Was ist der Erstname?

Da wäre ich nie drauf gekommen, dass man den Begriff „Erstname“ unterschiedlich deuten kann. Für mich war es selbstverständlich, dass damit der in amtlichen Dokumenten als erstes aufgeführte Vorname einer Person gemeint ist.


Aber nachdem sich der Leiter der Sprachberatung der Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS), Dr. Lutz Kuntzsch, in seinem Aufsatz „Die beliebtesten Vornamen des Jahres 2011“ in der Ausgabe 2/12 der Zeitschrift „Der Sprachdienst“ über die amtlichen Vornamenstatistiken aus Österreich und der Schweiz wundert:

Zu den Statistiken aus den beiden Nachbarländern sei angemerkt, dass die nicht alle vergebenen Vornamen berücksichtigen, sondern nur die Erstnamen, wie diese auch immer ermittelt worden sind.

und auch meine Vornamenrangliste für Deutschland kritisiert:

Die Problematik der Erst- und Zweitnamen und ihrer Quellenlage ist hier nicht berücksichtigt, denn außer einem Gewohnheitsrecht (Rufnamen stehen meist an erster Stelle) ist gar nicht festgelegt, was der Erstname überhaupt ist.

habe ich mich doch mal dazu umgehört. Dabei bin ich auf zwei alternative Erklärungen gestoßen. So meinen Einige den Rufnamen, wenn sie von einem Erstnamen sprechen. Für Andere ist der Erstname der ursprüngliche Name eines Menschen, nachdem dieser seinen Namen geändert hat – der erste Name im Gegensatz zum zweiten Namen nach der Namensänderung.

Um es deutlich zu machen: Für meine Vornamenranglisten zähle ich die an erster und an zweiter Stelle genannten Vornamen separat. Alle weiteren Vornamen berücksichtige ich gar nicht. Bei einem Mädchen namens „Mia Sophie Simone“ erfasse ich „Mia“ in der Erstnamenstatistik und „Sophie“ in der Auswertung der häufigsten zweiten Vornamen. „Simone“ findet sich überhaupt nicht in meiner Statistik wieder.

Ob Mia der Rufname ist oder vielleicht Sophie oder Simone spielt keine Rolle; die verwendeten Quellen geben auch gar keine Auskunft über den Rufnamen.

Laut der GfdS haben heutzutage 55 % der Kinder nur einen, 40,2 % zwei, 4,4 % drei und 0,4 % vier oder mehr Vornamen. Für deren Vornamenstatistik werden alle Vornamen eines Kindes gemeinsam ausgewertet. Das Mädchen „Mia Sophie Simone“ wird also drei Mal gezählt. Und weil die Deutschen bei den Zweitnamen tendenziell andere Namen bevorzugen als bei den Erstnamen, kommt die GfdS zu anderen Ergebnissen als ich.

Wie von Kuntzsch richtig festgestellt, ist der erstgenannte Vorname meistens der Rufname. Zur Beantwortung der Frage, welche Vornamen demnächst auf Deutschlands Spielplätzen am häufigsten gerufen werden, halte ich deshalb meine Vornamenranglisten für aussagekräftiger als die der GfdS. Sprachwissenschaftler haben vielleicht andere Prioritäten.

1 Gedanke zu „Was ist der Erstname?“

  1. Bei den Jungen zeigt doch das Beispiel „Alexander“ an Platz 2 der Gesellschaft für deutsche Sprache, dass deren Vornamenstatistik nicht nur irreführend sondern sogar wertlos ist. In der Realität wird von den Kleinkindern kaum eines Alexander gerufen.

    Antworten

Schreibe einen Kommentar zu Marcus Antworten abbrechen