Seht fern! Oder lieber doch nicht?

Ich weiß, ich sollte es lieber lassen. Aber ich kann mich nicht bremsen. Die Schwangere, die in einem Forum nach amerikanischen Jungennamen mit J sucht, klingt so verzweifelt und hat schon so viele Vorschläge abgelehnt. Mein Ehrgeiz ist geweckt und ich nenne ein aus meiner Sicht weniger abgenudeltes Exemplar: „Wie wäre es mit Jeffrey?“ (Dabei denke ich, zugegeben, auch an Jeff Bridges, einen meiner Lieblings-Mimen.)


Mein Gegenüber hat allerdings andere Assoziationen. Ich kann das amüsierte Prusten fast hören: „Jeffrey, no way! Das ist doch ein farbiger Butler.“ Aha? Und warum sollte es einen Namen eigentlich ins Aus befördern, dass man dabei erst mal an einen dunkelhäutigen Bediensteten denkt? In einer anderen Diskussion, die ich kürzlich verfolgt habe, führte eine ähnliche assoziative Spur ins Comic-Milieu: Denkt man beim Namen Johann an einen Butler – wegen des Butlers eines gewissen schwerreichen Erpels?!

Eine weitaus größere Rolle als Sprechblasengeschichten spielen heute aber Fernsehen und Kino, sowohl über die Namen der Figuren als auch über die der Darsteller. Schade, dass man lange Film- und Serienabspänne mittlerweile eigentlich nur noch im Kino und bei DVDs hat. Schließlich könnte auch der Name eines Make-up-Artisten, eines „Best Boys“ oder „Gaffers“ werdende Eltern inspirieren.

Foto © Jim Barber - Fotolia.com
Foto © Jim Barber – Fotolia.com

Edward aus der „Twilight“-Saga, Cataleya aus „Colombiana“ – nur zwei von vielen Beispielen, die in den letzten Jahren die Namensszene aufgemischt haben. Auch meine beiden Freundinnen, die bei der Namenswahl ihrer Töchter bekanntlich von „Anne auf Green Gables“ beziehungsweise den „Gilmore Girls“ (Lorelai) beeinflusst wurden, gehören in diese Riege. Dass man sich durch Figuren, die einem ans Herz gewachsen sind, anregen lässt und sich vielleicht auch an einem besonderen Namensklang erfreut, kann ich gut nachvollziehen. Optimal wäre es natürlich, wenn dem Kind die Geschichte zu seinem Namen später auch gefällt. Die Alltagstauglichkeit eines Namens und wie er zum jeweiligen Nachnamen passt müsste gesondert betrachtet werden.

Was ich aber immer sehr bedauere, ist, wenn manche Namen aufgrund gewissen TV-Konsums strikt abgelehnt werden: „So heißt ein Kind bei den Wollnys.“ Oder: „Robääärt geht gar nicht.“ Manches Format mag unterhaltsam sein, aber die Macht, einen ansonsten unbescholtenen Namen zu verderben, sollten die meisten einfach nicht bekommen. Ich glaube auch nicht daran, dass ein dieser Tage geborener Robert in ein paar Jahren von Mitschülern Hänseleien frei nach den „Geissens“ zu ertragen hätte. (Eher vielleicht noch von einzelnen infantilen Eltern.) Der eingangs erwähnte farbige Butler stammt übrigens, wenn ich richtig recherchiert habe, aus „Der Prinz von Bel-Air“ und schreibt sich Geoffrey. Ach.

Zum Schluss eine Frage: Liest hier jemand mit, der nach Film oder Fernsehen benannt wurde, benannt hat oder benennen möchte? Das wüsste ich wirklich gern.

27 Gedanken zu „Seht fern! Oder lieber doch nicht?“

  1. Na ja, ich habe meine Tochter nicht nach Film oder Fernsehen benannt, aber nach einem sehr bekannten Theaterstück “ Anatevka“. Meine Tochter bekam den Namen der jüngsten Tochter von Tevje, die nur eine unbedeutende Rolle spielte, aber den Namen Bjelke fand ich, damals schwanger, total schön und finde es immernoch.

