäre nur genauso wie beim Namen Kevin interessant, ob ein „gutbürgerlicher“ Name wie Julius dort ganz anders wahrgenommen würde.

    Und zum Namen Laurita: Als Koseform finde ich ihn wirklich reizend!

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    • Die lateinischen Kaisernamen wurden früher von Plantagenbesitzern gerne an ihre Sklaven verliehen (z.T. aus modischer Faszination mit der gräko-romanischen Antike, die ja auch in der Südstaatenarchitektur nachgeahmt wurde, z.T. aus bösartiger Ironie). So stellt man sich in den USA unter Uncle Julius einen geschichtenerzählenden alten ehemaligen Sklaven mit Zahnlücke vor, oder ähnliches. In dem berühmten Roman „To Kill a Mockingbird“ heißt die afroamerikanische Erzieherin von zwei weißen Halbwaisen Calpurnia, auch ein typisch über-römischer Name; der weiße Arbeitgeber dieser schwarzen Angestellten heißt allerdings auch Atticus. Die hochtrabenden klassisch-gräko-romanischen Namen waren z.T. auch bei weißen Südstaatlern beliebt, werden aber ganz stark mit der armen afroamerikanischen Bevölkerung assoziiert.

      Allerdings verblasst diese Assoziation ganz stark. Jüngere Amerikaner kennen z.B. die alten Uncle Julius-Geschichten gar nicht mehr und haben kein Gespür mehr für die Namensmuster weit zurückliegender Generationen. Auch sind unter Afroamerikanern heute ganz andere Namen beliebt.

    • Vielen Dank! Das fand ich jetzt wirklich interessant! Ein und derselbe Name und so unterschiedliche Historien und Wahrnehmungen.

    • Wir betonen Aurica auf der zweiten Silbe, weil ich eine Aurica kannte, die so betont wird, und weil es mir schlüssig erscheint – Aurelia, mit der der Name verwandt ist, betont man ja auch auf -re-. Trotzdem sagen ziemlich viele Leute (sogar aus der Verwandtschaft) AUrica, die erste Silbe verleitet wohl dazu. Ach ja, das c wird wie k gesprochen, da gab es auch schon andere Varianten („Aurießa“). Los des seltenen Namens 🙂

    • Die lateinischen Kaisernamen wurden früher von Plantagenbesitzern gerne an ihre Sklaven verliehen (z.T. aus modischer Faszination mit der gräko-romanischen Antike, die ja auch in der Südstaatenarchitektur nachgeahmt wurde, z.T. aus bösartiger Ironie). So stellt man sich in den USA unter Uncle Julius einen geschichtenerzählenden alten ehemaligen Sklaven mit Zahnlücke vor, oder ähnliches.

      Das ist in der Tat ausgesprochen interessant! Die Antikenbegeisterung im 19. Jahrhundert ist sicher ein weltweites Phänomen der europäischen Kultur und ihrer „Kind-Kulturen“ (USA, britische Dominions) – und sicher besonders stark dort, wo man Selbst-Nobilitierung nötig zu haben meinte wie eben in der Pflanzer-Gesellschaft der alten Südstaaten. Daß in den USA das Bundesparlament und viele (alle?) Landesparlamente Kapitol heißen, ist ja nun auch kein Zufall. Oder man denke an die ungezählten antikisierenden Städtenamen in den USA: Memphis, Cincinnati, Atlanta, xy-polis etc.

      Das ist eben kein US-Phänomen (fast jedes europäische Opernhaus dieser Zeit wurde in einem irgendwie antikisierenden Stil gebaut), aber es war dort vielleicht besonders ausgeprägt und dauerhaft, einfach auch schon, weil es viele neue Städte zu benennen gab.

      Nur daß das so weit ging, daß man sogar Sklaven in halb höhnischer, halb liebhaberischer Manier römische Namen anhängt hat, war mir neu, danke für die Info. Man könnte hier vielleicht gar an den Hundenamen Brutus denken?

