Rezension Knaurs Vornamenlexikon von Dorit Zimmermann

Die Namensfindung für ihre Sprösslinge lassen sich immer mehr Deutsche auch ein paar Euro kosten. Anders ist die spürbare Zunahme von Vornamenslexika auf dem Büchermarkt kaum zu erklären. Grund genug einige dieser Veröffentlichungen auf Herz und Nieren zu prüfen.


Für den renommierten Knaur-Verlag hat sich die Medizinjournalistin Dorit Zimmermann versucht. Ich habe mir die Zeit genommen und dem Werk auf den Zahn gefühlt.

Der äußerlich sehr ansprechende Band verspricht im Klappentext werdenden Eltern und anderen Interessierten über 6000 Vornamen verschiedenster Couleur mitsamt deren Herkunft, Bedeutung, Neben- und Kurzformen und Aussprache.

Nach einem sehr allgemein gehaltenen Vorwort folgen zunächst die rechtlichen Bestimmungen der Namensgebung in Deutschland sowie allerhand weitere Tipps, nach welchen Kriterien man einen Vornamen aussuchen sollte.

Was folgt, ist – soviel muss man der Autorin zu Gute halten – eine umfangreiche und überaus bunte Mischung an Vornamen, die nach männlich und weiblich sortiert sind. Am Ende des Buches finden sich noch Listen, wie „Kinder von Stars“, nach Kulturkreisen sortierte Vornamen oder eine Liste der Großelterngeneration. Das ist es leider schon auf der Habenseite.

Denn die Erläuterungen zu den Vornamen sind das Schlechteste, was ich bisher in Vornamensbüchern gelesen habe.

Zunächst ist es völlig willkürlich, in welchem Umfang ein Name etymologisch erklärt wird. Manchmal ist überhaupt nichts zu der Bedeutung des Vornamens zu lesen. Weitere Informationen wie Namensträger/-tage etc. werden auch nur sehr sporadisch hinzugefügt. Nicht selten schleichen sich gravierende sachliche Fehler ein. Beispielsweise stammt der germanische „Hubert“ (tatsächlich: ahd. Hug = Gedanke, berat = glänzend) angeblich vom lateinischen Hubertus ab. Bei den weiteren germanischen Vornamen werden nur einzelne Teile übersetzt. Auch zeigen sich in einigen Fällen Widersprüche zu anderen Nachschlagewerken. So ist in Zimmermanns Buch „Ronja“ samischen statt griechischen Ursprungs.

Die weiblichen Vornamen „,Altje“ bzw. „Eldrid“ werden von Dorit Zimmernann als sehr typisch norddeutsche Vornamen gehandelt, obwohl sie mir als Hamburg-Holsteinerin nicht ein einziges Mal bisher begegnet sind.
„Dalila“ und „Delila“ setzt sie gleich, obwohl sie in beiden Einträgen völlig unterschiedliche Bedeutungen nennt. Weiterhin erscheinen die sehr fragwürdigen Aussprachehilfen (bsp.: Gwyneth ~ „Gwinis“, Heather ~ „Hesa“) nicht einmal konsequent: Der verbreitete Name „Charlotte“ wird erläutert, der Exot „Mae“ hingegen nicht.

Dieses ist nur eine Auswahl der Negativaspekte, die mir so aufgefallen sind. Besonderes Kopfschütteln löste jedoch aus, dass die meisten Vornamen mit sehr persönlichen und ebenfalls widersprüchlichen Wertungen kommentiert sind.
So werden von der Autorin Namen als „eigenwillig“, „wohlklingend“, „Erwartungen weckend“, „sinnlich“, „attraktiv“, „pfiffig“, „temperamentvoll“ oder „vollmundig“ bezeichnet. „Dunja“ gilt gar als „klangvoller Name für eine dunkle Schönheit“.

Engstirnig zeigt sich die Autorin auch dann, wenn sie schreibt, dass ein Name zu bestimmten Familiennamen (nicht) passt bzw. diese gar „erfordert“. Dabei geht es nicht bloß um den – nachvollziehbaren – Aspekt der Sprache oder des Kulturkreises, nein, manchmal müsste der Nachname einfach „schlicht“ oder „exotisch“ sein.

Dorit Zimmermann beweist eindrucksvoll, wie der Versuch, ein Namensbuch zu verfassen, in die Hose gehen kann. Die insgesamt gelungene Auswahl von Vornamen allein reicht als Kaufargument nicht, da der Inhalt sonst voller Schwächen ist. Man wird angesichts der vielen offensichtlichen Fehler und seiner Uneinheitlichkeit den Eindruck nicht los, dass das Buch nicht ein einziges mal Korrektur gelesen worden ist. Für den bunten Markt an Vornamenslexika stellt das junge Erzeugnis aus dem Knaur-Verlag auf keinen Fall eine positive Bereicherung dar.

  • Dorit Zimmermann: Knaurs Vornamenlexikon: Über 6.000 Vornamen von A bis Z. München 2009. € 6,95

2 Gedanken zu „Rezension Knaurs Vornamenlexikon von Dorit Zimmermann“

  1. Danke für den Verriss.

    So etwas ist sehr hilfreich, da in vielen Zeitungen und Zeitschriften nur die positiven Rezensionen veröffentlicht werden, um den Anzeigenkunden nicht auf die Füße zu treten. Negative Rezensionen werden einfach nicht gedruckt. Weil die Rezensenten dann aber auch nicht entlohnt werden, schreiben sie oft von vornherein wohlwollende Besprechungen 🙁

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