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  2. Leute meiner Generation, die als Kinder noch den Durchbruch des Fernsehens als Massenmedium in den 70er Jahren erlebt haben, werden sich vielleicht noch an die charmante englische TV-Serie „Der Doktor und das liebe Vieh“ erinnern. (Es ging um einen englischen Land-Tierarzt.) Da hießen die Hauptrollen Siegfried und Tristan – so hatte es laut Konstruktion der Serie ihr exzentrischer verstorbener, Wagner-begeisterter Vater gewollt. Damals hat also noch nicht das Fernsehen die Namensgebung beeinflußt, wohl aber eine frühere Form der Populärkultur, also die Oper, die Namensgebung im Fernsehen. 🙂 Merkwürdige Spiegelungen…

    Wenn ich heute in den Untergrund gehen wollte, würde ich „Alfred Tetzlaff“ („Abu Rita“) als nom de guerre wählen – das versteht kein Ami, wohl aber noch heute fast jeder Deutsche. 😉

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    • Bereits in den 20ern wurden Kinder nach Opernfiguren benannt:

      Da hört man: „Siegfried, schlimmer Bengel,
      Gehst raus du aus dem nassen Grase!“
      Die andre Dame mahnt: „Isolde,
      Nimm doch den Finger aus der Nase!“

      Klein Parcival spielt Ball mit Carmen
      Lawntennis Siegmund mit Waldtraute;
      Das Bübchen Fasold zetert „Mama!“
      Weil ihn Brünhilde eben haute.

    • Na, schon wesentlich früher – wenn die zitierten Spottverse aus den zwanziger Jahren stammen, liegt doch auf der Hand, daß da eine notorisch gewordene Masche parodiert wird, daß diese Namen also schon länger modern waren.

      Nur eben in England, da hat man kaum je Kinder nach Wagner-Opern und/oder nach dem Nibelungen-Stoff benannt – das war ein Ausdruck deutschen Patritiotismus‘. Die Beliebtheit von Siegfried dürfte Mitte des 19. Jahrhunderts begonnen haben, spätestens aber mit der Vollendung von Wagners Ring gegen 1870.

      Nebenbei: Gerade assimilationswillige, deutschnationale Juden haben als Zeichen ihres Patritismus ihre Söhne so notorisch oft Siegfried genannt, daß Siegfried dann nach dem ersten Weltkrieg fast schon als Judenname galt.

  3. Meine Cousine heißt Muriel und wurde, wenn ich mich richtig erinnere, nach der Figur aus dem Film „Muriels Hochzeit“ benannt – bzw. haben ihre Eltern den Namen dort aufgeschnappt und für gut befunden.

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    • Ein toller Film, der auch vornamenstechnisch interessant ist: Als Muriel ihr altes Leben hinter sich lassen will, nennt sie sich Mariel.

  4. mein richtiger Name Helene ist inspiriert vom Eis „Birne Helene“.
    Dabei mag ich noch nichtmal dieses Obst -.-“

    Aber gilt das auch zur Thematik? 😉

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    • Vielleicht taucht in der Vornamen der Woche ja (mit oder ohne Hitzewelle 2015) noch mal eine Melba auf, die direkt oder indirekt nach dem Pfirsich Melba benannt wurde. 😉

      Dieses Eis-Dessert vom großen Auguste Escoffier wurde seinerseits nach der australischen Opern-Sängerin Nellie Melba benannt.

      Und die Melba ihrerseits hat sich ihren Künstler-Nachnamen nach ihrer Heimatstadt Melbourne gegeben. Sie war der erste internationale „Star“ aus Australien, und das in einer Zeit, in der man in Europa bei Australien wirklich nur an Sträflinge und an Wüste gedacht hat – noch nicht einmal an Schafe oder an Kängurus. Sie wollte durch ihre Namenswahl sozusagen ein regionalpatriotisches Zeichen für ihre damals verachtete Heimat setzen. 🙂

      Aber bis zu dem Tage, an dem Helene Fischer ein Lied mit dem Titel „Ich und mein Magnus“ in den Hit-Paraden plazieren kann, hielte ich den Plan eines Rankings „Kinder, die nach Eissorten heißen“ in diesem Blogge für schwer zu verwirklichen. 😉

  5. mein richtiger Name Helene ist inspiriert vom Eis „Birne Helene”.
    Dabei mag ich noch nichtmal dieses Obst -.-”

    Womit wir schon wieder bei der Oper wären. 🙂 Und zwar insofern das Dessert anläßlich der Uraufführung von Jacques Offenbachs „La belle Hélène“/„Die schöne Helena“ vom großen Küchenchef Escoffier kreiert wurde oder von ihm zumindest nach der Oper benannt wurde: „Poire belle Hélène“.

    (Es gibt jede Menge Gerichte aus der klassischen Zeit der französischen Küche, die nach Opern oder Opernkomponisten benannt wurden – die Oper war eben im 19. Jahrhundert eine Art gesellschaftlicher „Leit-Kunstform“… Ein guter Kalauer zu Helene F. heute will mir gerade nicht einfallen… 😉 )

    Schönen Tag rundrum! 🙂

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  6. Nun ja, einer meiner bevorzugten Mädchennamen ist Veronika und das hat durchaus etwas mit dem Film „Die zwei Leben der Veronika“ von Kieślowski zu tun. Später kam dann noch eine bewunderte Dichterin (Veronica Gambara, Italien, 16. Jahrhundert) hinzu.