      Ob die Herren Neu-Gentlemen aus Georgia auch mal einen Sklaven Spartacus genannt haben? :mrgreen:

      Dieses Bedürfnis nach Selbstaristokratisierung betrifft aber nicht nur die Südstaaten. Am Ende des 19. Jahrhunderts beginnt der Yankee-Geldadel in den englischen Hochadel einzuheiraten. Das bekannteste Beispiel dürfte Consuelo, verehelichte Herzogin von Marlborough, sein – née Vanderbilt.

    • Lateinische Kaisernamen für amerikanische Sklaven – wieder ein spannendes Thema zum Weiterrecherchieren gefunden. Vielen Dank für die Anregung!

    • @Mark

      >Die lateinischen Kaisernamen wurden früher von Plantagenbesitzern >gerne an ihre Sklaven verliehen (z.T. aus modischer Faszination mit >der gräko-romanischen Antike, die ja auch in der >Südstaatenarchitektur nachgeahmt wurde, z.T. aus bösartiger Ironie).

      Danke Mark. Mit diesem Hintergrund verstehe ich besser, warum der Boxer Muhammed Ali seinen alten, klassischen Namen Cassius loswerden wollte.

    • In den Top 500 der geläufigsten Sklavennamen in der niederländischen Kolonie Surinam aus 1863 finden sich 45 antike Vornamen:

      Achilles
      Adonis
      Apollo
      Aspasia
      Augusta
      Augustus
      Aurora
      Brutus
      Castor
      Cesar
      Cezar
      Cicero
      Cleopatra
      Constantijn
      Cupido
      Darius
      Diana
      Dido
      Doris
      Europa
      Flora
      Gratia
      Hannibal
      Hector
      Hercules
      Jason
      Juliaan
      Juno
      Livia
      Lucretia
      Medea
      Mentor
      Nero
      Nicodemus
      Olymphia
      Philander
      Plato
      Prosperpina
      Roxanna
      Scipio
      Solon
      Titus
      Venus
      Victoria

  7. Ich kann auch nicht verstehen das Kevin so negativ besetzt ist. Bei uns in der Gegend kenne ich mehrere Kinder die Levin heißen, der Name ist bei uns nicht negativ besetzt, obwohl nur das K durch das L ersetzt wurde.

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  8. Wenn ich mich recht erinnere, ging das weböffentliche Getrete gegen die Kevins so etwa vor zehn Jahren los, und zwar als das Jungens-Gesicht auf den Kinderschokoladen-Packungen ausgetauscht wurde: also nicht mehr dieser Blondi-Bubi mit dem Pony, den man aus den 80er und 90ern kannte, sondern so einer mit Gel-Papp-Frisur. Da gab es dann eine Website namens „Kevin muss weg!“, und viele Graphikdesign-Schicki-Vögel fanden das total witzig. Hahaha.

    Aurica hätte ich zugegebenermaßen aus als /AUrika/ ausgesprochen (ich weiß nicht warum…*), Laurita hingegen als /laurIta/ (klar, weil es eben wie ein spanischer Diminutiv von Laura aussieht)…

    *) Vielleicht, weil es ein bißchen wie eine Ableitung von Aurum aussieht?

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    • Es ist auch eine Ableitung von Aurum – aber ob daran so viele Leute denken? 😉 Trotzdem spricht man Aurelia ja auch nicht AUrelia aus. Ich weise auch gern auf den Namen Ulrike hin, wird ja auch nicht ULrike gesprochen.

      Aber letztlich finde ich, dass bei einem so seltenen Namen eigentlich die Eltern bzw. die Namensinhaberin die gewünschte Aussprache vorgeben können. Dass viele Menschen dafür allerdings kein Ohr haben, weiß ich erst jetzt.

    • Ich hätte Aurica auch auf der ersten Silbe betont, weil es lateinisch aussieht und dort meist die drittletzte Silbe betont wird. Wie bei Aurelia übrigens auch – wenn man das i als i spricht.

      Meinen Namen spricht fast keiner mehr so aus, wie meine Eltern sich das mal gedacht hatten.

