Die Bedeutung von Vornamen im internationalen Vergleich

Jeder hat ihn, die meisten identifizieren sich mit ihm und keiner kann auf ihn verzichten. Vornamen, von Eltern in wochenlanger Suche und tagelangen Diskussionen ausgewählt. Sie sollen Individualität ausdrücken, gut klingen, gewünschte Eigenschaften des Kindes repräsentieren, Traditionen weitergeben und zum Kind passen. Ein erstes, meist lebenslanges Geschenk von Eltern an ihre Kinder. Im Rahmen eines internationalen Forschungsprojektes der Clark University in Worcester bei Boston (USA) werden zur Zeit zwei wissenschaftliche Studien in Zusammenarbeit mit der TU Braunschweig zum Thema Vornamen und ihre Bedeutung für die Identität durchgeführt.


  • Umfrage für Eltern zum Namen ihres Kindes
  • Umfrage für alle zum eigenen Namen

An der kulturvergleichenden Studie sind Forscher aus den Ländern Südkorea, China, Brasilien, Spanien, USA und Deutschland beteiligt. Denn die Namensfindung für den Nachwuchs läuft nicht in allen Ländern identisch ab. So wird zum Beispiel in Südkorea der Name für das Kind individuell kreiert, sobald man das Datum und die Uhrzeit kennt, zu der das Kind das Licht der Welt erblickt hat. Mit diesen Daten ist das „Saju“ zu ermitteln, dass etwas über das Temperament und die Zukunft des Kindes verrät – beides sind Aspekte, die sich dann auch im Namen des Kindes widerspiegeln sollten, damit dieser „passt“. Im Gegensatz dazu ist es in Deutschland üblich, dem Kind – zumindest in den meisten Fällen – schon vor der Geburt einen Namen zu suchen. Eltern beschäftigen sich dabei neben dem Klang der Vornamen auch häufig mit deren Bedeutung. Doch was genau steckt hinter der wochenlangen Suche? Welche Absichten verfolgen Eltern und wie kommen diese später beim Nachwuchs an? Welche Bedeutung hat der Vorname dann für die erwachsenen oder erwachsen werdenden Kinder?

In einer Studie von Jürgen Gerhards und Silke Hans (2006) wurde im Rahmen einer Untersuchung mittels Daten der SOEP (Sozio-oekonomisches Panel) versucht, den Anpassungsgrad von Immigranten an die deutsche Kultur zu erfassen. Die bevorzugte Vergabe von landestypischen, deutschen Vornamen wurde in Bezug zum Grad der Integration gesetzt. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Immigranten mit geringerem Anpassungsgrad häufiger Vornamen für ihre Kinder wählen, die aus ihrer Ursprungskultur stammen. Aus diesen Ergebnissen lässt sich ableiten, dass Eltern bei der Vergabe des Vornamen durchaus nicht nur Aspekte wie einen guten Klang oder eine einfache Schreibweise berücksichtigen, sondern auch einen persönlichen Bezug zu den Vornamen ihres Kindes haben. Kinder werden beispielsweise nach dem Lieblingsschauspieler benannt oder bekommen den Vornamen Sidney, weil die Eltern ein besonderes Erlebnis mit diesem Ort verbindet. Dieser Symbolgehalt lässt sich nun nicht einfach in einem der vielen Namenslexika oder Internetplattformen recherchieren, sondern hat vielmehr einen persönlichen, individuellen Charakter, der eng mit den Erfahrungen und Lebensereignissen der Eltern verknüpft ist.

Auch für die Kinder selbst kann diese Art der Namenswahl eine spezielle Bedeutung haben, die sie eng mit ihren Eltern und ihrem Namen verbindet. Zweifellos wird es einen Unterschied machen, ob Eltern auf die Nachfrage ihrer Kinder „Wie seid ihr eigentlich auf meinen Namen gekommen?“ mit einem simplen „Ach weiß nicht, war mir damals gerade so eingefallen“ antworten oder ob sie „Als ich deinen Vater damals in Sidney traf…“ erwidern. Im Sinne eines Geschenkes ist also auch davon auszugehen, dass der Vorname einen symbolischen Charakter hat, der sowohl für die Eltern als auch für ihre Kinder vorhanden ist.

Die ersten Zwischenergebnisse deuten darauf hin, dass Eltern aufgrund der aufgewendeten Mühen von ihren Kindern eine Wertschätzung erwarten und den vergebenen Vornamen auch als Teil ihrer eigenen Identität empfinden. Was aber nun verbindet jeden von uns selbst mit dem eigenen Vornamen? Ist es das Band, dass uns mit unserer Familie und speziell mit unseren Eltern verbindet oder sind es Faktoren wie Klang, Namenslänge und Schreibweise?

Beitrag von M. Seifert (TU Braunschweig) und M. Watzlawik (Clark University)

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