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  7. Meinen Namen „Maika“ entdeckte mein Vater damals auch in einer DDR-Fernsehsendung über ein junges Mädchen. Wie genau die Sendung hieß, weiß ich leider nicht mehr. Aber er gefiel ihm offenbar so sehr, dass er sich bei der Namenswahl durchsetzen konnte. 😉

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  8. eine Arbeitskollegin heißt Tirza, sie meint, der stamme aus
    dem Film „Ben Hur“, nur das er dort noch mit einem H am Ende geschrieben wurde.

    In meinem Bekanntenkreis wurde der Sohn nach dem Jungen in Winnie the Pooh, Christopher Robin genannt. Meine Schwester hat ihren Sohn genau umgekehrt Robin Christopher genannt, eben weil sie diese Assoziation nicht wollte, ihr und ihrem Mann aber beide Namen gefielen.

    Und meine ehemalige Chefin hat ihre Kinder, ganz der Jane Austen Fan, Elisabeth (nach Miss Bennett), Harriett (nach Emmas „Verkuppelungsopfer“) und Edmond (aus Mansfield Park) genannt.

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  9. Ich würde durchaus Loreley als stummen Zweitnamen in Betracht ziehen, da ich nicht nur großer „Gilmore Girls“-Fan bin, sondern vielmehr auch starke familiäre Bande zum Mittelrheintal bestehen.

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    • Ich weiß nicht, ob es etwas zu bedeuten hat oder ob es eher traurig ist, aber bei Loreley fiele mir zuerst der Song „Lorelei“ der Pogues aus dem Jahre 1989 ein…

  10. Oh da hab ich auch eine Anekdote:
    Ich habe in einem Kindergarten gearbeitet, und da hieß ein kleines deutsches Mädchen (3 Jahre) Ayla. Aufgrund ihres durch und durch deutsches Aussehen fragte ich die Mutter, warum sie diesen Namen wählte. Ihre Antwort: In der daily Soap „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ heißt eine so und sie fand den Namen und die Schauspielerin (Sila Sahin) toll.

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    • Ich kenne auch ein deutsches Mädchen namens A.yl.a, das mittlerweile etwa 14 sein dürfte. Als ich die Mutter nach dem Hintergrund fragte (beide Eltern haben klassische „deutsche“ Namen ihrer Generation), erklärte sie mir die Bedeutung des Namens und dass sie mehr Wert auf Klang und Bedeutung legten als auf die Zuordnung zum deutschsprachigen Kulturraum. A.yl.as jüngerer Bruder hat überigens einen russischen Namen: Ja.sc.ha, eine Koseform von Jakob.
      Die Familie ist allerdings auch international unterwegs. Alle vier haben mehrere Jahre in Indien gelebt, wo die Kinder meines Wissens eine englische Schule besuchten.

    • Ich kenne auch eine Ayla (Mitte 20), bei deren Eltern es keinerlei Bezüge zur Türkei oder zum Türkischen gibt, wohl aber, nun ja, Drähte ins erweiterte Hippie-Psycho-Asien-Spiritualitäts-Milieu.

      Es scheint mir auch zweifelhaft, ob man den Namen als türkisch systematisieren kann, nur weil eine türkische Rolle im Unterschichten-Fernsehen so heißt oder weil irgendwelche Deutsch-Türken meinen, daß er türkisch sei. Ayla scheint doch eher so ein postmoderner euphoner Tralala-Name zu sein, der anscheinend in recht unterschiedlichen soziokulturellen und sprachlich-ethnischen Milieus seine Anhänger findet.

    • Mit Ayla habe ich ebenfalls Urzeit-Assoziationen. Dass der Name türkisch sein soll, ist mir neu (was sagen die türkischstämmigen Mitlesenden?).
      Vor mindestens 15 Jahren kannte ich eine ziemlich asi-mäßige Frau (habe nur noch vage Erinnerungen), die dann eine Tochter namens Ayla Annabell bekam.

  11. Ich finde den Namen Gilbert (deutsch ausgesprochen) sehr schön, habe aber nur Mädchen bekommen. Fast alle Leute in meinem Umfeld finden den Namen Schrecklich. Schade.

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  12. War es nicht so, dass nach der GNTM-Staffel von 2013 in den Babynamen der Woche öfter mal eine Lovelyn -benannt nach der damaligen Gewinnerin- aufgetaucht ist?

    Das wäre dann auch ein Name, der durch das Fernsehen „Verbreitung“ gefunden hat…

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  13. Ich bin nach Aussagen meiner Mutter nach einer Figur in einem Film mit Hardy Krüger benannt. Der Film spielt in Afrika, mehr weiß ich nicht. Vielleicht weiß jemand wie der Film heißt, da meine Mutter sich nicht mehr erinnert.

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