  9. Ich hatte einmal ein ähnliches Erlebnis wie Annemarie auf der Toilette, als eine Mutter ihr Kind „Moni“ rief, ich automatisch drauf reagierte – und sich dann herausstellte, dass die Kleine gar nicht wie ich Monika, sondern Simone hieß. Aber war ein nettes Gespräch. 🙂

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  10. Was das Kevin-Klischee betrifft, kann ich folgendes beitragen: Meine Mutter hat beruflich sehr viel mit „sozial schwachen“ Familien zu tun, und da gibt es im Kollegium tatsächlich imaginäre Listen mit Namen, die runtergezählt werden, wenn man einen nicht behalten konnte. Kevin steht ganz oben, die Trefferquote ist da einfach extrem hoch. „Vor allem sozial schwache Familien nennen ihre Kinder Kevin“ ist demnach nicht nur ein Klischee, sondern es gibt da anscheinend wirklich eine Häufung. Dabei handelt es sich vor allem um Kinder im Kindergarten- und Grundschulalter. Andererseits ist es bei Migrantenfamilien nicht ungewöhnlich, sehr deutsche Namen zu vergeben. (Beispiel: „Bernd“, dessen Mutter kaum Deutsch spricht.)
    Was ich viel eher problematisch finde als „Kevin ist ein Unterschichtsname“, ist, dass „Unterschichtskinder“ pauschal als „doof“ und „Problemkinder“ abgestempelt werden.
    Persönlich kenne ich nur einen Kevin. Er ist zweiundzwanzig und hat eine abgeschlossene Berufsausbildung.

    Eine Kollegin meiner Mutter heißt übrigens Aurica – 25-35 Jahre alt, ich weiß das immer nicht so genau.

    MfG Leon

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  11. Was ich viel eher problematisch finde als „Kevin ist ein Unterschichtsname“, ist, dass „Unterschichtskinder“ pauschal als „doof“ und „Problemkinder“ abgestempelt werden.

    Absolut. Und danke, das angemerkt zu haben.

    Die Frage ist aber eben ab zu und nicht nur „Wer wird getreten?“, sondern auch „Wer tritt?“

    Und das ist eben immer und mit besonderer Härte und Gehässigkeit die ihrerseits vom sozialen Abstieg bedrohte untere Mittelschicht.

    Wo werden in D die Haß-Kampagnen gegen die Hartz-IV-ler gefahren? In der Bildzeitung, nicht in der FAZ. In England entsprechend in der Murdoch-Presse, nicht unbedingt im Spectator. Wer waren da die fanatischsten Thatcher-Anhänger? Eben gerade nicht die alten, reaktionären Torys (die von Thatcher kaltgestellt wurden), sondern die gerade eben etwas aufgestiegenen Essex-Typen. Und wenn Neuengland-Brahmanen Republikaner werden wollen, müssen sie auch erstmal nach Texas umziehen.

    Ernst Jünger sagt irgendwo in bemerkenswerter Schlichtheit, daß der Schutz und die Verteidigung der Schwachen die Essenz und das Wesen aller Ritterschaft sei. Über dem Schreibtisch des Generals de Gaulle hängt ein Bildnis Don Quixotes.

    Ich weiß, das gehört überhaupt nicht hierher – ich wollte nur mal angedeutet haben, warum mir das Getrete gegen „die Unterschicht“ auf die Eier geht.

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  12. Ich lebe seit drei Jahren in den USA. Der durchschnittliche Kevin ist hier meistens irischer Herkunft und wurde in den Sechzigern oder Siebzigern geboren. Als Name ist Kevin, wie übrigens auch Jason oder Jeremy, bei den Kindern sehr out. Kevin und Jason sind meistens die Väter, und die kommen aus jeder Schicht.
    Aber auch hier gibt es Namen, die dem deutschen Kevinphänomen gleichen, meistens sind diese sehr modern oder sehr kreativ geschrieben. Bei Nevaeh verdrehen die meisten Amerikaner die Augen, ähnlich bei Jaxon oder Destynee oder Jaydynn.

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  13. Ich glaube, die negative Assoziation zu Kevin ist unter anderem daher entstanden, das gerade nach dem Filmen „Kevin allein zu Haus und „Kevin allein in New York“ viele, besonders junge Eltern den kleinen, damals noch niedlichen Jungen sahen und sich dachten, so soll ihr Sohn auch sein und so nannte man ihn dann auch Kevin. Gleichzeitig fing Mitte der 90er der Trashtalk – Trend an und da tummelten sich auf diversen privaten Sendern die „Klischeeasozialen“, meist junge Leute, Anfang oder Mitte 20, teils schon Mutter/Vater und deren Kinder hießen dann Chantal, Kevin, Justin (N´Sync kamen gerade groß raus)und die Drehbuchautoren solcher Formate haben dann auch gerne mal immer diese Namen verwendet.

    Ich muss zugeben, das ich teilweise auch in Schubladen denke, wenn ich den einen oder anderen Namen höre.
    Bei Kevin bin ich da aber schneller „neutraler“ geworden, als z.B. bei all den Jasons, Joshuas (ja, weil nur sehr wenige ihn deutsch aussprechen, viele ihn nur vergeben, weil man dann den Sohn ganz cool Josh rufen kann), Chiaras, Chantals und ähnlichen Namen.

    ein ähnliches Phänomen haben wir ja auch nach der Wiedervereinigung mit „Ossi-Klischeenamen“. Wenn man Namen wie René, Steve (meistens Stev geschrieben), Ronny, Mandy, Peggy und co. hörte, hat man auch eine gewisse Negativassoziation gehabt. Nicht umsonst hat Ilka Bessin ihre Figur Cindy aus Marzahn genannt, um mit dem Ossi-Plattenbau Klischee zu spielen.

    Ich beobachte schon länger, was Leon geschrieben hat. Es ist tatsächlich eine kleine Häufung von Namen, die man von Popstars und Filmstars und deren Sprösslingen her kennt, gerne in den sozial schwächeren Familien vergeben werden, was nicht bedeutet, die Kinder seien dämlich, wie sie oft abgestempelt werden.
    Wo ich das beobachte? Nun ja, das Kino, das oben abgebildet ist hat mir 3 Jahre lang Freikarten beschert und mein Zweitstudium finanziert – und in dem Einzugsgebiet liegen diverse „Problemstadtteile“.
    Ich habe recht schnell anhand der Kindernamen den möglichen Wohnort erraten können und das hat mich schon ein wenig nachdenklich gemacht und mich darauf gebracht, das sich vielleicht aus den nicht ganz so guten Verhältnissen stammende mehr von der Popkultur und den Trends beeinflussen lassen, als andere.
    Nur eine Vermutung und keine Wertung!

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    • Hoppla, ein Absatz fehlt da noch, nach der Cindy von Marzahn :

      Dieses Klischee ist aber mittleweile ausgelutscht und man merkt, das die Namensvergabe heutzutage ebenso „vereint“ ist.

    • Gleichzeitig fing Mitte der 90er der Trashtalk – Trend an und da tummelten sich auf diversen privaten Sendern die „Klischeeasozialen“, meist junge Leute, Anfang oder Mitte 20, teils schon Mutter/Vater und deren Kinder hießen dann Chantal, Kevin, Justin (N´Sync kamen gerade groß raus)und die Drehbuchautoren solcher Formate haben dann auch gerne mal immer diese Namen verwendet.

      So desaströs die Auswirkungen des Privatfernsehens auf Mentalität und Klassenbewußtsein des deutschen Proletariats gewesen sind und noch sind – es hat hier wohl eher trendverstärkend als trendschaffend gewirkt und, wie von Dir angedeutet, zur (Selbst)stigmatisierung der betreffenden Klassen (eben gerade auch durch Krawall-Talkshows) beigetragen.

      Privatfernsehen gibt es (in Westdeutschland) seit 1984. Aber schon in meiner Grundschulklasse im ländlich-kleinstädtischen Niedersachsen (eingeschult 1974) gab es einen David („Dehwid“) und einen Francis („Frentsis“), die ziemlich genau aus dem Milieu kamen, das man heute als „bildungsfern“, als „Prekariat“ oder als „Unterschicht“ bezeichnen würde. Auch der vergleichbare Name Patrick („Petrick“) war schon gegenwärtig. (Kevin noch nicht, wenn ich mich recht erinnere – den gab es nur als Fußballer, also K. Keegan, nicht als geläufigen Namen.) Man verband mit diesen Namen schon und mit Gründen bestimmte Milieus – aber eben noch nicht so brutal wie später, eben seitdem es Privatfernsehen gibt.

      (Das hatte, glaube ich, auch nichts mit den englischen Besatzern zu tun. Die gab es zwar in Niedersachsen in großer Zahl, aber nicht in unserer unmittelbaren Nähe. Die erwähnten Jungs hatte jedenfalls keine englischen Väter.)

      Ähnlich wie bei den Ossi-Namen darf man bei den westdeutschen Entlehnungen aus dem Englischen wohl so ein diffuses Konglomerat aus ungeschickter Sehnsucht nach Weltläufigkeit und durch angelsächsische Populärkultur vermittelter Vorstellung von großer, weiter Welt unterstellen. Bei den Ossis kam sicher auch noch einfach das Fernweh hinzu, daß man in der DDR bekanntlich erheblich weniger leicht stillen konnte als in der alten BRD.

      Die Tatsache, daß Ossi-Namen so oft „falsch“ geschrieben wurden/werden (also Maik, Sindy, Mendy, Jaecki etc.), geht angeblich – so habe ich das mal vor vielen Jahren in der FAZ gelesen – darauf zurück, daß sich die DDR-Behörden geweigert haben, die originalen englischen Schreibweisen einzutragen. (Ich hatte das hier schon mal angemerkt, und da ward mir Widerspruch zuteil… Die Information beruht wie gesagt auf einem einzigen Zeitungsartikel, kann mithin durchaus falsch sein.)

    • Die falsch geschriebenen Ossi-Namen gehen auch darauf zurück, dass in der DDR Englisch nicht die erste Fremdsprache war. Viele Eltern hatten einen englischen Namen gehört, wussten aber mangels sicherer Englischkenntnisse nicht, wie man ihn schreibt. Die Leipziger Namenkundler haben entsprechende Anfragen im Archiv, die das belegen.

    • Ah, okay, danke für die Info! In dem besagten FAZ-Artikel wurde das übrigens an dem Schauspieler Jaecki Schwarz (nach der Wende auch im Westen wegen der PZR-110-Folgen aus Halle sehr bekannt) festgemacht, der angeblich nach einem Jazz-Musiker namens Jacky (Jackie?) heißen soll, aber eben – wiederum angeblich – nicht so geschrieben werden durfte.

      Vielleicht hat beides eine Rolle gespielt: Unkenntnis (es gab ja zwar Westfernsehen, aber eben keine westlichen Druck-Medien) und Behörden-Entscheidungen… (Denn wenn jemand wirklich sooo für einen bestimmten Star schwärmt, daß er ein Kind nach ihm benennt, kann kein Eiserner Vorhang die Kenntnis zumindest von der Schreibung seines Namens aufhalten.)

    • Nachtrag: Ich sehe nun gerade, daß der Schwarz schon Jahrgang 46 ist, also vor der Gründung der DDR anno 49 geboren wurde, mithin noch unter direkter sowjetischer Besatzungshoheit… Kann also echt sein, daß das damals eine Ente der FAZ war…

  14. auch wenn das hier zu einer Kevin-Diskussion ausartet:
    Ich finde, dass der Name die Eltern eher abstempelt als das Kind per se. Weil vereinfacht gesagt: Ein Dreijähriger bleibt ein Dreijähriger, heißt er Kevin oder Hubertus.
    Ich empfinde ihn eher als typischen Kindernamen. Wie Yvonne oder Florian. Da fällt es mir schwer, mir eine erwachsene, wenn nicht schon ältere Person hier vorzustellen. Aber wahrscheinlich, weil ich bis jetzt keiner begegnet bin.

    Am meisten nervt, wenn man einen Namen hat und irgendjemand sagt: „Mit so jemanden bin ich in die Volksschule gegangen, der/die hat mir meine Barbie kaputt gemacht.“ Ja schön und gut, aber wenn der Name dann mit dem Baby in Verbindung gebracht wird (man hat ja hoffentlich mit dem/der VolksschulkollegIn nix mehr zu tun), dann vergisst man die negative Haftung des Namens ganz schnell.

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    • Nachtrag:
      Ich denke, bei Trendnamen verliert man das Gefühl für positiv und negativ. Da vermeintlich so viele Leute mit dem gleichen Namen rumlaufen, lernt man Menschen kennen, die man mag und welche, die man doof findet. Dadurch wirkt der Name neutral. Vielleicht will man selbst dieses Gefühl einfach nicht aufkommen lassen, weshalb man den eigenen Kindernamen nicht rumposaunen will.

    • Ein Dreijähriger bleibt ein Dreijähriger, heißt er Kevin oder Hubertus.
      Ich empfinde ihn eher als typischen Kindernamen. Wie Yvonne oder Florian. Da fällt es mir schwer, mir eine erwachsene, wenn nicht schon ältere Person hier vorzustellen.

      Das bestätigt mich (wenn ich es denn nicht falsch verstanden habe) wieder einmal in meinem Eindruck, daß man in Österreich vornamensmäßig konservativer ist als in Bismarck-Deutschland. 😉

      Yvonnes gibt es hier zuhauf schon in meiner Generation (Norddeutschland, geb. 1967), Florians kenne ich persönlich – trotz überschaubarem Bekanntenkreis – drei, die heute Mitte bis Ende dreißig sind. Und die Kevins und die Charlottes sind auch schon wieder alle zwanzig bis dreißig. Die Jahre, sie rollen…

      Das ist überhaupt nicht als Ösi-Diss gemeint, sondern im Gegenteil als zwar mutmaßende, aber bewundernde Feststellung – ich finde Konservativismus in diesem Bereich ausgesprochen sympathisch. 🙂

      [Ich möchte auch nicht damit nerven, hier öfter mal mein Alter und meine regionale Verortung zum Besten (oder zum Schlechtesten :mrgreen: ) zu geben, aber beides ist eben recht wichtig für die subjektive Wahrnehmung von Namen.]

      Ich denke, bei Trendnamen verliert man das Gefühl für positiv und negativ. Da vermeintlich so viele Leute mit dem gleichen Namen rumlaufen, lernt man Menschen kennen, die man mag und welche, die man doof findet. Dadurch wirkt der Name neutral.

      Das war hier früher (schon wieder Herkunft und Region!) aber noch einfacher: es gab/gibt einfach sooo viele Andreas, Sabines, Christines, Jörgs, Stefans und Michaels, daß unmöglich eine einzelne Person die Wahrnehmung bestimmen konnte. Und zwar ohne, daß das zur Austauschbarkeit der Personen geführt hätte. Zwei Ex-Freundinnen von mir haben Andrea geheißen, und ihre Bilder würden sich in meiner Erinnerung trotz der Namensgleichheit niemals vermischen. Vielleicht sind Vornamen doch nicht sooo wichtig, jedenfalls im Alltagsleben. 😉

    • Ich hatte sogar einen Lehrer namens Florian. Und auch Yvonne sehe ich heute eher bei jungen Großmüttern als bei Kleinkindern.

      Ich denke, bei Trendnamen verliert man das Gefühl für positiv und negativ.

      Wenn das so wäre, würden wir nicht über Kevin diskutieren. Kevin war auch ein Trendname, 1991 sogar der häufigsten Jungenname des Jahres.

    • Ich denke nicht, dass es was mit Österreich zu tun hat. Ich kenne viele, die den Namen Kevin genauso wie die Kommentare weiter oben sehen. Es ist nur meine persönliche Meinung.
      Florian hatte ich auch als Uniprofessor. Doch der war so jung aussehend, dass ich ihn nicht als „erwachsenes Beispiel“ heranziehen kann.
      Yvonne kenne ich eigentlich auch nur eine 80-Jährige, die bei meinem Großvater im Spital liegt. Eine totale Tusse mit rosa rosa rosa und blond und die Zigarette mit diesem Stiel wie bei Cruela de Ville.

      Kevin ist und bleibt ein Diskussionsname und ruft mehr Meinungen hervor als beispielsweise Justus es je könnte.

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